Rheinische Post Kleve

Tankstelle­n-Raub: Kassiereri­n traumatisi­ert

Vor dem Landgerich­t Kleve sind drei Männer wegen des Überfalls der Gocher HEM-Tankstelle angeklagt. Wie nun herauskam, leidet die dabei mit einer Pistole bedrohte Frau immer noch massiv unter der Tat.

- VON CHRISTOS PASVANTIS

GOCH Sie hätte als Hauptzeugi­n auftreten sollen, war aber psychisch offenbar nicht in der Lage, vor Gericht auszusagen: Nach dem Überfall auf die HEM-Tankstelle in Goch am 19. Februar dieses Jahres ist die Kassiereri­n nicht zur Verhandlun­g im Klever Landgerich­t erschienen. Die Beweislage gegen den 26-Jährigen Täter aus Kevelaer, der die Tankstelle mit einer Soft-Air-Pistole ausraubte, und seine beiden Mittäter ist dennoch eindeutig. Ein 24-jähriger Klever und ein 25-Jähriger aus Bedburg-Hau hatten die Tat mitgeplant und warteten unweit der Tankstelle in einem Fluchtfahr­zeug.

Die Männer hatten knapp 1000 Euro erbeutet. Der 24-Jährige Fahrer bekam von diesem Geld nichts ab. Er gab an, nur „als Freundscha­ftsdienst“mitgewirkt zu haben. Der Kevelaerer und der Bedburg-Hauer, beide abhängig von Cannabis, kauften von der Beute Drogen und verzockten den Restbetrag in einer Spielothek.

Der Chef der Tankstelle äußerte sich am zweiten von drei Verhandlun­gstagen zum Zustand seiner ehemaligen Mitarbeite­rin, die mittlerwei­le gekündigt hat: „Sie ist nach dem Überfall in psychologi­scher Behandlung, das hat ihr sehr zu schaffen gemacht. Sie sagte, dass sie es psychisch nicht mehr schaffe, bei uns zu arbeiten.“Die vom Täter bedrohte junge Frau sei von ihm und anderen Mitarbeite­rn immer wieder unterstütz­t worden: „Wir haben oft mit ihr gesprochen und immer wieder versucht, sie zurück ins Team einzuglied­ern. Aber nervlich ging es einfach nicht.“In Richtung der Täter sagte der Chef: „Was Sie den Leuten antun, das ist der Wahnsinn.“ Tankstelle­n-Chef Zu den drei Angeklagte­n

Einer der Männer, wohlgemerk­t ein Mittäter, der beim Überfall selber nicht dabei war, sagte: „Es tut mir leid, ich würde gerne für den Schaden aufkommen.“Der Chef erwiderte: „Was ihr dem Mädel angetan habt, das kann man nicht mit Geld wieder gutmachen.“

Der Vorsitzend­e Richter Jürgen Ruby verzichtet­e nach Beratung angesichts der klaren Tatlage darauf, die Verhörung der Zeugin zu erzwingen.

Aufgeklärt wurde das Verbrechen erst durch die Aussage der ehemaligen Verlobten des 24-jährigen Klevers, der den Fluchtwage­n fuhr. Sie erfuhr erst Wochen später von der Tat und wandte sich sofort an die Polizei, die daraufhin die Verdächtig­en verhörte. Alle gaben die Tat zu. Zu diesem Zeitpunkt saß der 24-Jährige bereits wegen eines anderen Vergehens, Geldwäsche und Betrug, hinter Gittern. Die Beziehung zu ihm beendete sie daraufhin.

Angehört wurde auch der psychiatri­sche Sachverstä­ndige Jack Kreutz, der sich umfassend mit dem 26-Jährigen aus Kevelaer befasst hatte. Er konnte dessen Abhängigke­it von Cannabis bestätigen und gab zudem an, dass der Täter unter psychische­n Problemen leidet. So erlitt er eine Psychose, war depressiv und könnte akkustisch­e Halluzinat­ionen gehabt haben. Auch mit Suizidgeda­nken soll er sich befasst haben. Der Überfall habe dem Zweck der Drogenbesc­haffung gedient, sei aber nicht im Wahn geschehen, sondern „rational und geplant“gewesen.

Am Mittwoch, 12. Dezember, sollen die Plädoyers von Staatsanwa­lt und Verteidige­rn erfolgen sowie das Urteil verkündet werden.

„Was ihr dem Mädel angetan habt, das kann man nicht mit Geld wiedergutm­achen“

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