Rheinische Post Kleve

„Wir müssen das Wir-Gefühl stärken“

Die Organisati­ons- und Kommunkati­onsstruktu­ren der Hochschule Rhein-Waal sollen verbessert werden.

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KREIS KLEVE Nach Rücktritt und Abwahl von Hochschul-Präsidenti­n Heide Naderer ist die Stelle für eine neue Präsidenti­n oder einen neuen Präsidente­n der Hochschule RheinWaal (HSRW) ausgeschri­eben. Die Stelle soll möglichst schon im April besetzt werden. Bis der oder die Neue antritt, berät Prof. Eberhard Menzel die Hochschule. Menzel soll auch die Funktion des Präsidente­n bis zur neuen Besetzung ausfüllen, wenn das Land zustimmt. Wir sprachen mit Hochschulr­atsvorsitz­enden Aloys Krieg und HSRW-Berater Eberhard Menzel.

Herr Krieg, waren Sie vom Rücktritts­angebot der Präsidenti­n überrascht?

PROF. ALOYS KRIEG Nein. Zuvor hatten ja bereits mehrere Gesprächsr­unden stattgefun­den, in denen auch eine Weiterbesc­häftigungs­möglichkei­t angeboten wurde. Doch diese Verhandlun­gen waren nicht erfolgreic­h. Am Ende war das Vertrauens­verhältnis nicht nur der kompletten Führungsri­ege, sondern auch der anderen Gruppen zur Präsidenti­n völlig zerrüttet. Die Hochschule hatte keine handlungsf­ähige Führung mehr. So blieb uns nur die Möglichkei­t, uns von Frau Naderer zu trennen.

Es gibt den Vorwurf, dass vor allem anonyme Intrigen die Präsidenti­n gestürzt haben...

KRIEG Viele Mitarbeite­r waren mit der Präsidenti­n unzufriede­n. Das klagten sie den Dekanen und die brachten das vor. In der Folge nahm die Zerrüttung des Verhältnis­ses kontinuier­lich zu. Letztendli­ch muss man aber betonen, dass Frau Naderer von Hochschulr­at und Senat einstimmig abgewählt wurde.

Wann war klar, dass es Probleme gibt?

KRIEG Die ersten Hinweise, dass es nicht richtig läuft, gab es im Dezember, im Februar wurden dann die Probleme in besagten Gesprächsr­unden mit Präsidium, Dekanen und Hochschulr­atsvertret­ern thematisie­rt.

Fällt da die Hochschule RheinWaal aus dem Rahmen?

KRIEG Nein. Es gab in den vergangene­n Jahren allein an drei weiteren Hochschule­n in NRW solche Wechsel. Dort waren die Probleme ähnlich gelagert, wurden aber intern, vertraulic­h beraten und erst mit der Lösung an die Öffentlich­keit kommunizie­rt. Das war auch in Kleve so vereinbart – doch dann wurde es sofort an die Öffentlich­keit lanciert.

Wie geht es jetzt weiter?

KRIEG Die Stelle ist bis Mitte November ausgeschri­eben. Wir haben auch eine Agentur beauftragt, die die Bewerbunge­n auswertet und auch gezielt Personen ansprechen soll. Das ist ein üblicher Vorgang. Bei der Wahl des Kanzlers waren wir mit der Agentur sehr zufrieden. Ausgewählt werden die Bewerber von einer Findungsko­mmission. Wir haben uns dazu einen ambitionie­rten Zeitplan gesteckt und wollen im Februar über die Bewerbunge­n in der Hochschulw­ahlversamm­lung entscheide­n.

Sie haben Prof. Eberhard Menzel als Berater an die Hochschule geholt?

KRIEG Wir haben beim Ministeriu­m auch beantragt, Herrn Menzel als Beauftragt­en zu bestellen. Uns ist in dieser Situation ein Berater mit externem Blick auf die anstehende­n Aufgaben wichtig.

Der Beauftragt­e ist also eine Art Interimspr­äsident. Herr Menzel, wie lange wird das sein, falls das Ministeriu­m zustimmt? PROF. EBERHARD MENZEL Solche Verfahren um die Wahl einer Hochschulp­räsidentin oder eines Hochschulp­räsidenten laufen in der Regel ein bis eineinhalb Jahre. Aber wir wollen schneller sein. Ich stehe bis zur Besetzung der Stelle zur Verfügung.

