„Total zufrieden“in den Ruhestand
Sie hatten beide mit Themen zu tun, die mancher nur aus dem Sonntagabendkrimi kennt. Tötungsdelikte, Überfälle, Drogenkriminalität. Doch Ludgera Hoppmann und Kollege Peter Baumgarten haben ihren Beruf geliebt.
KREIS KLEVE Der 62-jährige Peter Baumgarten weiß, dass er manchmal ein wenig zum Pathos neigt. Was er sagt, wenn es nicht um nüchterne Allerwelts-Absprachen geht, klingt zwischendurch etwas stark aufgetragen. Aber in diesem Fall steht er dazu und will es auch gar nicht anders ausdrücken: „Ich blicke mit Dankbarkeit und Demut zurück auf mein Berufsleben. Ich durfte in tollen Teams arbeiten, mit Kollegen, die ich mag, und ich konnte vielen Menschen helfen, das ist gut zu wissen.“Der Dank an die Ehefrau fehlt bei kaum jemandem, der sich öffentlich in den Ruhestand verabschiedet, aber bei einem Kriminalbeamten ist dieser Satz besonders nachvollziehbar: „Meine Frau hat all die Jahre ertragen müssen, was ich oft mit nach Hause brachte.“
Eben die Geschichten von verängstigten Senioren, schwerverletzten
„Meine Frau hat all die Jahre ertragen müssen, was ich oft mit nach Hause brachte“
Peter Baumgarten Polizeibeamter
oder toten Kindern, verzweifelten Eltern. Seine Kollegin Ludgera Hoppmann ist ein ganz anderer Typ, aber jetzt in der gleichen Situation: Auch sie muss wegen der polizeilichen Altersgrenze einen Schlussstrich unter ihr Berufsleben ziehen. Keine Drogenberatung mehr, keine Suche nach Vermissten. Das Leben wird sich ändern. Mit dem bisherigen jedenfalls sei sie „total zufrieden“.
Im Weezer Bürgerhaus nahmen die beiden Polizeibeamten jetzt Abschied von zahlreichen Weggefährten. Die letzten Dienst-Tage verbringen sie in ihren Wachen mit Schreibtisch-Aufräumen und Erinnerungen. Und vermutlich hoffen sie, dass keine ganz großen Fälle mehr in ihre Nähe geraten. Denn jetzt war die offizielle Verabschiedung in Kleve.
Für Ludgera Hoppmann ist dann Schluss mit der Drogenprävention, für die sie sich seit Jahrzehnten intensiv eingesetzt hat. Viele Schulen luden die Fachfrau gerne zu Vorträgen oder Projekttagen ein, waren froh, wenn sie sie für die Lehrerfortbildung gewinnen konnten. Hoppmann ist von der Ausbildung her Diplom-Verwaltungswirtin und gehörte damals zum ersten Jahrgang, der als „Seiteneinsteiger“bei der Kriminalpolizei angenommen wurde. Sie stammt aus Sonsbeck-Labbeck, ging in Xanten zur Schule, bevor sie in Köln studierte.
Zu ihrem späteren Fachgebiet Drogenprävention kam sie, wie sie selbst sagt, „durch Beobachten“. Am Dienstort Geldern habe es damals eine sehr offene Rauschgiftszene auf dem Marktplatz gegeben. „Selbst persönliche Bekannte starben in dieser Zeit an Heroin. Deshalb wurde ein spezielles Kriminalkommissariat gebildet, zu dem ich gehörte.“Mit Jugendlichen und Heranwachsenden zu arbeiten, in Jugendzentren, Schulen und sozialen Einrichtungen als Gesprächspartnerin zur Verfügung zu stehen, das war ihr beruflicher Alltag. „Kinder beim Erwachsenwerden zu begleiten ist das Spannendste, das es gibt.“
Ludgera Hoppmann kennt allerdings auch die „normale“Arbeit in einer Kriminalwache (in Goch). Und auch die weniger normale, solche, die große Publizität mit sich brachte. Zum Beispiel gehörte sie der Sonderkommission „Mirco“um Ingo Thiel an. Ein zehnjähriger Junge aus Grefrath war ermordet worden; nach monatelanger Fahndung wurde der Täter fünf Monate später festgenommen. Schrecklich, das Kind nicht gerettet haben zu können. Aber die Kriminalbeamtin weiß, dass die Aufklärung des Falles dennoch für alle Betroffenen und auch für die Menschen der Region höchst wichtig war. Für den Opferschutz hatte sie sich schon als ganz junge Beamtin stark gemacht, wie ihre 35-jährige Zugehörigkeit zum „Weißen Ring“zeigt.
Peter Baumgarten hat in den vergangenen Jahren eine Position inne gehabt, die nicht ganz so spannend klingt, die aber ebenfalls mit ganz vielen Emotionen zu tun hatte. Er war gemeinsam mit Rudi Dinkhoff der Fachmann für den Einbruchsschutz. Wer sich jemals mit Einbruchsopfern unterhalten hat, weiß, wie groß danach oft das Leid ist. Nicht wenige Menschen werden ihre Ängste nicht mehr los, wenn Fremde einmal Fenster aufgebrochen und in den persönlichsten Dingen gewühlt haben.
In der Kriminalwache hat Baumgarten vorher ebenso wie die Kollegen jahrelang Vergehen aller Art kennengelernt. „Das ist ein sehr abwechslungsreiches Arbeiten. Sie kriegen alles mit, was zwischen Menschen passieren kann.“Auch ihn haben Verbrechen an Kindern am stärksten belastet. Sein schlimmster Fall: ein Kleinkind, das in Wissel sexuell missbraucht worden war und beinahe gestorben wäre. Drei Jahre dauerte es, bis der Täter festgenommen werden konnte.
Damit zumindest Kindern auf anderem Gefahrenfeld möglichst nichts passiert, war Baumgarten lange Jahre auch in der präventiven Verkehrserziehung aktiv („unter der strengen Leitung von Walter Hinke mit seiner Handpuppe ,Kleiner Putz‘“). Und er ist der amtierende Vorsitzende der Verkehrswacht im Kreis Kleve. Da hat er mit Schülern ebenso wie mit Senioren zu tun, bildet die Verkehrskadetten aus, macht die Öffentlichkeitsarbeit. Kurzum: Tut eine Menge, um das Leben im Kreis ein bisschen sicherer zu machen.