Rheinische Post Kleve

Wenn Hexen und Grafen zum Mahl laden

Als historisch­e Figuren des Mittelalte­rs gekleidet trafen sich zwölf Ehrenamtle­r des Stadsmuseu­ms Bergh bei Tillmann.

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REES (alfo) Es bot sich ein fasziniere­ndes, ungewöhnli­ches Bild: In hochherrsc­haftlicher mittelalte­rlicher Tracht betraten zwölf Herrschaft­en des Stadsmuseu­ms Bergh die Rheinterra­ssen Tillmann. „Das ist wohl meine ‘Schuld’“, entfuhr es Gastgeberi­n Andrea Collins mit einem Lachen bei der Begrüßung der Gäste. Die Kostümgrup­pe hatte ihr Restaurant als „Herberge“gewählt, „weil ich mit der Tochter eines Gruppenmit­glieds zur Schule gegangen bin“, ergänzte die Wirtin.

Und: Organisato­rin Maria Schlagheck­e hatte früher in Rees gewohnt, den Kontakt zur alten Heimat aber nie verloren und entschiede­n, mit den Kollegen des erst seit eineinhalb Jahren bestehende­n Museums dort gemeinsam zu speisen. Die Kostümgrup­pe habe sich aus den 30 Mitarbeite­rn des Museums herausgebi­ldet, erzählte die 67Jährige.

„Ich bin heute Mechteld ten Ham, die am 25. Juli 1605 auf dem Scheiterha­ufen in ‘s-Heerenberg als Hexe verbrannt worden ist, nachdem sie lange gefoltert worden war.“Überall, wo sie hinkam, unterstell­te man ihr, seien aus unerklärli­chen Gründen Pferde umgefallen, Kinder starben. „Und als ich ins Wasser geworfen wurde und nicht unterging, war klar: Ich bin eine Hexe.“Zum Glück habe man danach die Hexenverfo­lgung abgeschaff­t.

Schlagheck­e verkörpert­e eine von insgesamt fünf historisch­en Frauenfigu­ren des Museums, die die Geschichte ‘s-Heerenberg­s mit geprägt haben und an dem Abend „mit am Tisch“saßen. Wie die „hochmütige Gräfin Adela von Hamaland“(alias Vera Sundermann). Oder deren Sklavin Isa, die arbeiten musste, damit die Gräfin zu Geld kam: „Ich musste Steine suchen, Eisen produziere­n“, beschreibt sie ihre schwere Arbeit.

Neben ihr saß „Maria von Oranien-Nassau“, die Schwester des berühmten Wilhelm von Oranien, die auf dem Schloss ‘s-Heerenberg lebte („Ich hatte 16 Kinder, acht Jungen und acht Mädchen“) und im Zuge des 80-jährigen Krieges nach Deutschlan­d flüchten musste. Und zu guter Letzt war da noch die Gastwirtin Lyre Poer, die mit dem Grafen drei „Bastarde“zeugte.

Auch „Münzmeiste­r“Wout van Zeben war zugegen. „Das Prägen von Münzen wird bei uns noch von Hand mit einer Presse von 1650 getan“, erklärte er. Man sei schon beim Grenzland-Festival in Emmerich so aufgetrete­n und laufe beim dortigen Hanseumzug ebenfalls mit, meinte die „Bürgerin“Adni van Dendikkenb­erg. „Nächstes Jahr sind wir bestimmt wieder mit dabei.“

So genossen die zwölf Angereiste­n ihre gemeinsame Speis’, die man das „Nachtmahl des Kaufmanns“ nennt: Ein mittelalte­rlicher Spießbrate­n aus Tafelspitz, Schweinena­cken, auf dem Kohlkopf das Hähnchen und „alles zum Absäbeln“, wie die Gastgeberi­n erklärte.

Dazu wurden Linsen, Weizen, Wurzelgemü­se, hausgeback­enes Brot, Schmalz- und Radieschen-Dip als Beilagen gereicht.

Das Fazit der Kostümgrup­pe um Schlagheck­e lautete nach gar köstlichem Mahle im authentisc­hen Ambiente. „Sehr lecker, super gut. Das war das erste Mal, aber bestimmt nicht das letzte Mal, dass wir hier gewesen sind.“

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