Merz und Spahn ohne Heimvorteil in NRW
Eine repräsentative Umfrage im Auftrag unserer Redaktion in NRW zeigt die Präferenzen mit Blick auf die Bewerber um den CDU-Parteivorsitz.
DÜSSELDORF Selbst in ihrem Heimatland NRW erhalten Friedrich Merz und Jens Spahn deutlich weniger Unterstützung als Kandidaten für den CDU-Parteivorsitz als die Saarländerin Annegret Kramp-Karrenbauer. Das zeigt eine exklusive Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Mentefactum für unsere Redaktion. Die Stimmung in NRW hat Gewicht für den Verlauf des CDU-Bundesparteitages am 7. Dezember in Hamburg: 296 der 1001 Delegierten kommen aus dem bevölkerungsreichsten Bundesland. NRW hat mehr Delegierte als Hessen (88), Schleswig-Holstein (47) und alle sechs Bundesländer im Osten (133) zusammen.
Die drei Kandidaten präsentieren sich am Mittwoch in Düsseldorf bei einer Parteikonferenz. Laut der Befragung wünschen sich 39 Prozent der Bürger in NRW, dass Kramp-Karrenbauer als Nachfolgerin von Angela Merkel neue CDU-Chefin wird. 34 Prozent bevorzugen den Sauerländer Friedrich Merz, 13 Prozent den Münsterländer Jens Spahn. 15 Prozent der Befragten sind unentschieden oder wollen sich nicht äußern. Mentefactum-Geschäftsführer Klaus-Peter Schöppner sagte: „Merz und Spahn haben in NRW keinen Heimvorteil. Grundlagen der Wählerpräferenz sind politische Profilierung und Positionierung. Herkunft spielt keine Rolle.“
Dennoch könnte auch ein Vorsitzender Merz der Union nützen: 35 Prozent der Befragten meinen, mit ihm als CDU-Chef wäre für sie die Partei wieder wählbarer, was bei Kramp-Karenbauer nur 32 Prozent glauben. Dieser Vorsprung liegt allerdings daran, dass Wähler von FDP und AfD jeweils zu 43 Prozent meinen, Merz würde für sie die CDU wieder attraktiver machen, wogegen Kramp-Karrenbauer bei Wählern der eigenen Partei, der SPD und der Grünen deutlich besser ankommt. Schöppner: „Friedrich Merz wird einige Wähler von AfD und FDP zurückholen, weil er konservative und wirtschaftsliberale Kreise besonders stark anspricht.“Die Erwartung von Merz, die Stimmenzahl der AfD halbieren zu können, teilt Schöppner nicht.
Am Wochenende kritisierte Kramp-Karrenbauer Merz scharf für dessen Äußerung, die CDU-Führung habe es mit einem „Achselzucken“hingenommen, dass die AfD so große Erfolge gehabt hätte: „Das verkennt alle, die in den extrem harten Wahlkämpfen der letzten Jahre um jede Stimme für die CDU und gegen die AfD gekämpft haben.
Für Spahn enthält die Umfrage eine schlechte Nachricht: Nur zwölf Prozent der Bürger meinen, die CDU würde wählbarer, würde er Parteichef. 40 Prozent sind der Ansicht, die CDU würde mit Spahn weniger wählbar. Und obwohl Spahn sich bei der Flüchtlingsdebatte von Angela Merkel deutlich abgesetzt hat, sind es ausgerechnet Anhänger der AfD, die den 38-jährigen Bundesgesundheitsminister am stärksten ablehnen: 47 Prozent halten die CDU mit einem Parteichef Spahn für weniger unterstützenswert. Bei den CDU-Anhängern sind es 44 Prozent, bei SPD, Grünen und FDP jeweils knapp 40 Prozent. Schöppner fasst zusammen: „Spahn hat derzeit praktisch keine Chance. Würde er zurückziehen, würde das Merz nutzen. Und ihm in der Zukunft.“
Deutlich auf Distanz zu Spahn ging am Wochenende NRW-Ministerpräsident Armin Laschet: Er halte nichts von dessen Forderung, der CDU-Bundesparteitag solle den Migrationspakt der Vereinten Nationen diskutieren, bevor Deutschland zustimme, sagte er in einem Interview. Deutschland sollte sowohl in Europa als auch darüber hinaus mehr Führung zeigen und handlungsfähig sein.
Laschet, der einer der stellvertretenden CDU-Bundesvorsitzenden ist, wies Kritik an der Vereinbarung zurück. „Der UN-Migrationspakt ist nichts anderes als die bekannte Forderung Deutschlands nach globalen Regeln zur Ordnung von Migration und Flucht.“Er kritisierte, dass die Flüchtlingspolitik erneut in den Brennpunkt gerückt werde. Laschet: „Das Migrationsthema so hochzuhängen, war nicht klug.“In der „Welt“empfahl er seiner Partei, auf andere Themen zu setzen – auf die innere Sicherheit oder eine „Null-Toleranz-Politik gegenüber Kriminellen, gleichgültig welcher Herkunft sie sind“.
Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) verteidigte den Migrationspakt als sinnvoll. Zugleich lehnte er Änderungen am Grundrecht auf Asyl ab. „Für mich ist das individuelle Grundrecht auf Asyl unantastbar“, sagte der CSU-Politiker der „Welt am Sonntag“. Mit Blick auf die von Merz ausgelöste Debatte forderte er: „Wir sollten aufhören, beim Thema Migration in Theoriediskussionen zu verharren.“
Zustimmung erhält Laschet in der Umfrage dafür, nicht als CDU-Parteichef angetreten zu sein. 64 Prozent der Befragten finden dies gut, nur 27 Prozent der NRW- Bürger würden sich wünschen, dass Laschet als CDU-Primus antreten würde. Unter den CDU-Anhängern in NRW würden 47 Prozent begrüßen, wenn Laschet kandidiert, 46 Prozent wollen dies nicht.