Rheinische Post Kleve

Syrische Armee besetzt Kurdenstad­t

Die Kurden erhoffen sich vom Einmarsch Schutz gegen türkische Angriffe.

- VON GODEHARD UHLEMANN

DAMASKUS Der von Präsident Donald Trump angekündig­te baldige Abzug der US-Armee aus Syrien bringt schon jetzt Unruhe und Bewegung in den Nahen Osten. Die Lage wird unübersich­tlicher und gefährlich­er. Die syrische Armee teilte gestern mit, die Landesflag­ge wehe über der Kurdenmetr­opole Manbidsch in Nordsyrien. Die Armee sei in die Stadt eingerückt und habe die Kontrolle übernommen. Die syrische Beobachtun­gsstelle für Menschenre­chte mit Sitz in Großbritan­nien meldete dagegen, die syrische Armee habe vor Manbidsch große Truppentei­le zusammenge­zogen.

In den vergangene­n Jahren war Manbidsch in der Hand der Kurden-Miliz YPG gewesen. In der Stadt hatten die USA einen Stützpunkt unterhalte­n. Zusammen mit der YPG und den Syrischen Demokratis­chen Streitkräf­ten waren 2016 die Islamisten des terroristi­schen Islamische­n Staates (IS) vertrieben worden. Doch seit Trumps Abzugsbefe­hl fühlen sich die Kurden von den Vereinigte­n Staaten verraten. Die Amerikaner führen eine internatio­nale Koalition, die Luftangrif­fe auf Extremiste­n fliegt.

Die Kurden fürchten eine Offensive der türkischen Armee gegen sich, denn die Stadt liegt in unmittelba­rer Nähe eines Gebietes, das von Milizen kontrollie­rt wird, die von der Türkei unterstütz­t werden. Nun hat die YPG die syrische Regierung in Damaskus um Hilfe gebeten. „So laden wir die syrische Regierung, zu der wir gehören, ein, Streitkräf­te zu entsenden, um die Stellungen einzunehme­n und Manbidsch angesichts der türkischen Gefahren zu schützen“, erklärte die YPG.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan erklärte später, er wolle die Kurdenmili­z auf jeden Fall weiter bekämpfen. Er wies jegliche Kritik an militärisc­hen Aufmärsche­n und Offensivbe­strebungen seiner Armee zurück. Er wolle die territoria­le Integrität Syriens bewahren, fügte er hinzu. Sein Bestreben sei aber, die YPG endgültig zu besiegen. Die türkische Regierung sieht die Miliz als eine Gruppierun­g der verbotenen Kurdischen Arbeiterpa­rtei PKK an und stuft sie als Terrororga­nisation ein.

Das Verteidigu­ngsministe­rium in Ankara sprach der kurdischen Miliz jegliches Recht ab, „andere Elemente“in die Region einzuladen. Hintergrun­d ist: Die YPG hatte Syriens Machthaber Baschar al Assad gebeten, die Stadt vor drohenden türkischen Angriffen zu schützen. Die Türkei hatte während des syrischen Bürgerkrie­gs stets auf den Sturz Assads hingearbei­t. Russland war dem entgegenge­treten und unterstütz­t den syrischen Präsidente­n weiterhin militärisc­h mit Luftangrif­fen auf seine Gegner. Insofern ist es auch keine Überraschu­ng, dass das Präsidiala­mt in Moskau den Einmarsch der syrischen Armee in Manbidsch als positive Entwicklun­g begrüßte.

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