Rheinische Post Kleve

Der Schrecken der deutschen Konzerne

Bayer-Chef Baumann zeigte sich nach dem Einstieg des US-Fonds offen, die Aktie zog an. Doch Elliott gilt als ausgesproc­hen aggressiv.

- VON ANTJE HÖNING UND MAXIMILIAN PLÜCK

LEVERKUSEN Für die leidgeplag­ten Bayer-Aktionäre gab es am Dienstag eine Atempause: Die Aktie zog kräftig an und legte um vier Prozent auf 63 Euro zu. Am Vortag war sie auf 60 Euro und damit den tiefsten Stand seit Jahren gefallen. Die Anleger reagierten laut „Manager Magazin“auf die jüngsten Aussagen von Bayer-Chef Werner Baumann beim Wirtschaft­sgipfel unserer Redaktion. „Mich hat noch keiner angerufen“, hatte Baumann zu Berichten gesagt, nach denen der aggressive Hedgefonds Elliott bei dem angeschlag­enen Pharma- und Chemiekonz­ern eingestieg­en ist. Zugleich hatte Baumann aber auch betont: „Grundsätzl­ich begrüßen wir immer einen neuen Aktionär, der den Unternehme­nswert auch im Sinne der Strategie, die der Konzern verfolge, unterstütz­t.“Elliott sei zudem schon sehr lange bei dem übernommen­en Monsanto-Konzern als Aktionär engagiert gewesen, so Baumann. Elliott sei ein Aktionär, der Unterbewer­tungsoppor­tunitäten im Markt sehe.

Doch der Fonds des Amerikaner­s Paul Singer ist tatsächlic­h der Schrecken vieler Konzerne. Zuletzt war Elliott ins Rampenlich­t gerückt, als das Unternehme­n im Mai beim Essener Industriek­onzern Thyssenkru­pp eingestieg­en war, nur knapp unter der meldepflic­htigen Schwelle von drei Prozent der Anteile. Hinter den Kulissen soll Singers Mannschaft gemeinsam mit dem ebenfalls als aktivistis­ch geltenden schwedisch­en Investor Cevian auf ein Filetieren des Mischkonze­rns hingearbei­tet haben. Der damalige Vorstandsc­hef Heinrich Hiesinger warf im Sommer entnervt das Handtuch, weil er zu wenig Rückendeck­ung für seine integriert­e Konzernstr­ategie bei den Anteilseig­nern sah.

Wenige Tage später gab der damalig Aufsichtsr­atschef Ulrich Lehner der „Zeit“ein aufsehener­regendes Interview. Darin sagte der erfahrene Manager – ohne den Namen Elliott konkret in den Mund zu nehmen: „Wir sprechen nicht nur in der Hauptversa­mmlung, sondern in vielen Treffen mit unseren Aktionären. Bedauerlic­herweise beschreite­n einige aber auch andere Wege, die teilweise schon als Psychoterr­or bezeichnet werden können.“Auf die Frage, was er damit meine, sagte Lehner: „Unwahrheit­en in der Öffentlich­keit zu platzieren, unberechti­gte Rücktritts­forderunge­n bis hin zum Belästigen von Nachbarn und Familienmi­tgliedern.“Belege dafür lieferte Lehner indes nicht. Wenige Tage später nahm auch er seinen Hut.

Singers Truppe gilt in der Branche als nicht gerade zimperlich­er Haufen, der sich darauf spezialisi­ert hat, bei angeschlag­enen Firmen einzusteig­en, um diese nach erfolgreic­her Rettung vor der Insolvenz wieder abzustoßen oder aber bei gescheiter­ter Rettung, die Schuldner zu verklagen. Wie unangenehm ein Elliott-Engagement sein kann, bekam auch der frühere Siemens-Chef Klaus Kleinfeld zu spüren. Der hatte sich nach seinem Engagement bei den Münchnern in der amerikanis­chen Aluminium-Branche Fuß gefasst. Genauer: beim Marktführe­r Alcoa. Als dieser aufgespalt­en wurde, wurde der Deutsche Chef der neu gegründete­n Weitervera­rbeitungss­parte Arconic. Doch Elliott war mit der Leistung Kleinfelds unzufriede­n und forderte einen Umbau der Führungset­age. Kleinfeld revanchier­te sich mit einem süffisante­n Brief an Singer, in dem er verklausul­iert Andeutunge­n über Fehltritte bei einem Berlin-Besuch des Fonds-Managers während der Fußball-Weltmeiste­rschaft 2006 machte. Elliott empfand das als Drohung, veröffentl­ichte den Brief. Auch Kleinfeld musste gehen.

In Deutschlan­d mischt der USFonds fleißig bei Übernahmes­chlachten mit. So auch beim Pharma-Unternehme­n Stada. Der Enstieg der New Yorker dürfte nicht erfolgt sein, um am Ende Stada zu übernehmen. Vielmehr gelang es, den Preis in die Höhe zu treiben, denn die beiden erfolgreic­hen Bieter, Bain Capital und Cinven, musste deutliche Aufschläge an Elliott zahlen, um das Unternehme­n wie geplant von der Frankfurte­r Börse nehmen zu können.

Auch als bekannt wurde, dass der finnische Energiever­sorger Fortum die Eon-Ausgründun­g Uniper komplett übernehmen wollte, erschien plötzlich Elliott auf der Bildfläche. Auch hier dürfte das erklärte Ziel ein deutlich höherer Verkaufspr­eis sein. Noch im November meldete Elliott eine Anteilsauf­stockung von 12,8 auf 16,51 Prozent.

Das eindrucksv­ollste Beispiel von Singers Beharrlich­keit ist jedoch kein Unternehme­n, sondern ein Land: Als Argentinie­n 2001 zahlungsun­fähig wurde, kaufte sein Fonds in großem Stil Staatsanle­ihen. Ein Gros der Gläubiger stimmte später einem Schuldensc­hnitt zu, nicht so Singer. Elliott verklagte das Land – und bekam Recht. Am Ende strich er so eine 1000-prozentige Rendite ein.

 ?? FOTO: DPA ?? Investor Paul Singer.
FOTO: DPA Investor Paul Singer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany