Rheinische Post Kleve

So gelingt die Betriebsüb­ergabe

Was sollten Unternehme­r beachten, wenn sie einen Nachfolger suchen? Diese Frage stellten sich die Teilnehmer der Zukunftswe­rkstatt von Rheinische­r Post und Volksbank Kleverland. Ein guter Rat lautet: Nicht zu lange warten.

- VON MARC CATTELAENS

KLEVE 150.000 Familienun­ternehmen in Deutschlan­d sind in den nächsten zwei Jahrzehnte­n „übernahmer­eif“, sagt Marc Wiederuh, Prokurist der Volksbank Kleverland. Nicht wenige Inhaber haben ein großes Problem: Sie wissen nicht, an wen sie ihre Firma übergeben sollen. Bei der Zukunftswe­rkstatt haben wir Experten aus der Region gefragt, wie ihre Erfahrunge­n sind und welchen Rat sie geben können.

Peter Janßen, Geschäftsf­ührer des Malerbetri­ebs Janßen in Kellen, hat die Unternehme­nsnachfolg­e schon vor Jahren geregelt. Sein Vater hatte

„Häufig schätzen Firmenchef­s den Wert ihres Unternehme­n zu hoch ein“

Hans-Josef Kuypers Wirtschaft­sförderer Kreis Kleve

die Firma nach dem Zweiten Weltkrieg aufgebaut, er selbst hat das Unternehme­n mit seinem Bruder zu seiner heutigen Größe mit mehr als 50 Mitarbeite­rn gebracht. „Wir haben frühzeitig überlegt, wie es weitergehe­n soll. Mein Sohn hat nicht lange überlegt und gesagt, dass er die Firma übernehmen möchte“, erzählt Janßen. Sein Sohn Peter machte zunächst sein Abitur, dann seine Lehre, studierte anschließe­nd Bauingenie­urwesen und legte dann noch erfolgreic­h seine Meisterprü­fung ab. Damit war er gut gewappnet für die Firmenüber­nahme. So sieht eine Ideallösun­g aus.

„Der Regelfall sieht allerdings anders aus“, betont der Kreis Klever Wirtschaft­sförderer Hans-Josef Kuypers. Häufig finde sich in der Familie keiner, der die Firma gerne übernehmen würde. Dann sei man auf einen Käufer angewiesen - und bis der sich findet, das kann dauern. Viele Inhaber würden den Zeitraum, den es braucht, um den idealen Nachfolger zu finden, überschätz­en, betont Kuypers. Ein weiteres Problem: Häufig schätzten die Firmenchef­s den Wert ihres Unternehme­n falsch, sprich zu hoch ein. „Viele müssen dann merken, dass der Markt das so nicht hergibt“, sagt der Wirtschaft­sförderer.

Holger Schnapka, Berater für Betriebsna­chfolge bei der Niederrhei­nischen Industrie- und Handelskam­mer nennt Zahlen, die wenig Mut machen: „Zehn Prozent der Unternehme­r ab 55 Jahren denken daran, ihre Firma abzuwickel­n, weil sie entweder keinen Nachfolger finden, oder sie den Eindruck haben, dass sich alles nicht mehr lohnt.“Lothar Quartier, Geschäftsf­ührer der gleichnami­gen Metzgerei, hätte diese Quote noch höher geschätzt. „Es zählen Zahlen und Fakten. Oft wird es auch für einen Nachkommen schwierig, eine Firma zu übernehmen, weil die Marktlage alles andere als rosig ist oder weil das Unternehme­n nicht gut dasteht“, sagt er. In seiner Branche, gerade am unteren Niederrhei­n, hätten es junge Menschen besonders schwierig. „Früher haben 18 Prozent der Verbrauche­r beim Metzger eingekauft. Heute sind es noch sechs Prozent und die essen auch noch weniger Fleisch“, sagt Quartier. Als sein Sohn Daniel in seine Fußstapfen getreten ist, habe beide gemeinsam beschlosse­n, noch ein zusätzlich­es betrieblic­hes Standbein aufzubauen und gründeten den Imbiss CurryQ. „Man muss als Unternehme­r ständig in Bewegung sein, um attraktiv zu sein“, betont Quartier.

Achim Zirwes, Geschäftsf­ührer der Kreishandw­erkerschaf­t Kleve, rät Unternehme­rn, die keinen Nachfolger in der Familie haben, sich an die Betriebsbe­rater der Kammern zu wenden und sich kostenlos bei deren Börsen zu registrier­en. Holger Schnapka ist einer dieser Berater, er kommt im Bedarfsfal­l zu den Betrieben. In der Betriebsbö­rse der IHK stehen zurzeit 23 Betriebe mit Kennziffer­n wie Mitarbeite­ranzahl und Umsatzgröß­e. Im Kreis Kleve gebe es, so Schnapka, 222 Unternehme­r, die älter als 60 Jahre sind. „Da hängen 7000 Stellen dran“, sagte er.

Kleves Wirtschaft­sförderer Joachim Rasch hält die Betriebsna­chfolge für ein „emotionale­s Thema“. Wenn er mit Unternehme­rn ins Gespräch kommt, fragt er gerne, ob es einen „Notfallpla­n“gibt. „Was ist, wenn der Inhaber plätzlich schwer erkrankt? Der Notfallkof­fer sollte stes gepackt sein“, betont er. Dazu gehöre es, den Steuerbera­ter ins Boot zu holen. Rasch: „Er kann ganz nüchtern eine Bilanz erstellen.“

 ?? RP-FOTO: KLAUS-DIETER STADE ?? Achim Zirwes, Hans-Josef Kuypers, Peter Janßen, Marc Cattelaens, Matthias Grass, Holger Schnapka, Lothar Quartier, Marc Wiederuh, Nicolas Bremer und Joachim Rasch (von links) diskutiert­en über das Thema Betriebsna­chfolge.
RP-FOTO: KLAUS-DIETER STADE Achim Zirwes, Hans-Josef Kuypers, Peter Janßen, Marc Cattelaens, Matthias Grass, Holger Schnapka, Lothar Quartier, Marc Wiederuh, Nicolas Bremer und Joachim Rasch (von links) diskutiert­en über das Thema Betriebsna­chfolge.

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