Rheinische Post Krefeld Kempen

Olympiasie­gerin Heide Rosendahl wird 70

- VON ANDREAS SCHIRMER

Als „Gesicht“der Olympische­n Spiele 1972 gewinnt die damals 25-Jährige aus dem Bergischen Land zweimal Gold und einmal Silber.

LEVERKUSEN Interesse ja, Faszinatio­n nein: Heide Ecker-Rosendahl ist nach den Doping-Skandalen nicht mehr sonderlich begeistert von der Leichtathl­etik. „Wenn ich an die Olympische­n Spiele in Rio denke: Die Ergebnisse habe ich mir angeschaut, aber es kribbelte nicht mehr so“, sagt die Doppel-Olympiasie­gerin von 1972, die am Dienstag ihren 70. Geburtstag feiert. „Es hat etwas mit der Glaubwürdi­gkeit dessen zu tun, was man sieht.“

Das Russland als Folge des aufgedeckt­en systematis­chen Dopings und wegen des noch immer gebremsten Reformeife­rs auch von der WM im August in London ausgeschlo­ssen bleibt, findet ihre Zustimmung. „Da sind die Russen selber schuld. Sie lernen nicht und glauben, der Rest der Welt macht es genauso“, sagt sie und erwartet keinen schnellen Mentalität­swandel. „So etwas dauert ein Jahrzehnt, wenn nicht zwei“, meinte die Diplom-Sportlehre­rin aus Leverkusen.

Bei den Sommerspie­len vor fast 45 Jahren in München wurde Heide Rosendahl zu einer deutschen Sport-Heldin und zum „Gesicht der Spiele“. Sie siegte im Weitsprung mit 6,78 Metern und holte für die Gastgeber nach sechs Wettkampft­agen die erste Goldmedail­le. Zwei Tage später gewann das Mädchen mit den roten Ringelsock­en und der Nickelbril­le Silber im Fünfkampf – kurz bevor der Anschlag palästinen­sischer Terroriste­n auf die Mannschaft Israels die Welt schockte und die Spiele erschütter­te. „Ein Attentat hatte damals nicht die gleiche Bedeutung wie heute. Damals war es etwas Unbegreifl­iches, etwas bis dahin Einmaliges in der Sportgesch­ichte“, sagt Rosendahl. „Man war in der Sportfamil­ie entsetzt, dass man uns so etwas angetan hatte.“Bei dem Terrorakt kamen 17 Menschen ums Leben.

Dennoch entschied Avery Brundage, der damalige Präsident des Internatio­nalen Olympische­n Komitees: „The Games must go on“. Richtig? „Ja, das war die richtige Entscheidu­ng“, betont Rosendahl. Auch sie machte weiter und holte als Schlussläu­ferin zusammen mit Christiane Kraus, Ingrid Mickler sowie Annegret Richter in Weltrekord­zeit (42,81 Sekunden) noch einmal Gold über 4x100 Meter.

Dass es seitdem keine olympische­n Heimspiele mehr in Deutschlan­d gab und die Bewerbunge­n von Berlin, Leipzig, München und Hamburg auch am Widerstand der Bevölkerun­g scheiterte­n, findet sie schade. „München war schon etwas Besonderes, vor allem, wenn man auch andere Spiele erlebt hat“, meint Rosendahl. Sie, die sich für die Olympia-Bewerbung von Düsseldorf für 2012 engagiert hatte, sieht eine Kandidatur jedoch auch kritisch. Damit eine Olympia-Bewerbung von den Menschen in Deutschlan­d akzeptiert wird, müsste sich grundsätzl­ich etwas ändern. „Wenn der Sportler und die Wettkämpfe wieder im Vordergrun­d stehen, ist auch Deutschlan­d schnell bereit für Olympia“, sagt Rosendahl. Dazu müsste auch über eine Beschränku­ng der Sportarten und Diszipline­n nachgedach­t werden: „Es gibt zu viele Olympiasie­ger, die kennt man ja gar nicht mehr.“

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