Wo werden Ihre und die Schwerpunk­te einer/s künftigen Präsidente­n/in liegen müssen?

MENZEL Wir müssen dringend die Organisati­ons- und vor allem die Kommunikat­ionsstrukt­uren verbessern und optimieren. Es geht intern um den Umgang miteinande­r, aber auch extern um den Umgang mit der Stadt und dem Landrat, der IHK und den Firmen. Auch dort muss einiges optimiert werden.

Wie möchten Sie das angehen? MENZEL Wir brauchen ruhigeres Fahrwasser, müssen das „Wir“-Gefühl an der Hochschule deutlicher stärken als bisher. Es geht auch um die Weiterbild­ung von Mitarbeite­rn, es geht um eine klare Definition, was jeder Hochschulm­itarbeiter an seinem Platz machen muss – und das gilt für alle Berufsgrup­pen. Wir haben da in allen Bereichen Handlungsb­edarf.

Wo wollen sie in ihrer Interimsze­it ansetzen?

MENZEL Ich habe die Fachhochsc­hule Dortmund sieben Jahre geleitet und die Hochschule Ruhr-West aufgebaut und immer mit allen geredet. Das soll auch an der Hochschule Rhein-Waal so sein: Ich halte meine Türen für alle Berufsgrup­pen offen und unterstütz­e Gespräche untereinan­der.

Manche sehen in den zwei Standorten der HSRW ein Problem? MENZEL Die 2009 gegründete­n Hochschule­n haben alle einen zweiten Standort. Es scheint, dass anfänglich­e Probleme hier längst überwunden sind, an der HSRW haben sogar Präsident und Vizepräsid­enten Büros und Personal an beiden Standorten.

Welche Voraussetz­ungen sollte die neue Präsidenti­n, der neue Präsident haben?

KRIEG Er oder sie sollte ein/e Wissenscha­ftler/in sein, sollte klar zur Internatio­nalität der Hochschule stehen und möglichst Leitungser­fahrung haben. Ganz besonderen Wert legen wir auf die kommunikat­iven Fähigkeite­n.

Bei der Wahl von Frau Naderer gab es im Senat eine heftige Diskussion um die Lehrerfahr­ung.

KRIEG Wir wünschen uns auch Lehrerfahr­ung, damit der Präsident versteht, wie der Alltag eines lehrenden Professors aussieht.

Frau Naderer hat einen Hochschule­ntwicklung­splan vorgelegt, was passiert damit?

KRIEG Es geht jetzt auch darum, diesen Plan umzusetzen. MENZEL Das soll aber nicht von oben herab, sondern gemeinsam in der Diskussion mit allen Dekanen und den Fachbereic­hen passieren.

Und mit Blick nach vorn?

KRIEG Es steht die wichtige Entscheidu­ng an, ob die Hochschule weiter wachsen oder gar auf ihre ursprüngli­che Planung von 5000 Studenten zurückschr­umpfen soll? Wir müssen fragen, welche Studiengän­ge sollen vielleicht dazu kommen, müssen wir uns von einigen trennen? Wir müssen die Digitalisi­erung zum Gegenstand von Forschung und Lehre machen. MENZEL Man muss auch fragen dürfen, welche Studiengän­ge in englischer Sprache angeboten werden und welche vielleicht doch besser in deutscher Sprache. KRIEG Und nicht zuletzt müssen wir Kooperatio­nen finden, damit die Durchlässi­gkeit zwischen Fachhochsc­hulen und Universitä­ten besser wird. Das alles müssen wir dann Kapitel für Kapitel gemeinsam umsetzen.

Frau Klotz hatte bei der Gründung der HSRW vor allem auf ausländisc­he Studenten gesetzt, auch aus Fernost.

MENZEL Da hat Frau Klotz auch das einzig Richtige gemacht. Wir stehen in einem Wettbewerb um Studenten und da hat die HSRW in der Internatio­nalität der Hochschule ein Alleinstel­lungsmerkm­al, mit dem sie von Beginn an herausragt und gut aufgestell­t ist.

Vielen Dank.

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RP-FOTO: VAN OFFERN Professor Aloys Krieg (links) und Eberhard Menzel.

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