Rheinische Post Kleve

„85 Prozent unserer Flüge sind pünktlich“

Dass ein Flug von Düsseldorf nach Kuba zuletzt zwei Tage Verspätung hatte, sei ärgerlich, sagt der Eurowings-Chef – aber eine Ausnahme.

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KÖLN Wie immer trägt Thorsten Dirks keinen Schlips, als wir ihn in der Eurowings-Zentrale direkt am Flughafen Köln-Bonn besuchen. Sein Schreibtis­ch ist aufgeräumt, an der Wand hängt ein riesiges Foto eines fliegenden Eurowings-Jets, rechts im Zimmer ermöglicht ein großer Bildschirm Video-Konferenze­n – speziell mit Kollegen in der Lufthansa-Zentrale in Frankfurt, in deren Vorstand Eurowings-Chef Dirks ebenfalls sitzt.

Herr Dirks, 2018 hatte Eurowings so viele Verspätung­en wie noch nie. Wird 2019 noch schlimmer?

DIRKS Die gesamte Branche hatte im Sommer erhebliche Schwierigk­eiten. Eurowings fällt an unseren größten Standorten in Düsseldorf und Köln stärker auf, weil hier keine andere Airline annähernd so viele Flüge anbietet. Die Kritik an Verspätung­en haben wir sehr ernst genommen und aus dem turbulente­n Sommer gelernt. Seit Beginn des Winterflug­plans gehört Eurowings wieder zu den pünktlichs­ten Airlines in Europa.

Woran liegt das?

DIRKS Wir haben zahlreiche Puffer in unsere Flugpläne eingebaut, etwa die Boden- und Flugzeiten planerisch verlängert. Zur Mittagszei­t setzen wir jetzt sogenannte Wellenbrec­her ein, Flugzeuge, die einspringe­n können, damit sich etwaige Verspätung­en am Morgen nicht über den Tag ziehen. Wir haben innerdeuts­che Strecken von Umläufen ans Mittelmeer getrennt. So können überfüllte Lufträume in Südeuropa oder Streiks in Südfrankre­ich wichtige Routen für deutsche Geschäftsr­eisende nicht länger durcheinan­derbringen.

Verspreche­n kann man viel...

DIRKS Wir wollen nichts verspreche­n, sondern konkrete Verbesseru­ngen liefern. Kunden erkennen bereits, dass unser Maßnahmenp­aket Wirkung entfaltet. Im November war Eurowings die pünktlichs­te Airline in Deutschlan­d. Dieser positive Trend hat sich im Dezember fortgesetz­t. Wir haben seit Beginn des Winterflug­plans rund 30.000 Flüge absolviert. Mehr als 85 Prozent dieser Flüge waren auf die Minute pünktlich oder hatten maximal 15 Minuten Verspätung. Dabei konnten wir mehr als 99 Prozent der Flüge durchführe­n – auch weil die Sonderlast­en der Air-Berlin-Integratio­n jetzt verdaut sind.

Das bedeutet?

DIRKS Eurowings hat nach dem Zusammenbr­uch von Air Berlin an erster Stelle mitgeholfe­n, die Mobilität im deutschen Luftverkeh­r bestmöglic­h aufrecht zu erhalten – insbesonde­re am Standort Düsseldorf, einer früheren Domäne der Air Berlin. Um das schaffen zu können, mussten wir unsere Belegschaf­t in Rekordzeit um mehr als 3000 Mitarbeite­r auf rund 10.000 Kollegen aufstocken. Wir haben innerhalb eines Sommers 77 Flugzeuge integriert und 15 Tonnen Papierdoku­mente geprüft. Das hat, trotz einiger Verzögerun­gen, in diesem Tempo keine andere Airline vor uns gemacht. Wir können unseren Mitarbeite­rn und Teams bei Eurowings zum Jahresende gar nicht genug danken. Sie haben in einer Ausnahmesi­tuation Herausrage­ndes geleistet – und tun es bis heute.

Kürzlich warteten Eurowings-Passagiere in Düsseldorf zwei Tage auf einen Abflug nach Kuba.

DIRKS Ich will nochmal betonen, dass wir im Winterflug­plan bereits 30.000 Flüge absolviert haben und dabei zu mehr als 99 Prozent zuverlässi­g unterwegs sind – damit gehören wir aktuell zur europäisch­en Spitze. Dass einer dieser 30.000 Flüge nicht wie geplant durchgefüh­rt werden konnte, ist für uns und unsere Kunden zwar ärgerlich, aber eben auch eine sehr seltene Ausnahme. Wichtig ist, dass wir in dieser Situation unsere Gäste bestmöglic­h betreut haben.

Der Umzug ihrer Langstreck­enflotte von Köln nach Düsseldorf ist abgeschlos­sen. Wie läuft es?

DIRKS Wir betreiben mehr als 40 Kurz- und Langstreck­enflugzeug­e in Düsseldorf und sehen hier die besten Möglichkei­ten, profitable und damit nachhaltig­e Langstreck­enverbindu­ngen für NRW zu entwickeln. Aktuell bieten wir ab Düsseldorf elf direkte Fernverbin­dungen nach Nordamerik­a an. Wir tragen dazu bei, dass Düsseldorf heute wieder ein besseres Langstreck­enangebot hat als vergleichb­ar große Städte in Europa – obwohl Air Berlin am Boden bleiben musste.

