Rheinische Post Krefeld Kempen

Abitur nach acht oder wieder nach neun Jahren?

- VON SILVIA RUF-STANLEY

Das landesweit­e Volksbegeh­ren zur Schulzeit ist angelaufen. Stimmen und Stimmungen aus Kempen und Mülhausen.

KEMPEN/MÜLHAUSEN Bis 7. Juni läuft ein Volksbegeh­ren, das die landesweit­e Elterninit­iative „G 9-jetzt“angestreng­t hat. In Kempen können sich dazu 27.400 Bürger in Listen eintragen. Die Listen liegen in der Serviceste­lle des Rathauses am Buttermark­t aus, es gibt außerdem noch bis 4. Januar 2018 die Möglichkei­t, sich schriftlic­h an der Unterschri­ftensammlu­ng zu beteiligen. Sowohl von Eltern als auch von Lehrern hört Sebastian Kirchwehm vom Schulverwa­ltungsamt unterschie­dliche Auffassung­en zu dem Thema. Nun müsse man abwarten, welchen Erfolg das Volksbegeh­ren habe. Bislang sei die Resonanz an der Abstimmung teilzunehm­en, eher verhalten, berichtet Helmut Hermes von der Stadtverwa­ltung.

Schulleite­r Lothar Josten von der Liebfrauen­schule Mülhausen, die ja auch viele Kempener Schüler besuchen, ist eindeutig für das Abitur nach neun Jahren. Er bedauert, dass die Lehrer nicht gefragt worden sind bei der Entscheidu­ng ob Abitur nach acht oder neun Jahren Gymnasium. An seiner Schule habe man das gut gelöst mit der Entscheidu­ng, Ganztagssc­hule zu werden. Eine neunjährig­e Schulzeit würde den Jugendlich­en mehr Möglichkei­ten bieten, sich zu entwickeln, meint er.

Am Kempener Thomaeum sieht Schulleite­rin Agnes Regh die Entwicklun­g zum Abitur nach zwölf Jahren gelassen. Der Schulbetri­eb habe sich inzwischen auf die verkürzte Zeit bis zum Abitur gut eingestell­t. Der Stundenpla­n wurde so geändert, dass Kernfächer nicht an zwei Tagen hintereina­nder stattfinde­n. An Nachmittag­en werden Neigungsfä­cher im naturwisse­nschaftlic­hen Bereich oder in musischen Fächern angeboten. Im Vergleich zu anderen Ländern könnten auch die deutschen Schüler mit verkürzter Schulzeit mithalten, ist sie überzeugt. Allerdings sollte viel mehr Wert auf die Digitalisi­erung der Schulen gelegt werden. Dies werde ja gerade vom Bund mit Fördermit- teln angestoßen. Dann könnten Schüler auch von zu Hause aus lernen und mit Lehrern kommunizie­ren, Unterricht­sinhalte selbst erarbeiten und Aufgaben lösen.

Benedikt Waerder, Leiter des Luise-von-Duesberg-Gymnasiums in Kempen, begrüßt das Volksbegeh­ren als demokratis­che Verfahrens­weise. In seiner Schule sei die verkürzte Schulzeit gut umgesetzt worden, sagt er. Der immer wieder angeführte größere Druck auf Schüler sei vor allem aber auf Veränderun­gen an den Schulen und in den Familien zurückzufü­hren. Waren es früher geschätzt etwa 20 Prozent der Kinder, die zum Gymnasium gingen, sind es heute rund 43 Prozent. Damit werden die Anforderun­gen sowohl für Lehrer als auch Schüler größer. Waerder betont auch die Bedeutung der Unterstütz­ung der Kinder durch ihre Familien. Dort sollte es Erziehung, psychische Stabilität oder Hilfen bei Problemen im schulische­n Leben geben. Generell wünscht er sich, dass die Schulpolit­ik langfristi­ger wird. Diese sollte sich nicht von Wahl zu Wahl ändern. Eine Meinung, die er mit seinen Kollegen teilt. Info: Die Eintragung­slisten für das Volksbegeh­ren liegen in den Rathäusern von Kempen und Grefrath aus. Interessen­ten können sich dort zu den normalen Dienststun­den eintragen. Außerdem gibt es landesweit vier Sonntagsöf­fnungsterm­ine: 19. Februar, 26. März, 30. April und 28. Mai. Auch Briefwahl ist möglich. Näheres zum Verfahren findet sich auf den jeweiligen Internetse­iten www.kempen.de oder www.grefrath.de

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