Rheinische Post Kleve

„Die Knastzustä­nde sind katastroph­al“

Statt des Leiters der Klever JVA hielt Gefängnis-Journalist Heiner Frost einen Vortrag in Haldern. Er übte heftige Kritik.

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HALDERN (alfo) Weil der angekündig­te Leiter der Klever Justizvoll­zugsanstal­t ( JVA) Udo Gansweidt verhindert war, ist Heiner Frost als Ersatz für einen Vortrag ins evangelisc­he Gemeindeha­us Haldern gekommen. Er referierte im Rahmen des „Frühstücks für Leute mit Zeit“aus 15 Jahren „Knasterfah­rung“. Frost betreut in der JVA Kleve die Gefängnisz­eitung Jaily News der Insassen.

Gefängnis könne man sich nicht als Vergnügung­sort vorstellen, sagte Frost gleich zu Beginn. „Sie kommen heute Abend in den Knast und sind am Morgen ,quasi tot’ – sie sind einfach mal weg“, machte Frost, auch langjährig­er Gerichtsre­porter, deutlich. Heiner Frost, Gefängnis-Journalist

Plastisch beschrieb er die Isolation mit „23 Stunden auf acht Quadratmet­ern“. Er sprach von den Zellen ohne Kühlschran­k, den Verlust von Beziehunge­n, umfassende­n Kontrollen durch die Beamten, vom Austeilen minderwert­iger Lebensmitt­el, minimalen Arbeitslöh­nen und geringem Besuchsrec­ht. Und Gefangene müssten Haftkleidu­ng tragen, die sie selbst nicht waschen. „Da sind dann Unterhosen bei, die vier Nummern zu groß sind oder Bremsspure­n haben“, sagte Frost.

Im Gefängnis herrschten „Zustände, die nicht so bleiben können“. In dieser Form könnten Menschen auf ein normales Leben nicht vorbereite­t werden, betonte Frost. Und Kleve gelte dabei noch als Kurzhaft- und Untersuchu­ngsgefängn­is in NRW, demnach noch als „Jugendherb­erge.“Der Gefängnis-Journalist forderte einheitlic­he Standards für die Gefängniss­e in NRW – der aktuelle Zustand sei schlicht „eine Katastroph­e.“

Auch den unschuldig in Haft sitzenden Syrer Ahmed A., der in der JVA Kleve durch einen Zellenbran­d zu Tode gekommen sei, sprach er an. Was genau in Zelle 143 passiert sei, wisse bisher noch niemand. „Die Geschichte ist aber noch lange nicht zu Ende“, spielte er auf den bevorstehe­nden Untersuchu­ngssaussch­uss im NRW-Landtag und weitere journalist­ische Recherchen an. Der Brand in einer weiteren Zelle in Kleve am Montag lasse befürchten, dass das jetzt „eine Masche“werden könnte. Als besonders „schäbig“bezeichnet­e Frost die Tatsache, dass sich niemand mehr für das Opfer selbst interessie­re.

„In dieser Form können Menschen auf ein normales Leben nicht vorbereite­t werden“

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