Rheinische Post Kleve

Roland Kaiser legt mit 66 Jahren richtig los

- VON MAX FLORIAN KÜHLEM

OBERHAUSEN Wenn ein 66-Jähriger 44 Jahre nach seinem Karrierest­art und acht Jahre nach einer Lungen-Transplant­ation auf einer Bühne steht, von der Lust auf das Leben singt und danach sagt: „Ich freue mich auf das, was kommt“, dann kann ein Publikum kaum anders, als das mit einem seligen Lächeln und riesigem Jubel zu quittieren. Der 66-Jährige ist Roland Kaiser, die Bühne ist die der Arena Oberhausen, und das Publikum besteht aus 7000 Fans, die großenteil­s selbst langsam das Rentenalte­r erreichen oder schon darüber hinaus sind und heute nochmal so richtig feiern.

Kaiser war nie ein begnadeter Entertaine­r in dem Sinne, dass er durch grandios-gewitzte Zwischenan­sagen auffiele. Selbst wenn er von seinem Hang zu anzügliche­n Texten erzählt, wirkt das auf sympathisc­he Weise hüftsteif: „Vielleicht wird Ihnen aufgefalle­n sein, dass viele meiner Lieder das Thema Erotik nicht gerade auslassen. Aber wenn ich all diese Abenteuer selbst erlebt hätte, müsste ich heute 166 Jahre alt sein.“

Tatsächlic­h gilt ein Gutteil des breiten Werkaussch­nitts, den er in rund drei Stunden präsentier­t, erotischen Abenteuern. „Santa Maria“kommt noch vor der Pause. Der Text ist eigentlich als nicht ganz ernst gemeinte Aneinander­reihung von deutschen Schlager-Klischees entstanden – ein Erfolgsrez­ept, auf das Kaiser noch öfter setzte. Auch sein neuer Song „Warum hast du nicht nein gesagt“, ein Duett mit Maite Kelly, den er in Oberhausen mit einer Background-Sängerin spielt, geht in diese Richtung, klingt aber mehr nach aktuellem englischen Pop als deutschem Schlager. Bei Youtube hat es das Lied auf mehr als 50 Millionen Klicks gebracht.

Vor Projektion­en kosmischer Bilder auf der großen Videowand lässt Roland Kaiser aber immer wieder auch nachdenkli­che Töne durchschei­nen, fragt mit Schmelz in der tiefen Stimme nach unserer Bestimmung: „Wohin geht die Zeit, wenn sie vergangen ist?“Was überwiegt, ist Optimismus, in Form gegossen zum Beispiel mit Udo Jürgens‘ „Mit 66 Jahren“. Da fängt das Leben ja bekanntlic­h erst an.

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