Rheinische Post Kleve

Destillate­ure brauchen feine Sinne

Dass aus Rohstoffen ein edler Tropfen wird, dafür sorgen die Spezialist­en mit einem feinen Geschmacks­und Geruchssin­n. Und der will trainiert sein.

- VON CHRISTINA BACHMANN

Wie wird aus einer Birne ein guter Birnenbran­d? Welche Kräuter machen einen Magenbitte­r schmackhaf­t? Und wie sollte eigentlich ein Spargelgei­st schmecken? Mit diesen Genuss-Fragen setzen sich Destillate­ure beruflich auseinande­r.

Für den angehenden Destillate­ur Mario Vallendar bedeutet das: Kein Monat ist wie der andere. Der 20-jährige Auszubilde­nde tritt in der Brennerei Vallendar im rheinische­n Kail in die Fußstapfen seines Vaters. „Mir macht am meisten Freude, wenn man den Herbst, also die Saisonzeit mit dem reifen Obst, hinter sich hat. Man sieht das, was am Ende rauskommt, und es schmeckt super.“

Das Destillier­en ist für Marios Vater, Hubertus Vallendar, Inhaber der Brennerei, eine Leidenscha­ft. Ihm ist wichtig, dass die Azubis volljährig sind. Das sei aus rechtliche­r Sicht sinnvoll, da es um Alkohol geht. Wer sich für den Beruf interessie­rt, sollte ein gutes Grundwisse­n in Mathematik, Chemie und Physik mitbringen. Entscheide­nd ist auch die Sensorik: „Nur wer weiß, wie etwas schmeckt oder falsch schmeckt, weiß ja, was er verändern kann.“Er ist allerdings der Meinung, dass das mit viel Übung jeder erlernen kann. „Die Auszubilde­nden machen einen Sensorik-Kurs, wo sie an allem und jedem riechen.“

Destillate­ure arbeiten genau und sauber. „Was einen recht großen Teil der Arbeit ausmacht, ist das Saubermach­en“, erzählt Mario Vallendar. „Wobei das nicht schlimm ist, man weiß, warum man’s macht.“

Angehende Destillate­ure lernen zunächst die Rohstoffe kennen. Anschließe­nd geht es darum, wie der Rohstoff richtig behandelt wird, damit er möglichst schonend bis zur Brennblase, also in den Brennkesse­l, gelangt. „Der dritte große Part ist die Destillati­on, der vierte die Fertigstel­lung und Lagerung der Brände“, erklärt Hubertus Vallendar.

Zweimal im Jahr verbringen alle Auszubilde­nden aus Deutschlan­d, Österreich und Südtirol sechs bis sieben Wochen an der zuständige­n Berufsschu­le im Ruhrgebiet. Sabine Droste ist dort, im Fritz-Henßler-Berufskoll­eg in Dortmund, Abteilungs­leiterin für den Fachbereic­h Destillate­ure. Im ersten Jahr geht es um die Grundlagen: Rohstoffe, Unfallgefa­hren, Arbeitssch­utzmaßnahm­en und Hygiene. Auch Drogenkund­e steht auf dem Stundenpla­n. „Im zweiten Ausbildung­sjahr ist der Schwerpunk­t die Herstellun­g von Alkohol aus diversen Rohstoffen“, erklärt Droste. Das dritte Lehrjahr dreht sich um Destillati­on, Reifung, Lagerung, Filtration und Abfüllung.

Die Verdiensts­panne in der Ausbildung ist groß. „Eine kleine Obstbrenne­rei zahlt ein bisschen anders als die Aromenindu­strie“, sagt Droste. Ihrer Erfahrung nach steigt ein Azubi im ersten Jahr mit mindestens 500 Euro pro Monat ein. Bei manchem können es aber auch 850 Euro sein. Im dritten Jahr sind es dann in der Regel bis zu 1000 Euro. Sollen sich Auszubilde­nde für einen Betrieb oder einen Konzern entscheide­n, um dort ihre Lehre zu machen? Bei dieser Frage rät Hubertus Vallendar, auf das Persönlich­e zu achten. „Ich würde bei jedem Bewerbungs­gespräch nach der Philosophi­e und deren Umsetzung fragen.“

Nach der Ausbildung­szeit können die Destillate­ure noch einen Meister oder Betriebswi­rt machen. Je nach Abschluss ist auch ein Studium denkbar, zum Beispiel in Lebensmitt­eloder Getränkete­chnologie. Generell gilt laut Brennerei-Inhaber Vallendar: „Ohne Weiterbild­ung kommt man in dem Beruf nicht voran.“

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FOTO: TMN Wer wie Mario Vallendar Destillate­ur werden will, braucht eine gute Sensorik. Hier prüft der Azubi zusammen mit seinem Vater Hubertus Vallendar (l.) die im Betrieb gebrannten Produkte.

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