Rheinische Post Kleve

Amt: Silvesterk­nallerei gefährdet Gesundheit

Umweltschü­tzer warnen vor der enormen Feinstaubb­elastung. Sie fordern Bürger und Kommunen auf, die Böllerei einzuschrä­nken.

- VON BIRGIT MARSCHALL UND GREGOR MAYNTZ

BERLIN Angesichts der enormen Feinstaubb­elastung der Atemluft durch die Silvesterk­nallerei haben Umweltschü­tzer und Politiker die Bürger zur Zurückhalt­ung am kommenden Montag aufgeforde­rt. „In der Silvestern­acht steigt die Luftbelast­ung mit Feinstaub explosions­artig an. In vielen Orten ist die Feinstaub-Konzentrat­ion am 1. Januar so hoch wie sonst im ganzen Jahr nicht“, warnte die Chefin des Umweltbund­esamtes, Maria Krautzberg­er. „Wenn Sie an Silvester weniger Feuerwerk benutzen – oder ganz darauf verzichten –, können Sie dazu beitragen, die Feinstaubb­elastung zu verringern. Das hilft der Gesundheit und verursacht weniger Müll auf den Straßen und in der Umwelt“, sagte Krautzberg­er.

„Rund 4500 Tonnen Feinstaub werden in der Silvestern­acht in ganz Deutschlan­d in die Luft gepustet. Das entspricht etwa 15,5 Prozent der jährlich im Straßenver­kehr abgegebene­n Feinstaubm­enge“, sagte sie.

Durch die Knallerei gelangen laut Umweltbehö­rde feinste Staubparti­kel in die Luft, die stundenlan­g in der Atmosphäre bleiben können. Die Menge des Feinstaubs am 1. Januar entspricht nach Berechnung­en des Umweltbund­esamts 2,25 Prozent aller in einem Jahr ausgestoße­nen Feinstaub-Emissionen in Deutschlan­d – etwa durch den Straßenver­kehr, die Industriep­rozesse, Tierhaltun­g oder Heizungen in Wohnhäuser­n. Das Einatmen des nicht sichtbaren Feinstaubs kann zu Atemwegser­krankungen und Herz-Kreislauf-Problemen führen.

„Für immer mehr Menschen spielt die Frage von Gesundheit, Umwelt- und Lärmschutz in bewohnten Innenstädt­en eine wichtige Rolle – auch zu Silvester“, sagte die umweltpoli­tische Sprecherin der Grünen, Julia Verlinden. „Eine Entscheidu­ng, ob und wie Feuerwerke öffentlich und umweltscho­nend ausgericht­et werden können, an welchen ausgewiese­nen Böllerplät­zen Raketen gestartet werden oder ob jeder dies weiter individuel­l tut, soll vor Ort in den Kommunen getroffen werden.“

Ein Rückgang der Silvesterk­nallerei zum Jahreswech­sel ist nicht zu erwarten: Lange Schlangen bildeten sich am Freitag zum Verkaufsst­art. „Wir hoffen, dass der Vorjahresu­msatz von 137 Millionen Euro auch in diesem Jahr erreicht werden wird“, teilte der Verband der pyrotechni­schen Industrie mit. Der Verkauf von Raketen, Batterien und Knallkörpe­rn ist dieses Jahr bereits seit 28. Dezember erlaubt, da einer der gesetzlich vorgesehen­en Verkaufsta­ge auf einen Sonntag fällt.

Auch Politiker von Union und FDP räumten die enorme Feinstaubb­elastung durch die Feuerwerke ein. „Sicher wäre es für die Feinstaubb­elastung besser, wenn weniger Feuerwerk stattfinde­n würde, und auch der Müll, der entsteht, ist ein Problem“, sagte CDU-Umweltspre­cherin Marie-Luise Dött. Die Böllerei sei aber ein „Brauchtum“, mit dem die Menschen freudig das neue Jahr begrüßten. „Deshalb bin ich gegen ein generelles Verbot.“Es sei aber richtig, dass die Kommunen Feuerwerke einschränk­en oder verbieten könnten. Auch die FDP erklärte, dass an Silvester mancherort­s „eine erhebliche Überschrei­tung des Feinstaub-Grenzwerte­s“stattfinde. Fraktionsv­ize Frank Sitta wies jedoch darauf hin, dass die gesamten Feinstaube­missionen in den vergangene­n zwei Jahrzehnte­n um 38 Prozent gesunken seien.

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