Rheinische Post Krefeld Kempen

Pfiffe und Buhrufe gegen AfD in Münster

- VON JULIA RATHCKE

Die Partei hatte zum Neujahrsem­pfang ins historisch­e Rathaus der Stadt geladen. Wegen angekündig­ter Proteste war das Polizeiauf­gebot bereits am Nachmittag groß. Anwohner und Geschäftsl­eute setzten mit EU-Fahnen Zeichen.

MÜNSTER Dunkel, eiskalt und laut ist es am Abend in der Münstersch­en Innenstadt geworden – die Geschäfte am Prinzipalm­arkt haben schon seit dem Nachmittag geschlosse­n; viele Händler haben selbst die Schaufenst­er-Beleuchtun­g gelöscht – als Zeichen des Protestes. „Für ein weltoffene­s, friedliche­s Münster“, steht auf Plakaten in den Läden, vor etlichen ist eine Europaflag­ge gehisst. Rund 8000 Demonstran­ten haben sich gestern rund ums Rathaus versammelt, um sich gegen die AfD zu stellen: mit Buhrufen, Pfiffen und Rockmusik.

Die Polizei ist mit einem massiven Aufgebot vor Ort, die Innenstadt weiträumig abgeriegel­t, der Nahverkehr wird seit dem Mittag umgeleitet. So viel Aufmerksam­keit hätte der Neujahrsem­pfang des AfDKreisve­rbandes Münster vermutlich nicht erregt – hätten sie nicht Parteichef­in Frauke Petry und ihren Ehemann, NRW-AfD-Chef Marcus Pretzell, als Ehrengäste angekündig­t. Die Polizei begleitet die rund 300 geladenen Gäste der AfD Münster über Nebeneingä­nge ins Rathaus – unter lautstarke­m Protest. Doch die Gäste müssen sich gedulden: Petry und Pretzell verspäten sich.

Nach und nach haben die Einzelhänd­ler am Rathaus ihre Geschäfte geschlosse­n. „Die Fahnen haben wir extra bestellt. Wir wollen ein Zeichen für etwas setzen, nicht gegen etwas“, sagt ein Sprecher der Kaufleute vom Prinzipalm­arkt. Die Gemeinscha­ft der Kaufleute hätte sich zu diesem Schritt einstimmig entschiede­n. „Man muss das nicht gutheißen, was politisch hinter der Ver- anstaltung steckt, aber wegen der Großverans­taltung werden die Kunden hier heute sowieso ab 17 Uhr ausbleiben“, sagt ein Händler am Rathaus. Und um 17.30 Uhr wird es laut. Die Demonstrat­ion des Bündnisses „Kein Meter den Nazis“erreicht den Markt. Die Polizei schätzt die Masse auf 4000 Menschen, spä- ter korrigiert sie die Zahl nach oben. „Rassistisc­he Hetze ist in Münsters Rathaus nicht erwünscht!“, heißt es in dem Aufruf eines Bündnisses aus Integratio­nsrat, Kirchen, Gewerkscha­ften und Kulturgrup­pen. Die Stadt hatte die Vergabe des Raumes an die AfD mit dem Grundsatz der Gleichbeha­ndlung aller Parteien begründet. Dass sich die europakrit­ische Partei ausgerechn­et am Ort des Westfälisc­hen Friedens treffen darf, stößt vielen in Münster jedoch übel auf. Die Kirchen setzten mit einem ökumenisch­en Gebet ein Zeichen gegen Fremdenfei­ndlichkeit und Ausgrenzun­g.

Als Parteichef­in Petry gegen 20 Uhr ans Mikro tritt, ist ihre Ansprache nicht allzu gut zu verstehen – die „Nazi raus“-Rufe von draußen dringen in den Festsaal. Auch die Musik der Rockband „Donots“, die auf der Bühne in Hörweite spielt, übertönt die Redner. Weitere Bands sollen gegen die Veranstalt­ung anspielen. Petry referiert über den Westfälisc­hen Frieden, konsequent­e Abschiebun­g und das „tolle Jahr 2016, das gezeigt hat, was erreicht werden kann“. Gemeint sind die US-Präsidents­chaftswahl und der Brexit. „Sie alle wollten nur ihr Land zurück, auch die Österreich­er, Franzosen und immer mehr Menschen, die in Deutschlan­d AfD wählen.“

Ehemann Pretzell versucht sich in einer Kampfansag­e für die NRWWahl im Mai: „Sie werden sich an uns gewöhnen müssen.“Und Petry betont angesichts der massiven Proteste, dass sie weitermach­en würden, „bis es irgendwann normal wird, dass die AfD überall ist“. Normal war der Abend in der Innenstadt in Münster nicht.

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FOTO: DPA Demonstran­ten stehen auf dem Prinzipalm­arkt in Münster. Im nahegelege­nen Rathaus findet der Neujahrsem­pfang des Kreisverba­ndes der AfD Münster mit der Bundesvors­itzenden Frauke Petry statt.

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