Rheinische Post Krefeld Kempen
Der Immobilienmarkt läuft aus dem Ruder
In NRW müssten jährlich 80.000 Wohnungen gebaut werden, um den Bedarf zu decken. Das Land schafft aber höchstens 40.000 Baugenehmigungen pro Jahr. Die meisten helfen nicht mal da, wo es am nötigsten wäre: Für das untere Preissegment baut so gut wie niemand mehr. Die Baukosten sind inzwischen so hoch, dass ein Neubau von Anfang an Luxusmieten einbringen muss.
Das knappe Angebot hat die Wohnkosten in Teilen des Landes in inakzeptable Höhen getrieben. Die Politik trägt auf sämtlichen Ebenen dazu bei: Die Zinspolitik der EU pumpt billiges Geld in den Markt, das die Kaufpreise in die Höhe treibt. Auf Bundesebene hat die jüngste Energiesparverordnung die Baukosten um acht Prozent steigen lassen. Im Land hat RotGrün die Grunderwerbsteuer auf 6,5 Prozent fast verdoppelt. Bundesrekord. Und die Kommunen greifen Mietern und Eigentümern mit immer unverschämteren Müllgebühren in die Tasche.
Die Wirkungslosigkeit der Mietpreisbremse ist inzwischen bewiesen. Statt solcher Symbole könnte die Politik ja einfach mal eine Legislaturperiode lang alles unterlassen, was das Wohnen verteuert. Im nächsten Jahr wird im Bund und in NRW gewählt. Das wäre doch mal etwas fürs Wahlprogramm. BERICHT WOHNUNGSBAU NUR FÜR REICHE, TITELSEITE
Überrumpeltes Italien
Nach dem verheerenden Erdbeben in Mittelitalien ist wieder vom besonderen Zusammenhalt des Landes in einer Krise die Rede. Tatsächlich sind Aufopferung und Hilfsbereitschaft der Retter eindrucksvoll. Das romantisierende Lob der Stärke in der Krise lenkt aber auch vom Versagen im Vorfeld ab. Italien wird regelmäßig von Erdbeben heimgesucht, bereitet sich aber nur ungenügend auf diese Ereignisse vor. Die Nation lässt sich jedes Mal aufs Neue überrumpeln.
Möglichkeiten gibt es genug. Sie reichen von Kursen zur Erdbebenprävention bis hin zur Sicherung gefährdeter Gebäude. Beides gibt es in Italien viel zu wenig. Die verheerende Wirkung der Erdbeben in Italien hat gewiss auch mit der alten Bausubstanz der von Touristen bewunderten mittelalterlichen Städte zu tun. Die Schönheit Italiens ist auch seine Achillesferse. Doch insbesondere die italienische Politik hat es versäumt, nach jahrzehntelangen Erfahrungen von Leid und Zerstörung die Weichen zu stellen. Insofern wirken Bestürzung und Ratlosigkeit nach den Erdbeben wie Symptome eines Staatsversagens. BERICHT
Rauf mit den Zinsen!
Mit Spannung blicken Anleger aus aller Welt in den US-Kurort Jackson Hole. Dort wird heute Notenbank-Chefin Janet Yellen sagen, wohin sie die Zinspolitik steuert. Yellen ist unter Druck: Im Dezember hatte sie angekündigt, dass es 2016 Zinserhöhungen geben wird. Doch bisher hat die Ökonomin mit der Aura einer freundlichen Großmutter nicht den Mut, das Ruder herumzureißen. Mal diente die China-Flaute als Ausrede, mal der Brexit.
Dabei ist es höchste Zeit für höhere Zinsen. Die USWirtschaft wächst, zugleich steigt wegen der MiniZinsen die Gefahr einer neuen Immobilienblase. Auch die Finanzkrise 2007 hat die US-Notenbank maßgeblich mitverursacht. Noch mehr braucht Europa die Wende, wo die Zentralbank Sparer sogar mit Negativzinsen straft – ohne dass die bittere Medizin von Dr. Draghi wirkt: In Krisenstaaten springen Investitionen und Preise trotzdem nicht an. Zugleich hält das billige Geld die Staaten von nötigen Reformen ab. Yellen sollte dem EZB-Chef zeigen, wie man sich von der Politik emanzipiert – und die Zinsen erhöhen, obwohl in den USA gerade Wahlkampf ist. BERICHT