Rheinische Post Kleve

Politiker sehen den LVR in der Pflicht

Nach den Vorfällen in Bedburg-Hau fordern Kommunalpo­litiker Aufklärung. Die Fraktion der CDU zweifelt am Sicherheit­skonzept der Forensik. Auch der Bürgermeis­ter erwartet eine Stellungna­hme. Der Chefarzt beruhigt: Sein Personal sei nicht überforder­t gewes

- VON CHRISTIAN KANDZORRA

BEDBURG-HAU Wenn es nach der Bedburg-Hauer CDU-Fraktionsc­hefin Silke Gorißen geht, hätten solche Situatione­n wie die, die sich am Wochenende in der LVR-Forensik zugetragen haben, gar nicht erst entstehen dürfen. „Die Sicherheit war nicht gegeben. Das belegt der aktuelle Fall“, sagt die Kommunalpo­litikerin und begründet damit ihren Eilantrag für den am heutigen Donnerstag­abend tagenden Gemeindera­t. Sie hofft, dass es der Antrag auf die Tagesordnu­ng schafft und die Ratsleute dafür stimmen, dass die Verwaltung eine „umfassende Stellungna­hme“des Landschaft­sverbandes Rheinland einholen soll.

Bürgermeis­ter Peter Driessen geht davon aus, dass die in dem Antrag aufgeführt­en Fragen beantworte­t werden. „Das gehört mit zur Transparen­z“, sagte er am Mittwoch – an dem Tag, als er aus der Presse erfuhr, dass einer der Patienten ein massives Fenstergit­ter mit offenbar eingeschle­usten Sägeblätte­rn durchtrenn­en konnte. „Am Sonntag war für mich vorrangig, dass keine Gefahr für die Bevölkerun­g bestand.“

Kaum ein anderer Standort ist so eng mit einer Klinik des LVR verbunden wie Bedburg-Hau. Silke Gorißen von der CDU will jedoch vor allem die Sicherheit garantiert wissen: „Sicherheit ist der wichtigste Aspekt.“Aus ihrer Sicht ist die Situation am Wochenende „völlig aus dem Ruder gelaufen“. Sie fragt: „Wie können Patienten eine Station in ihre Gewalt bringen?“Offenbar trage das Sicherheit­skonzept nicht richtig. „Als Politiker am Standort stehen wir mit in der Verantwort­ung.“Gorißen verweist auf eine Geiselnahm­e, die sich erst im Mai 2017 zugetragen hat. Damals hatten zwei Straftäter einem Pfleger schwere Kopfverlet­zungen zugefügt. „Der jüngste Ausbruchsv­ersuch und die Meuterei müssen uns aufhorchen lassen“, betont die Chefin der CDU-Fraktion. Der SPD-Fraktionsc­hef Wilhelm van Beek wollte sich nicht zu der Forensik-Sache äußern, weil der LVR sein Arbeitgebe­r ist. Auch SPD-Vize Gebauer steht der Klinik nahe.

Die Fragen im Antrag der CDU-Fraktion beziehen sich derweil auch auf die Sicherheit des Forensik-Personals. „In der Vergangenh­eit haben sich Mitarbeite­r vertraulic­h auch an die CDU gewandt, etwa eine starke Überbelegu­ng kritisiert und berichtet, dass sie überforder­t seien und sich gefährlich­en Situatione­n ausgesetzt sähen“, berichtet Silke Gorißen. Forensik-Chefarzt Jack Kreutz kann eine Überforder­ung seines Personals nicht bestätigen: „Wäre es überforder­t gewesen, wäre die Situation am Sonntag nicht so glimpflich ausgegange­n.“Seine Mitarbeite­r hätten absolut profession­ell gehandelt, in dem sie das Gebäude nach Rücksprach­e mit der Polizei durch den Hinterausg­ang verlassen haben. Er selbst sei dabei gewesen. „Zu keinem Zeitpunkt bestand eine reale Gefahr.“Auch die Mitarbeite­r, die sich am Sonntag im Dienst befunden haben, sollen nicht den Eindruck gehabt haben, gefährdet zu sein. Sie hätten der Polizei den Vortritt gelassen, weil sie nicht dafür ausgebilde­t seien, Gefahrensi­tuationen wie Tumulte oder Meutereien aufzulösen.

In Bezug auf die Sicherheit­svorkehrun­gen erklärt Jack Kreutz, dass die Forensik mit einem Pfortensys­tem geschützt sei und ähnlich funktionie­re wie eine klassische Justizvoll­zugsanstal­t. In die Freiheit gelangen könne man nur über den Pförtner. Die Forensik-Patienten wüssten, dass auch eine Geiselnahm­e keinen Zweck habe. „Geiselnahm­en bleiben statisch. Der Pförtner lässt niemanden heraus.“Das seien die Lehren aus dem Gladbecker Geiseldram­a. Im Mai 2017 sei einem der Gefangenen die Flucht nur gelungen, weil er einen vier Meter hohen Zaun überwinden konnte. Kreutz ist der Meinung, dass die Gewissheit, auch mit Geisel nicht herausgela­ssen zu werden, für die Mitarbeite­r mehr Sicherheit bedeutet.

„Ich gehe davon aus, dass uns der LVR umfänglich informiert. Das gehört mit zur Transparen­z“

Peter Driessen Bürgermeis­ter Bedburg-Hau

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RP-ARCHIV: VAN OFFERN Eines der alten Gebäude der Forensik. Im Mai 2017 glückte dort ein brutaler Ausbruch, bei dem ein Pfleger als Geisel schwer verletzt wurde.

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