Friedrich Merz, der verlorene Laptop und der Finderlohn
DÜSSELDORF Nach seiner Rückkehr auf die öffentliche Bühne holt den CDU-Politiker Friedrich Merz eine Anekdote aus seiner Vergangenheit ein: Ein ehemaliger Obdachloser sagt, er habe Merz seinen verlorenen Laptop zurückgegeben – und sich über die Reaktion des Politikers maßlos geärgert. Der Vorfall, um den es geht, ereignete sich der „Tageszeitung“zufolge 2004. Die Akteure: Friedrich Merz, damals stellvertretender Unionsfraktionschef, und Enrico J., damals obdachlos.
An einem Taxistand am Berliner Ostbahnhof fand Enrico J. nach eigenen Angaben ein Notebook und stöberte darin herum. Was er fand, ließ ihn aufmerken: „Plötzlich hatte ich die Handynummern von wichtigen Politikern vor mir: Gerhard Schröder, der damals Bundeskanzler war, Angela Merkel, Edmund Stoiber, Theo Waigel und viele andere. Da dachte ich mir: Oh, das Ding ist heikel“, sagte Enrico J. der „Taz“jetzt in einem Interview. Er erzählte auch, er habe das Notebook beim Bundesgrenzschutz am Bahnhof abgegeben und die Adresse der Obdachlosenhilfe angegeben.
Vier Wochen später habe ihm eine Sozialarbeiterin ein Dankeschön von Friedrich Merz in die Hand gedrückt – eine Ausgabe von dessen neuem Buch mit dem Titel „Nur wer sich ändert, wird bestehen. Vom Ende der Wohlstandsillusion – Kursbestimmung für unsere Zukunft“und der Widmung „Vielen Dank an den ehrlichen Finder“.
J. berichtet, er habe das Buch sofort wütend in die Spree geworfen: „Er wusste ja von der angegebenen Adresse genau, dass ich obdachlos war, doch ihm war das nicht mal einen Cent wert. Richtig scheiße“, sagt der 53-Jährige, der inzwischen wieder eine Wohnung und einen Arbeitsplatz hat.
Die „Tageszeitung“berichtet, die Sozialarbeiterin, die das Buch 2004 an Enrico J. übergeben habe, habe die Angaben des ehemaligen Obdachlosen bestätigt. Merz selbst hat zu dem Vorfall trotz mehrerer Medienanfragen bisher keine Stellungnahme abgegeben.