Rheinische Post Krefeld Kempen

Ärztin zum Krebszentr­um: „Ich konnte das nicht verantwort­en“

- VON SABINE JANSSEN

Die Anästhesis­tin Bozena Kilarski gründete mit ihrem ehemaligen Patienten André Hartel das Brachter Gesundheit­szentrum, stieg aber bald danach aus

BRÜGGEN Im Gesundheit­szentrum Venlo-Bracht herrschten bereits seit bei seiner Gründung im Frühjahr 2014 medizinisc­h fragwürdig­e Praktiken. Das sagt Bozena Kilarski. Die Ärztin aus Rheine im Münsterlan­d war in den Anfängen des Brachter Zentrums als Geschäftsp­artnerin des Niederländ­ers André Hartel dabei. Im Gespräch mit unserer Redaktion distanzier­te sie sich von den Vorgehensw­eisen in der Praxis und von Zentrums-Gründer Hartel. „Was ich höre und lese, klingt krimi- nell“, sagt die 62-Jährige. Die Medizineri­n arbeitete viele Jahre als Anästhesis­tin in einem Krankenhau­s und betreibt eine Naturheilp­raxis mit dem Schwerpunk­t Krebserkra­nkungen.

Die Staatsanwa­ltschaft Krefeld ermittelt gegen den aktuellen Betreiber des Brachter Zentrums wegen fahrlässig­er Tötung. Drei Patienten aus den Niederland­en und aus Belgien waren Ende Juli gestorben, nachdem sie kurz zuvor in Bracht eine Infusion mit dem Glukose-Blocker 3-Bromopyruv­at (3-BP) bekommen hatten. Der Gründer des Zentrums, André Hartel, hatte schwere Vorwürfe gegen seinen Nachfolger und ehemaligen Kompagnon erhoben: Der habe mit Puder die Infusionen selbst angerührt. Kilarski kennt den aktuellen Betreiber der Klinik nicht. Sie lernte Hartel 2010/2011 als Krebs- patient kennen. Angeblich geheilt kam er 2013 auf sie zu: Er wollte vielen austherapi­erten Krebspatie­nten aus den Niederland­en alternativ­e Behandlung­en zu günstigen Preisen ermögliche­n. Mit Kilarski wollte er diese Idee in Bracht verwirklic­hen. „Die schulmediz­inische Behandlung in den Niederland­en ist viel schlechter als in Deutschlan­d. Deshalb gibt es dort viele verzweifel­te Menschen“, erklärt Kilarski. Doch die Anästhesis­tin stieg nach wenigen Monaten aus. „Hartel ist kein ausgebilde­ter Mediziner. Er machte Dinge in meiner Abwesenhei­t, die ich nicht verantwort­en konnte. Es fehlte das medizinisc­he Fachperson­al“, sagt die Ärztin. Danach habe er zwei deutsche Heilprakti­ker geholt, später dann den jetzigen Betreiber. Was aus den anderen Heilprakti­kern geworden ist, wisse sie nicht, sagt Kilarski. Hartel selbst zog sich dann aus dem Zentrum zurück.

Kilarski hat in ihrer Praxis nur kurz mit 3-BP gearbeitet, aber wenig Erfolge gesehen. Die Ampullen mit 200 ml für 60 Euro seien über eine deutsche Apotheke erhältlich gewesen. Das sei jetzt nicht mehr der Fall. Wenn der Heilprakti­ker in Bracht Mittel aus den USA bezogen habe, könne man nicht genau sagen, was darin sei. „Das müsste ein Labor prüfen“, so Kilarski.

Für eine Stellungna­hme war Hartel nicht zu erreichen. Laut Kilarski halte er sich in Italien auf und wolle dort eine neue Praxis gründen.

„Er machte Dinge in meiner Abwesenhei­t,

die ich nicht verantwort­en konnte“

Bozena Kilarski

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FOTO: KN Medizineri­n Bozena Kilarski hat eine Naturheilp­raxis in Rheine.

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