Klever Zusteller zur Geldtrafe verurteilt
Ein Rollatorfahrer aus Rees warf dem Postboten Körperverletzung vor. Der Richter zweifelte die Aussage des Opfers an.
REES/KLEVE (rau) Zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen à 20 Euro verurteilte das Amtsgericht in Kleve einen 38 Jahre alten Klever. Dieser war der Beleidigung und Körperverletzung angeklagt. Tatort war Rees.
Im Juni war es am Markt in Rees zu einem handfesten Streit vor einem Mehrfamilienhaus gekommen, wo der Angeklagte die Post in die Briefkästen gesteckt hatte. Dort wurde er vom späteren Opfer, einem 48 Jahre alten Reeser, angesprochen. Dieser, schwer behindert und mit dem Rollator unterwegs, hatte den Zusteller gefragt, ob er nicht künftig klingeln könne, um sich Zugang zu den Briefkästen im Hausflur zu verschaffen. Es sei nämlich schon mal vorgekommen, so der Reeser, dass die Post unter den Türschlitz durchgeschoben worden sei und er nur unter großem Aufwand das Haus habe betreten können. Das hatte der Angesprochene mit den knappen Worten quittiert: „Dafür habe ich keine Zeit!“Daraufhin kam es zum Streit.
Was genau geschah, das beschrieben Täter und Opfer in einigen Teilen unterschiedlich. Übereinstimmend sagten sie aus, das es zunächst zu einer Beleidigung des Reesers durch den Zusteller gekommen sei, weil der Reeser den Klever nicht habe gehen lassen wollen. Zur Bekräftigung habe der Reeser den Lenker des Zustell-Fahrrades ergriffen und am Rad gerüttelt. Wie es weiterging, stellten die Kontrahenten unterschiedlich dar: „Dann hat er versucht, mich mit der flachen Hand zu schlagen“, so der Angeklagte. Woraufhin sich der Klever berechtigt sah, sich zu wehren. Er „verpasste“dem Reeser erst einen, dann einen zweiten Stoß mit dem Knie ins Gesicht. Das Opfer trug Hämatome davon, es kam zur Fraktur eines Schneidezahns. „Ich habe widerwillig handeln müssen“, verteidigte sich der Angeklagte. Das Opfer habe „aggressiv reagiert und einfach keine Anstalten gemacht, sich zurückzuziehen“.
„Schauen Sie mich doch an, ich kann mich gar nicht wehren!“, rief das Opfer sichtlich erregt vor Gericht aus. Zudem habe der Klever ihn nach dem Streit mit den Worten bedroht: „Wenn du mich anzeigst, schlag ich dich tot!“„Bei der Vernehmung durch die Polizei haben Sie aber gesagt, dass er geäußert habe: ,Wenn du die Polizei rufst, gibt es richtig Ärger’“, hielt ihm der Richter vor. Was das Opfer mit Aufregung bei der Aussage begründete. „Es ging dem Zeugen primär darum, auf seine Behinderung hinzuweisen und den Angeklagten eins mitzugeben“, so der Eindruck des Richters. Die erstmals im Gerichtssaal geäußerte Todesdrohung „lässt einen faden Beigeschmack“zurück und an der Glaubwürdigkeit des Reesers zweifeln. Dass dieser nicht die Hand habe erheben können, bezweifelte der Richter ebenfalls. „Wie hat er sonst ohne Rollator dem Angeklagten folgen können?“, fragte er rhetorisch.
Dass der Angeklagte nicht aus Notwehr gehandelt habe, lasse sich daher nicht nachweisen. Dieser wurde daher nur wegen der Beleidigung belangt.