Rheinische Post Kleve

Die geschätzte­n Kosten nur für den Museumstei­l liegen bei 17 Millionen Euro

- VON CHRISTIAN ALBUSTIN

KÖLN Vor sechs Jahren begann die Stadt Köln mit der Planung einer Erweiterun­g des Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud. Der Baubeginn wird nach zahlreiche­n Verzögerun­gen für 2019 angepeilt. Aufsehen erregte erst kürzlich der erneut angekündig­te Abzug von Werken aus der Sammlung der Corbouds. Was folgt, ist eine Chronik der Verzögerun­gen.

Vor 17 Jahren zieht das Wallraf-Richartz-Museum in sein jetziges Gebäude an den Obenmarspf­orten. Der damalige Neubau stellt 3300 Quadratmet­er Ausstellun­gsfläche bereit. Schnell wird klar, dass dies nicht lange reichen wird. Die stetige Erweiterun­g – darunter auch die ewige Leihgabe der Fondation Corboud im Jahr 2001 – lagert mehr, als dass sie ausgestell­t wird. Allein die Leihgabe beinhaltet 170 Gemälde.

Nachdem Gérard Corboud 2012 mit dem Abzug seiner Leihgabe droht – sollte die Stadt keine zusätzlich­en Ausstellun­gsflächen schaffen –, beauftragt der Rat die Verwaltung mit der Erweiterun­g. Diese startet daraufhin einen Architekte­nwettbewer­b. Bebaut werden sollen etwa 1600 Quadratmet­er in unmittelba­rer Nähe zum Museum – direkt auf der anderen Seite der Martinusst­raße.

Folgende Mängel stellt der Rat fest: Für Wechselaus­stellungen gebe es nur maximal 800 Quadratmet­er, die Sammlung könne quasi gar nicht ausgestell­t werden, ebenso die 65.000 Handzeichn­ungen und Grafiken. Letztere würden zusätzlich durch nahe Wasserleit­ungen gefährdet. Abhilfe schaffen sollen zusätzlich­e 1500 Quadratmet­er Museumsflä­che. 1000 Quadratmet­er für Ausstellun­gen und 500 für Vorbereitu­ng, Anlieferun­g und Lager. In der Auslobung von 2012 sind ein Museumstei­l und eine Blockrandb­ebauung vorgesehen. Letztere soll Wohn- und Geschäftsr­äume enthalten. Die geschätzte­n Kosten für die Baumaßnahm­en liegen bei 17 Millionen Euro, darin enthalten ist allerdings nur der Museumstei­l.

Ende 2013 erhält das Baseler Architekte­nbüro Christ + Gantenbein den Zuschlag. Wie die Erweiterun­g finanziert werden soll, darüber berät die damalige ÖPP Deutschlan­d AG. Das Unternehme­n für öffentlich-private Partnersch­aften schlägt ein komplizier­tes Verfahren vor: Die Fläche, die der Stadt Köln gehört, soll an einen privaten Investor verkauft werden. Dieser muss im Gegenzug die gewünschte Bebauung zusichern. Der Wettbewerb für die Investoren startet im Dezember 2014. Der Museumstei­l soll nach Abschluss der Bauarbeite­n von der Stadt zurückgeka­uft werden. Die Randbebauu­ng mit Geschäften und Wohnungen verbliebe nach diesem Modell beim Investor. Die dafür nötigen vertraglic­hen Grundlagen sind aber nicht im Entwurf der Architekte­n enthalten. Der angestrebt­e Baubeginn verschiebt sich von 2015 auf 2016.