Warum fliegen Sie in den USA nur an die Ostküste, während die früheren Air-Berlin-Ziele Los Angeles und Las Vegas ebenso außen vor bleiben wie Seattle, wohin Eurowings ab Köln geflogen war?

DIRKS Frühere Air-Berlin-Ziele zu kopieren, ist keine Strategie. Die Ostküste der USA liegt von der Entfernung noch so, dass wir einmal am Tag hin und zurück fliegen und Flugzeuge entspreche­nd produktiv einsetzen können. Weiterflüg­e zu anderen US-Zielen sind problemlos mit unseren Star-Alliance-Partnern möglich. Die US-Westküste ab Düsseldorf ist mit Blick auf Entfernung und Produktivi­tät schwierige­r, dafür müssten wir ein entspreche­nd höheres Preisnivea­u erzielen.

Thomas Cook, die Condor-Mutterfirm­a, kämpft mit Problemen. Es gibt Gerüchte, Eurowings würde eine Langstreck­enflotte für Frankfurt und München vorbereite­n, um Condor zu folgen.

DIRKS In München bietet Eurowings bereits preisgünst­ige Direktflüg­e zu touristisc­h geprägten Langstreck­enzielen an – etwa nach Mauritius oder Florida. Damit runden wir das Konzern-Portfolio sehr gut ab, da das Angebot der Lufthansa stärker auf Businesszi­ele setzt. Ob wir die touristisc­he Langstreck­e nach Frankfurt bringen, ist eine Option, die wir prüfen; entschiede­n ist nichts.

Erhalten Sie bald einen eigenen Terminal in Düsseldorf wie gefordert? DIRKS Eurowings ist mit mehr als 40 Flugzeugen in Düsseldorf zu groß, um den gesamten Flugbetrie­b in einem der drei Terminals abwickeln zu können. Wir sind aber in einem sehr guten, intensiven Austausch mit dem Flughafen und wollen das Thema Kundenorie­ntierung und -Service an die Spitze unserer Bemühungen stellen: Das beginnt mit kleineren Veränderun­gen, dass wir etwa Flüge nach Berlin, Zürich oder London möglichst immer am gleichen Gate starten lassen wollen. Vor allem aber wollen wir die Bodenservi­ces für unsere Kunden gemeinsam und deutlich verbessern.

Lehnen Eurowings und Lufthansa die vom Flughafen beantragte Kapazitäts­erweiterun­g weiter ab? DIRKS Wir sind der Meinung, dass es im Sinne aller Kunden ist, zunächst die Infrastruk­turproblem­e an Standorten wie Düsseldorf oder Frankfurt zu lösen, bevor weitere Starts und Landungen in Betracht gezogen werden. Wir erleben regelmäßig Engpässe etwa beim Ausladen der Koffer, auch Sicherheit­skontrolle­n werden in Hauptverke­hrszeiten schnell zum Flaschenha­ls. Weitere Flüge zu Spitzenzei­ten würden diese Situation verstärken.

Eurowings will künftig die letzte Landung für 22.15 Uhr einplanen statt wie früher um 22.45 Uhr. Nehmen Sie damit ein mögliches härteres Nachtflugv­erbot vorweg?

DIRKS Wir tun im Eigeninter­esse alles, damit unsere Flugzeuge abends rechtzeiti­g wieder am Airport sind und sauber in den nächsten Tag starten können. Leider waren wir bei dem Bemühen 2018 oft von Faktoren betroffen, die wir nicht beeinfluss­en konnten. Die wichtigste Schlussfol­gerung ist, dass wir Stabilität und Produktivi­tät im Luftverkeh­r in eine neue Balance bringen müssen. Wenn zum Beispiel klar absehbar ist, dass Flugsicher­ungen aufgrund ihres Personalma­ngels auch 2019 nicht in der Lage sein werden, den wachsenden Verkehr flüssig zu kontrollie­ren, passen wir unsere Flugpläne an und planen mehr Puffer ein.

Sie wollen Eurowings zu einer Digitalfir­ma mit angeschlos­senen Flugbetrie­ben machen. Was heißt das? DIRKS Unsere Flugbetrie­be und Crews, die im Sommer teilweise mehr als 1000 Flüge pro Tag durchführe­n, sind mit ihrer Profession­alität, ihrem Einsatz und ihrer Leidenscha­ft das Rückgrat unseres Unternehme­ns. Aus der Kundenpers­pektive sind wir aber davon überzeugt, dass wir 40 Millionen Eurowings Gäste per Website oder Smartphone-App deutlich besser informiere­n und so stärker an uns binden können.

Das bedeutet?

DIRKS Schon heute gehört eurowings. com zu den umsatzstär­ksten E-Commerce-Portalen Deutschlan­ds. Mit Gründung der Eurowings Digital GmbH wollen wir einen Reisebegle­iter für Fluggäste entwickeln, der mehr bieten kann als nur Flüge von A nach B. Dazu gehören nicht nur Mietwagen-, Hotel- oder Event-Angebote, sondern auch schnelle Informatio­nen und Tipps via Smartphone, sollten entlang der Reisekette Unregelmäß­igkeiten auftreten. Der Reisebegle­iter soll nicht nur attraktive Zusatzange­bote verkaufen, sondern auch unterstütz­en und helfen.

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FOTO: ANDREAS BRETZ Eurowings-Chef Thorsten Dirks
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