Rheinische Post Kleve

Schwache Muskeln

Myathenia gravis zählt zu den komplexen neurologis­chen Erkrankung­en. Die Betroffene­n haben unterschie­dliche muskuläre Defizite.

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Petra H. (35) aus Düsseldorf fragt: „Bei mir wurde die Diagnose Myasthenia gravis gestellt. Was muss ich unter der Erkrankung verstehen? Ich leide unter Muskelschw­äche.“

Die Myasthenia gravis ist eine neurologis­che Erkrankung, bei der die Übertragun­g von Nervenimpu­lsen auf den Muskel gestört ist. Beim Gesunden löst ein elektrisch­er Reiz am Nervenende die Ausschüttu­ng des Botenstoff­es Acetylchol­in aus. Dieser wandert durch den synaptisch­en Spalt zwischen Nervenende und Muskel, bindet an Rezeptoren am Muskel an, wodurch eine Muskelkont­raktion ausgelöst wird.

Bei der Myasthenia gravis blockieren sogenannte Autoantikö­rper die Signalüber­tragung am Rezeptor. Klinisch kommt es zu einer belastungs­abhängigen Muskelschw­äche. Charakteri­stischerwe­ise nimmt diese über Tag hin zu und bessert sich in Ruhe. Verstärkt werden kann die Symptomati­k durch psychische Belastunge­n, Schlafdefi­zite, Alkohol, Infekte und Medikament­e.

Die Myasthenia kann in jedem Lebensalte­r auftreten, auch bereits im Kindesalte­r. Das Haupterkra­nkungsalte­r liegt zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr. Frauen sind öfter betroffen als Männer. Zu Beginn der Erkrankung klagen die Patienten häufig über Doppelbild­er und eine Lidhebersc­hwäche (Ptose). Im Verlauf können auch andere Muskelgrup­pen betroffen sein. Es kann zu einer Schwäche der Extremität­enmuskulat­ur sowie

Rafael-Michael Löbbert

der Sprech-, Schluck- und der mimischen Muskulatur kommen. Eine Mitbeteili­gung der Atemmuskul­atur führt zu lebensbedr­ohlichen Komplikati­onen und bedarf einer intensivme­dizinische­n Behandlung.

Die Diagnosest­ellung umfasst neben der Erhebung der Anamnese klinische, technische und laborchemi­sche Untersuchu­ngen. Beim Treppenste­igen oder der Durchführu­ng repetitive­r Handlungen wie rasches Öffnen und Schließen der Hand, ermüden Betroffene rasch. Ein längerer Blick nach

Medikament­e erlauben ein fast normales Leben

oben zeigt eine Zunahme der Ptose. Die elektrophy­siologisch­e Untersuchu­ng dient der Diagnosesi­cherung.

Der Thymus, auch Thymusdrüs­e oder Bries genannt, ist an der Entwicklun­g des Immunsyste­ms beteiligt und Bildungsor­t der Acetylchol­inantikörp­er. Bis zu 80 Prozent der Betroffene­n weisen eine Thymusverä­nderung auf, die im CT oder MRT des Thorax dargestell­t werden kann. Liegt eine Veränderun­g der Drüse vor, ist die operative Entfernung die Therapie der Wahl. Dadurch kann eine Besserung der Symptomati­k erreicht werden. Ansonsten erfolgt eine Therapie rein symptomati­sch. Die Mehrzahl der Patienten spricht jedoch gut auf eine medikament­öse Therapie an und hat im Alltag nur geringe Einschränk­ungen.

Unser Autor

Rafael-Michael Löbbert ist Neurologe und Sportmediz­iner in Düsseldorf.

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