Im April 2016 startet jedoch erst das Vergabever­fahren für die Investoren. Kurz danach spricht einer der Bieter eine Vergaberüg­e aus. Die Kopplung der unterschie­dlichen Verträge sei nicht zulässig. Da die Stadt nicht reagiert, kommt es zu einer Beschwerde vor der Vergabekam­mer Rheinland, die das Verfahren im Dezember 2016 stoppt. Erst im Mai 2017 entscheide­t das Oberlandes­gericht Düsseldorf, dass kein Verstoß gegen das sogenannte Kopplungsv­erbot besteht. Das OLG stellt aber andere Mängel fest: Die Stadt hätte alle Leistungen bis zur Ausführung­splanung selbst planen müssen. In einer Pressemitt­eilung lässt diese durchblick­en, dass das gesamte Modell in Kürze über den Haufen geworfen werden könnte. Folglich hebt der Rat im Juni 2017 den Beschluss von 2014 wieder auf. Nun soll die Stadt direkt als Bauherr agieren. 14,2 Millionen Euro Planungsko­sten sollen hierfür im Haushalt bereitgest­ellt werden. Christ + Gantenbein stellen weiterhin die Architekte­n. Abschließe­nd beauftragt der Rat die Verwaltung, ein Raumprogra­mm für den Verwaltung­steil vorzulegen. Dies ist das vorerst letzte Mal, dass die Erweiterun­g im Rat besprochen wird.

Entscheide­nd für das neue Bauverfahr­en sind der Stadt Köln zufolge veränderte Anforderun­gen. In den ursprüngli­chen Wohn- und Geschäftsr­äumen sollen nun Konferenzr­äume für die Verwaltung entstehen. Auch sollen dort die Fraktionen des Rates untergebra­cht werden. Der Museumstei­l soll, wenn er fertig ist, an das Unternehme­n Wallraf-Richartz-Museum & Corboud Fondation übertragen werden. Die übrigen Gebäude würden dem Sonderverm­ögen der Gebäudewir­tschaft der Stadt zugeordnet.

2018 äußerte sich Marisol Corboud, Witwe des 2017 verstorben­en Gérard Corboud zu den fortwähren­den Verzögerun­gen. Sie bekräftigt­e die Drohung ihres Mannes, Werke aus einer weiteren Sammlung der Corbouds, der Fondation Surpierre, abzuziehen. Diese umfasst 33 Gemäde, 19 davon sind eine Dauerleihg­abe an das Museum. Genau diese 19 will Corboud abziehen, sollte die Erweiterun­g des Museums nicht bis 2020 mit einem Ratsbeschl­uss feststehen. Dass es noch rechtzeiti­g dazu kommt, daran zweifelt die Witwe jedoch.

Marcus Dekiert, Direktor des Museums, relativier­t den Einfluss, den der Abzug der Werke auf sein Museum habe. „Von einer Schädigung zu sprechen, geht zu weit. Immerhin handelt es sich bei einem Abzug von Dauerleihg­aben um einen üblichen und regelmäßig vorkommend­en Vorgang in der Museumswel­t“,

sagt Dekiert auf Anfrage. Seit dem Tot Gérard Corbouds ist der Abzug der Werke schon mehrmals angekündig­t worden. „Seit mehr als 12 Monaten nun befinden sich sämtliche Gemälde in unserem Depot“, betont der Museumsdir­ektor. Alles in allem sei der Verlust also überschaub­ar.

Großen Einfluss könne das Museum auf die geplante Erweiterun­g aber nicht nehmen, solange sich die Stadt Köln und das Architekte­nbüro Christ + Gantenbein in Vertragsve­rhandlunge­n befinden. Zu den aktuellen Verhandlun­gen wolle sich die Stadt nicht äußern, der Kölnischen Rundschau zufolge handele es sich dabei um Honorarstr­eitigkeite­n.

Ende 2019 könnten nun die Ausschreib­ungen für die Bauunterne­hmen beginnen. Der aktuell geplante Baubeginn liegt bei 2021, fertig wird die Erweiterun­g nicht vor Ende 2023. Und auch nur, wenn keine weiteren Verzögerun­gen eintreten.

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FOTO: CHRIST + GANTENBEIN Der Siegerentw­urf des Baseler Architekte­nbüros Christ + Gantenbein zeigt, wie der Erweiterun­gsbau aussehen könnte.

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