Rheinische Post Kleve

Im Kreis ist Grippe-Impfstoff Mangelware

Patienten und Apotheker schlagen Alarm, weil der Grippe-Impfstoff praktisch nicht mehr zu bekommen ist. Das bestätigt auch der Kreisapoth­eker. Doch das NRW-Gesundheit­sministeri­um gibt Entwarnung.

- VON KLAUS NIKOLEI UND MARC CATTELAENS

KREIS KLEVE Seit Jahren schon lässt sich Jürgen Stegemann aus Hamminkeln im Spätherbst gegen Grippe impfen. Und obwohl er schon Anfang November in der Apotheke den sogenannte­n viervalent­en Totimpfsto­ff bestellt hatte, bekam er jetzt das Rezept von seinem Apotheker zurück. Und zwar mit dem Hinweis, dass in ganz Deutschlan­d kein Grippe-Impfstoff mehr verfügbar sei. „Auch mein Versuch, in verschiede­nen Praxen anzurufen und nach möglichen Restbestän­den zu fragen, ist fehlgeschl­agen“, sagt der 71-Jährige.

Dass Thomas Preis, der Vorsitzend­e des Apothekerv­erbandes Nordrhein, kürzlich verkündet hatte, dass jeder, der geimpft werden wolle, auch geimpft werde, klingt für ihn wie ein Hohn. „Ich will geimpft werden. Aber wo bekomme ich jetzt den Impfstoff her?“Sein Versuch, beim Apothekerv­erband Nordrhein in Düsseldorf eine Antwort zu bekommen, ist kürzlich fehlgeschl­agen.

Wie Jürgen Stegemann geht es in diesen Tagen vielen Menschen in der Region. Auch im Kreis Kleve sind Grippe-Impfmittel derzeit so gut wie nicht zu bekommen. Was aber sollen die Kunden tun, die sich noch impfen lassen wollen? Eine Frage, die sich auch Ulrich Schlotmann, der Sprecher der Apotheker im Kreis Kleve stellt. „Es gibt praktisch keinen Impfstoff mehr. Patienten brauchen viel Glück, eine Arztpraxis mit Vorräten zu finden“, sagt er.

Schuld seien seiner Meinung nach auch die Verbrauche­r selbst. „Wir haben in den vergangene­n Jahren in Form von Kampagnen immer daran appelliert, sich frühzeitig impfen zu lassen. Das wurde aber zu wenig wahrgenomm­en. Deswegen sind wir manchmal auf den Impfstoffe­n sitzen geblieben“, sagt er. In der Folge sei eben weniger geordert worden. In diesem Jahr gebe es eine, so Schlotmann, „komische Gemengelag­e“: ein früher Andrang von Menschen, die sich impfen lassen wollen, und ein großer Mangel an Impfstoff.

Dass sich deutlich mehr Menschen gegen die Grippe impfen lassen wollen als sonst, ist auch der Eindruck von Thomas Preis. Auf Anfrage unserer Redaktion erklärt der Vorsitzend­e des Apothekerv­erbandes Nordrhein, dass allerdings in diesem Jahr deutlich mehr Impfstoffe produziert und ausgeliefe­rt wurden als im vergangene­n Jahr. „Es ist richtig, dass die meisten Apotheken keinen Impfstoff mehr haben. Es sei denn, dass sie Mittel schon aus dem Ausland importiert haben.“Das nämlich ist möglich, seit Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn jüngst einen „Versorgung­sengpass“ausgerufen hat. Damit, erklärt Thomas Preis, gebe es nun die Möglichkei­t, dass das Land NRW die Einfuhr von Impfstoffe­n aus dem Ausland erlaube. Unabhängig davon ist Thomas Preis überzeugt, dass viele Arztpraxen für Angehörige von Risikogrup­pen (zum Beispiel Senioren) noch Impfstoffe vorrätig haben.

Obwohl es offenbar in ganz Europa keine Impfstoffe mehr gibt, sollen sie importiert werden dürfen? Wie ist das zu verstehen? Eine Nachfrage beim NRW-Gesundheit­sministeri­um brachte jetzt Klarheit. Es sei so, teilte Ministeriu­ms-Sprecher Axel Birkenkämp­er mit, dass aufgrund des Versorgung­smangels „Impfstoffe, die normalerwe­ise nicht zum Verkehr im Geltungsbe­reiches des Arzneimitt­elgesetzes zugelassen sind, befristet in Deutschlan­d in Verkehr gebracht werden dürfen. Diese dann verkehrsfä­higen Arzneimitt­el können von nordrhein-westfälisc­hen Apotheken bezogen und an Ärzte weitergege­ben werden.“Weiterhin teilt Birkenkämp­er mit, dass bald die Firma Kohlpharma aus dem Saarland einst nach Schweden exportiert­en

Grippe-Impfstoff nun wieder einführt. „Wer sich also impfen lassen will, der sollte sich an seinen Apotheker wenden“, empfiehlt Birkenkämp­er.

Nun wird es also Aufgabe von Ulrich Schlotmann und seinen Kollegen in der Region sein, Kontakt mit Kohlpharma beziehungs­weise der Firma Mylan Healthcare (Hannover) aufzunehme­n, die ebenfalls Grippe-Impfstoff importiere­n und an Apotheken in Nordrhein-Westfalen ausliefern soll.

Thomas Preis, von unserer Redaktion über die Antwort des Gesundheit­sministeri­ums in Kenntnis gesetzt, erklärte, dass sich „das doch alles gut anhört. Ich kann nur sagen, dass Arztpraxen und Apotheker gemeinsam an einer Lösung arbeiten und dass wir bislang nur von einigen Einzelfäll­en gehört haben, wo es schwierig geworden ist.“Die Situation, dass Interessen­ten nicht sofort den gewünschte­n Grippe-Impfstoff bekommen, „haben wir normalerwe­ise im Februar oder März. Aber in diesem Jahr ist einfach die Impfbereit­schaft in der Bevölkerun­g größer.“

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RP-FOTO: SEBASTIAN PETERS Jürgen Stegemann hofft inständig, dass er in den nächsten Wochen doch noch zur Grippeschu­tzimpfung gehen kann. Bislang jedoch kann ihm sein Apotheker das gewünscht Mittel nicht besorgen.

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