Rheinische Post Krefeld Kempen
In einer japanischen Fantasiewelt
Bianca Klähr lebt ihren persönlichen Manga-Traum. Ihr Leben steht im Zeichen der japanischen Zeichentrickserie Yu-Gi-Oh. Mehr als 2000 Yu-Gi-Oh-Sammelkarten hat sie schon. Einmal im Jahr wird sie selbst zur Manga-Figur.
VIERSEN Ihr Zimmer hat Bianca Klähr in eine bunte Manga-Welt verwandelt. Die 26-jährige Bürokraft aus Dülken liebt Yu-Gi-Oh, eine japanische Zeichentrickserie. Ihr Zimmer gleicht einem Museum: Unzählige Mangas und Figuren füllen die Regale, an den Wänden hängen Bilder. Auch ein lebensgroßer Pappaufsteller des Hauptcharakters Yugi steht mitten im Raum. „Die Serie hat mein Leben verändert“, sagt Bianca Klähr. Mehr als 6000 Euro hat sie nach eigenen Angaben für ihr außergewöhnliches Hobby investiert. Sie lebt ihren eigenen MangaTraum – mitten in Dülken und fern des Alltagstrottes.
Vor zehn Jahren schaute Klähr zum ersten Mal die Serie. „Ich kam von der Schule und zappte durch die Kanäle. Bis ich Yugi sah“, erinnert sie sich. Vom ersten Moment war sie von den stark vergrößerten Kulleraugen und den extravaganten Frisuren der Protagonisten fasziniert. „Am nächsten Tag bin ich sofort in den nächsten Buchladen und habe mir alle bis dahin erschienenen Yu-Gi-Oh Mangas gekauft“, sagt Klähr.
Ein Manga ist ein japanischer Comic. Ein besonderer Reiz dieser Comic-Art ist ihre Leserichtung. Sie werden in der traditionellen japanischen Leserichtung von hinten nach vorne und von rechts nach links gelesen. „Die Manga-Welt von Yu-Gi-Oh hat der japanische Zeichner Kazuki Takahashi geschaffen“, sagt die Dülkenerin. So überrascht es nicht, dass gerade ein Autogramm des japanischen Mangakas, so nennt man einen professionellen Manga-Autor, ihr besonders am Herzen liegt. Schließlich habe er es ihr erst ermöglicht, Tag für Tag in die Welt von Yugi einzutauchen.
Der Manga-Fan sammelt alles, was von Yu-Gi-Oh erhältlich ist. Mehr als 2000 Sammelkarten nennt sie beispielsweise ihr Eigen. Insgesamt wurden bisher 7649 Karten veröffentlicht. Alle zu besitzen, sei nicht ihr Ziel. „Ich sammle mittler- weile nur noch besondere Karten, zum Beispiel Karten des dunklen Magier-Mädchens“, erklärt der Manga-Fan. Die Spielkarten sind in einem Bündel von fünf bis sechs Karten erhältlich und kosten je nach Edition zwischen 1,99 und 3,50 Euro. „Der Sammelwert mancher Karten übersteigt Werte bis zu 300 Euro“, sagt Klähr. Auch einige japanische Original-Mangas besitzt sie. „Ich kann zwar keine japanischen Schriftzeichen lesen, aber die bunten Cover und Zeichnungen faszi- nieren mich“, sagt Klähr. Ihr Freund Ralf, ebenfalls ein Fan japanischer Mangas, unterstützt Klähr in ihrem Vorhaben. „Die Geschenke-Suche macht es natürlich einfach. Aber es wird schwieriger, da sie schon alles hat“, sagt Ralf. Einem möglichen Doppelkauf beugt sie deshalb auch schon einmal vor: „Auch wenn ich etwas doppelt erhalte, ich freue mich über jedes Geschenk“, meint die Dülkenerin. Was sie nicht hat oder was in Deutschland nicht erhältlich ist, bestellt sie über das In- ternet direkt aus Japan. Dort habe Yu-Gi-Oh einen deutlich höheren kulturellen Stellenwert.
Wenn dann ein langersehntes Paket eintrifft, kann sie kaum abwarten, es zu öffnen. Doch häufig kommt bei ihr zu Hause statt des Paketes nur ein Brief vom Zoll an. „Dann muss ich zum Zollamt in Mönchengladbach und das Paket vor Ort öffnen“, sagt Klähr. Auch zusätzliche Gebühren, wie die Einfuhrsteuer, nehme sie billigend in Kauf – schließlich wachse so ihre persönliche Sammlung. Als störend empfindet sie da schon eher die Blicke des Zollbeamten, der augenscheinlich ihre Begeisterung für den Inhalt ihrer Pakete nicht immer teilen könne. „Ich finde, niemand sollte sich für sein Hobby schämen“, sagt sie.
Auch an Cosplay-Veranstaltungen nimmt die 26-jährige teil. Beim Cosplay, auf Deutsch „Kostümspiel“, schlüpft man in die Rolle einer fiktiven Filmfigur und versucht, diese authentisch zu imitieren. „Ich verwandle mich dann in Yami, meinen Lieblingscharakter der Serie“, sagt Klähr. Die Gestaltung des Kostüms sei zeitaufwendig und kostspielig. „Die Perücke für das Yami-Kostüm habe ich extra bei einer Künstlerin anfertigen lassen für über 400 Euro“, sagt sie.
Ihr größter Wunsch bleibt jedoch eine Reise nach Japan. „Aber dafür muss ich erstmal Jahre sparen“, sagt Klähr. So fern die Erfüllung ihres Wunsches in diesem Moment erscheint, ganz so fern ist er dann doch nicht – zumindest nicht in ihrem Zimmer und nicht für ihre eigene Projektion einer japanischen Welt.