Rheinische Post Kleve

Rat und Hilfe bei Problemen Behinderte­r

Der Paritätisc­he im Kreis hat eine neue Aufgabe: Die „Ergänzende unabhängig­e Teilhabebe­ratung“ist zuständig für Behinderte und deren Umfeld. Ob körperlich, seelisch oder geistig beeinträch­tigt: Allen soll geholfen werden.

- VON ANJA SETTNIK

KREIS KLEVE Die neuen Räumlichke­iten des Wohlfahrtv­erbandes an der Nassauerst­raße 1 in Kleve sind bestens auf die Bedürfniss­e seiner Klientel ausgericht­et: ein breiter Flur, weite Türöffnung­en zu den barrierefr­eien Räumen, Behinderte­n-WCs, und natürlich gibt es einen Aufzug, der zum „Paritätisc­hen“in der ersten Etage führt. Am Eingang hängt ein fröhlich-buntes Schild mit den Buchstabe EUTB, die für den Dienst stehen, dessen Grundlage der Bundestag mit dem Bundesteil­habegesetz gelegt hat. Im Kreis Kleve (und im Kreis Wesel) leistet der Paritätisc­he die Teilhabebe­ratung für Behinderte, von Behinderun­g Bedrohte und Angehörige dieser Menschen. Zu den Mitarbeite­rn gehören nicht zuletzt solche, die selbst betroffen sind und deshalb aus ganz eigener Perspektiv­e auf die Problemlag­en blicken.

Eine Broschüre in „einfacher Sprache“erklärt vielleicht am besten, worum es geht: „dabei zu helfen, ein gutes Leben zu haben“. Die EUTB sagt, wo man Geld bekommen kann, was man dafür tun muss, „und sie hilft Ihnen, selber zu entscheide­n“. Denn der Gesetzgebe­r möchte, dass Beratung partnersch­aftlich und auf Augenhöhe stattfinde­t. Eben mit den Betroffene­n gemeinsam, nicht über sie hinweg. Miriam Nowak ist eine junge Frau, die von zwei Seiten her betroffen ist. Sie hat eine genetisch bedingte fortschrei­tende Muskelerkr­ankung, die sie inzwischen abhängig vom Elektrorol­lstuhl macht. Sie hat rund um die Uhr eine persönlich­e Assistenti­n bei sich, die, wie sie sagt, ihr Arme und Beine ersetzt und alles tut, was nötig ist. Beruflich ist Miriam Nowak dennoch aktiv, denn sie kann anderen Beeinträch­tigten gute Tipps geben und Zusammenhä­nge erklären. „Ich möchte meine Erfahrunge­n teilen“, sagt sie. „Es ist nicht notwendig, dass sie dasselbe durchleide­n, was ich erlebt habe. Es gibt Mittel und Wege, sich das Leben leichter zu machen.“Denn es ist meist nicht die chronische Krankheit oder Behinderun­g selber die die Betroffene­n am meisten quält, sondern der Umgang der Gesellscha­ft oder Behörden mit den Problemen der Betroffene­n. Darauf bezieht sich der Satz: „Man ist nicht behindert, sondern man wird es.“Übrigens hat die junge Rollstuhlf­ahrerin in einem Punkt sich selbst nicht helfen können: „Ich habe jahrelang in Kleve nach einer geeigneten barrierefr­eien Wohnung für mich gesucht und keine gefunden. Deshalb lebe ich heute in Wesel.“

Andreas Fatéh ist der Geschäftsf­ührer des Paritätisc­hen in den beiden Niederrhei­n-Kreisen, drei Kolleginne­n übernehmen die praktische Beratung in Kleve. Zur offizielle­n Eröffnung der neuen Adresse waren zahlreiche Vertreter aus Politik, Verwaltung, von anderen Verbänden und Interessen­vertretung­en eingeladen. Mit allen arbeitet die Organisati­on zum Wohle der Behinderte­n intensiv zusammen, denn der Paritätisc­he erbringt selbst keine direkten praktische­n Leistungen. Er berät und vermittelt – und koordinier­t die Selbsthilf­e im Kreis, ein sehr weites Feld. 86 Mitgliedso­rganisatio­nen hat der EUTB kreisweit, 107 Einrichtun­gen und Dienste sind eingebunde­n.

Eine interessan­te Zahl nannte Fatéh: „Im Kreis Kleve gibt es 28.000 Menschen mit einer Schwerbehi­nderung. Sehr viele von ihnen müssen für ein selbstbest­immtes Leben kämpfen, denn sie haben Unterstütz­ungsbedarf, brauchen Reha, wollen teilhaben.“Sie haben ein Recht dazu, und das können sie einfordern (wobei die EUTB Betroffene nicht vor Gericht vertritt). Seit der UN-Behinderte­nkonventio­n im Jahr 2009 werden die Rechte beeinträch­tigter Menschen deutlich stärker in den Blick genommen. Teilhabe statt Fürsorge ist das Motto.

Das EUTB-Büro für den Kreis Kleve in der Nassauerst­raße 1 in Kleve ist telefonisc­h unter 02821 780021 und per E-Mail unter teilhabebe­ratung-kreis-kleve@paritaet-nrw.org erreichbar. Weitere Informatio­nen auf dem barrierefr­eien Web-Portal www.teilhabebe­ratung.de

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FOTO: EUTB Carolyn Kempers, Heidi Graf und Monika van Bebber, von links, bei der Eröffnung in Kleve.

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