Hoeneß ruft „Fußball-Notstand“beim FC Bayern aus
MÜNCHEN (dpa) Nachdem Uli Hoeneß „völlig down“und innerlich brodelnd den Fußball-Notstand beim FC Bayern ausgerufen hatte, zog sich der Vereinspatron zum Nachdenken an den Tegernsee zurück. Die Münchner Bosse verspüren nach einem weiteren Schockerlebnis akuten Handlungsbedarf: „Das, was heute passiert ist, ist absolut nicht akzeptabel“, sagte Hoeneß drohend. Und wer dem Präsidenten am Samstagabend über eine Stunde nach dem alarmierenden 3:3 (2:1) gegen Fortuna Düsseldorf bei dessen siebenminütiger Zustandsbeschreibung zuhörte, muss bezweifeln, dass Niko Kovac noch Teil der Lösung sein wird. Zumal der Präsident dem 47-jährigen Kroaten nur noch eine Gnadenfrist einräumte: „Wir spielen am Dienstag gegen Benfica, und da wird unser Trainer sicherlich Niko Kovac sein.“
Die Jobgarantie gilt also bis zu dieser Champions-League-Partie, in der die Bayern gegen Lissabon das Achtelfinal-Ticket lösen können. Selbst ein Erfolg würde keine dauerhafte Garantie für Kovac bedeuten. „Dann müssen wir mal eine Analyse machen, wo wir stehen“, sagte Hoeneß. Schockiert hatte er auf der Tribüne mit Sitznachbar Karl-Heinz Rummenigge Szenen wie in „Slapstick-Filmen“(O-Ton Hoeneß) erlebt. Nach dem dritten Torstreich des Düsseldorfers Turbostürmers Dodi Lukebakio dachte Hoeneß spontan, „die Welt geht unter“.
Weltuntergang in München? Den werden die Münchner Bosse, die Kovac eine überalterte und schwer anzuleitende Mannschaft übertragen haben, nicht zulassen wollen. Hoeneß blutet das Bayern-Herz. Der 66-Jährige rückte erstmals ab von Kovac, für den er bislang „bis aufs Blut“kämpfen wollte. Die Frage, ob der Nachfolger von Jupp Heynckes an der Dimension FC Bayern scheitern könnte, wich Hoeneß aus: „Das kann ich im Moment nicht sagen. Wir müssen beim FC Bayern jetzt alles hinterfragen, warum wir so spielen, wie wir spielen. Wir können nicht sagen, es wird schon werden. Das ist nie Position des FC Bayern gewesen.“Es gehe nun darum, die „richtige Lösung zu finden“. Die Bosse, die nach dem vierten sieglosen Heimspiel am Stück und einer verspielten 2:0- und 3:1-Führung ungewöhnlich lange bei der Mannschaft in der Kabine verweilten, zwangen sich dazu, nicht aus der Emotion heraus zu handeln.
Denn Hoeneß‘ Zustandsbeschreibung der „total verunsicherten Mannschaft“fiel verheerend aus. Er prangerte die „dilettantischen Fehler“bei den Gegentoren an. Bei jedem Angriff der Gegner herrsche inzwischen höchste Gefahrenstufe. Das Gesamturteil war vernichtend, gerade für Kovac.
Der Daumen über Kovac senkt sich. „Nach den ersten sechs Wochen hatte ich das Gefühl, wir haben alles richtig gemacht. Und jetzt ist es ins Gegenteil umgekehrt“, sagte Hoeneß. Nach zwölf Spieltagen geht es um Schadensbegrenzung. „Tatsache ist, dass wir jetzt eine schwierige Ausgangsposition für den Rest der Saison sehen.“Bei nun neun Punkten Rückstand auf Spitzenreiter Dortmund noch vom Titel zu reden, nannte der Präsident „etwas überheblich“.
Fortuna-Coach Friedhelm Funkel erinnerte sogar an den dramatischen Absturz von Borussia Dortmund in der finalen Saison unter Jürgen Klopp 2014/15, als der BVB zwischenzeitlich Tabellenletzter war. „So weit wird der FC Bayern nie kommen“, meinte Funkel. Aber auch die jahrelang von Meisterschaft zu Meisterschaft eilenden Bayern-Profis seien halt „Menschen und keine Roboter“.