Rheinische Post Krefeld Kempen

Die Gentlemen ergreifen das Wort

- VON SIGRID BLOMEN-RADERMACHE­R FOTO: BURGHARDT

Seit 1995 gibt es die „Friends of British Royalty — German Section“. Die Freunde der Britischen Monarchie pflegen in der Hinsbecker Stammenmüh­le im Sakko beste britsche Gesprächsk­ultur — und gelten als Experten des englischen Adels.

NETTETAL Jetzt steht es fest: Großbritan­nien liegt im zweiten Stock – und ist erstens über eine steile Treppe und zweitens über eine noch steilere Leiter zu erreichen. Hat man diese Hürden aber erstmal überwunden, dann wird man belohnt: mit Fotos von Queen Elizabeth, von Prinz Charles, Whiskey- und Ginflasche­n, einem Londoner Straßensch­ild, einer Karte des Commonweal­th, einer britischen Fahne – und einem Ausblick über die Hinsbecker Höhen. Denn Großbritan­nien liegt – immer wieder mal – in der Stammenmüh­le in Hinsbeck. Dort residieren die Friends of British Royalty.

Seit 21 Jahren gibt es den Club nach Art der Gentlemen’s Clubs in Großbritan­nien. Nachdem das Ehepaar Zanders 1994 die Mühle übernommen und restaurier­t hatte, entstand die Idee zu der Dependance eines britischen Clubs in Hinsbeck. Dies verdankte die Mühle nicht nur der hohen Affinität des Geigenbaue­rs zur Idee der Herrenclub­s, sondern auch der Geschichte der Mühle, in der aus dem obersten Stock 1953 die erste Fernsehübe­rtragung (natürlich die Krönung von Königin Elizabeth) stattgefun­den hatte.

Schnell waren zwei Freunde gefunden, die die Idee ebenso reizvoll fanden, und 1995 wurde der Club gegründet mit dem Namen „Friends of British Royalty“. Mittlerwei­le sind es sieben Freunde, die sich alle 14 Tage montags im Clubraum treffen: Bernhard Zanders, Hermann Heinemann, Wolfram Gutheim, Michael Fiedler, Bastian Rütten, Winfried Scherger, Erhard Scholz – stilecht unterstütz­t durch den Butler, Reinhold Funken. Hin und wieder ist auch der Clubpiper Axel Römer dabei. Die Clubmitgli­eder sind zwischen 34 und 80 Jahren alt, im „wahren Leben“Geigenbaue­r, Schreinerm­eister, Pharmarefe­rent, Metallbaue­r, Maschinenb­auingenieu­r, Leiter der Jugendherb­erge, Informatik­er, Landwirt. Wenn sie sich treffen, dann legen sie Wert darauf, ein Sakko zu tragen, um den Anlass zu würdigen – der Butler erscheint in voller Butlermont­ur. Traditione­ll wird mit einem Glas Whisky auf die Queen angestoßen – ansonsten spielt Alkohol keine Rolle an den Clubabende­n. Was eine Rolle spielt: gepflegte und kultiviert­e Gespräche über englische Themen (aktuell wurde natürlich der Brexit diskutiert), es gibt auch mal Vorträge über historisch­e Themen. Was die Mitglieder auszeichne, so Zanders, sei „britisches Understate­ment“und eine „gewisse Stabilität im Geiste“. Das bedeutet, dass man beispielsw­eise in Diskussion­en reflektier­e, was man beitrage, dass man nicht provoziere, sich kontrollie­re und hinter dem stehe, was man sagt. Hin und wieder tre-

Aus dem obersten Stock fand 1953 die Fernsehübe­rtragung von der Krönung von Königin

Elizabeth statt

ten sie in die Hinsbecker und Nettetaler Öffentlich­keit – mit einem Highland Game Festival oder einer Tea Party. Hin und wieder auch reisen die Clubmitgli­eder gemeinsam nach London, wenn zum Beispiel der Enkel der Queen heiratet. Dann singen die Friends of British Royalty ein Wiegenlied unter Kates Fenster. Oder sie versuchen der Queen in Deutschlan­d zu begegnen. Was schier unmöglich ist. Aber auch hier haben sie gesungen, vor dem Hotel Adlon in Berlin. Dort fielen sie auch dem Fotografen der Queen auf, ein Ordonnanzo­ffizier befragte sie und stellte ihnen in Aussicht, von der Queen begrüßt zu werden, für welchen Fall er ihnen einschärft­e, wie man sich zu verhalten habe. Leider begrüßte die Queen die Hinsbecker nicht. Doch begegneten sie dem Fotografen erneut während des Queens-Besuchs in Düsseldorf und da sorgte er dafür, dass die Gentlemen vom Niederrhei­n in ein Blitzlicht­gewitter gerieten. Wann immer im Königshaus, wann immer in Großbritan­nien etwas geschieht: Es dauert nicht lange und bei Zanders klingelt das Telefon mit der Bitte um eine Stellungna­hme. Die „Friends“sind eben eine Institutio­n.

 ??  ?? Zwei der sieben „Friends of British Royalty“vor der Hinsbecker Stammenmüh­le, ihrem Clubsitz: Bastian Rütten (links) und Bernhard Zanders.
Zwei der sieben „Friends of British Royalty“vor der Hinsbecker Stammenmüh­le, ihrem Clubsitz: Bastian Rütten (links) und Bernhard Zanders.

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