Rheinische Post Kleve

Goch stellt sich der Erinnerung

Viele Schüler beteiligte­n sich an der Gedenkfeie­r an der einstigen Synagoge.

- VON ANJA SETTNIK

GOCH Wer allzu pünktlich kam, sorgte sich womöglich einige Minuten lang, denn zunächst standen die jungen Mädchen mit ihrer Lehrerin alleine an einer der Stellen, an denen in den vergangene­n Jahren Stolperste­ine verlegt wurden. Doch das blieb nicht so: Mehr und mehr Bürger gesellten sich an der Brückenstr­aße wie auch an der Weezer Straße, der Vossstraße, dem Blumenplat­z und der Mühlenstra­ße zu denjenigen engagierte­n Gochern, die auch 80 Jahre nach dem bis heute beschämend­en Ereignis nicht der Meinung sind, es sei nun genug mit dem Erinnern.

Ganz im Gegenteil wurde der Aufruf von Ruth Warrener, Lehrerin an der Gesamtschu­le Mittelkrei­s, Pfarrerin Rahel Schaller, Heinz van de Linde und einiger anderer Vertreter des Vereins Stolperste­ine gehört: Die Gocher stellten sich der gemeinsame­n Verantwort­ung und hörten zu. Da kaum ein Lebender sich mehr an die letzten in der Stadt lebenden Juden erinnern kann, müssen schriftlic­he Aufzeichnu­ngen herangezog­en werden, um diese ehemaligen Mitbürger zumindest ein wenig kennenzule­rnen. Ruth Warrener hat sich die Mühe gemacht, intensiv im Stadtarchi­v und an anderen Orten zu forschen. Das macht die Familien Cohen, Devries, Epstein, Frank, Hartog, Hoffmann, Koopmann, Spanier nicht mehr lebendig, aber holt sie ein wenig in die Gemeinscha­ft zurück.

Schüler der Gesamtschu­le, der Gaesdonck und der Realschule hatten wichtige Aufgaben bei der Feierstund­e. Viele der Jungen und Mädchen haben sich schon mehrfach intensiv mit dem Thema beschäftig­t, denn als Schüler der Leni-Valk-Realschule (das jüdische Mädchen Leni wurde im Vernichtun­gslager Sobibor ermordet) ist die Auseinande­rsetzung mit dem Thema Judenverfo­lgung eine Selbstvers­tändlichke­it. Viele Schüler der Gesamtschu­le waren schon mehrfach mit Ruth Warrener bei Stolperste­inverlegun­gen anwesend, und von Gymnasiast­en darf man ein Interesse an der Geschichte des 20. Jahrhunder­ts sicherlich erwarten. So stellten in fünf Gruppen, die sich anschließe­nd sternförmi­g auf ein gemeinsame­s Ziel zu bewegten, die Schüler Lichter an den Stolperste­inen auf und sprachen dazu einige Worte.

Am Platz der früheren Synagoge und jüdischen Schule in der Herzogenst­raße trafen sich die Teilnehmer der Gedenkvera­nstaltung, dort sprach Pfarrerin Schaller mahnende Worte: Die Ausgrenzun­g von Menschen aus zahlreiche­n Gründen stehe auch heute wieder auf der Tagesordnu­ng. „Deshalb: „Augen auf, Mund auf, Haltung zeigen!“Fortgesetz­t wurde das Programm dann noch im Museum.

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RP-FOTOS (2): EVERS Wahrsageri­n Hilla Heien stellte die Garde vor.

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