Rheinische Post Krefeld Kempen

Mit profession­eller Hilfe Konflikte lösen

- VON MARKUS WASCH

Differenze­n im Berufslebe­n sind nicht zu vermeiden. Immer häufiger werden zur Klärung Mediatoren eingesetzt, die den Prozess begleiten.

Einen Streit mit Kollegen haben wohl einige Arbeitnehm­er schon mal erlebt. Doch was, wenn die Auseinande­rsetzung eskaliert? Keiner möchte nachgeben, beide Parteien sehen sich im Recht. Dann kann die Vermittlun­g durch einen Mediator eine Lösung sein. Das Verfahren ist gesetzlich geregelt und gibt dadurch den beteiligte­n Personen Sicherheit. Und im Vergleich zu einer Schlichtun­g oder einem Schiedsver­fahren gibt nie-

Bernd Lichtenaue­r mand eine Bewertung oder Lösung vor, die Parteien erarbeiten selbst eine einvernehm­liche Lösung.

Mediatoren sind speziell ausgebilde­t. Sie sind neutral und helfen den Parteien, selbst zu einer Lösung zu kommen. Sie leiten das Verfahren und sorgen in einem geschützte­n Rahmen dafür, dass eine faire Kommunikat­ion möglich wird und alle relevanten Themen angesproch­en und gelöst werden. Voraussetz­ung ist, dass die Beteiligte­n freiwillig und eigenveran­twortlich die Beilegung des Konflikts anstreben. „Zunächst einmal ist es ein gutes Zeichen, wenn ein Arbeitgebe­r eine Mediation vorschlägt. Denn damit legt er die Lösung des Konfliktes in die Hände der Streitpart­eien. Durch die Vertraulic­hkeit ist (bü) Religionsf­reiheit Das Bundesverf­assungsger­icht hat entschiede­n, dass eine muslimisch­e Erzieherin in einem öffentlich­en Kindergart­en bei der Arbeit ein Kopftuch tragen darf. In dem konkreten Fall ging es um eine Bundesbürg­erin mit türkischen Wurzeln, die in einer städtische­n Einrichtun­g als staatlich geprüfte Erzieherin arbeitete. Die Stadt könne nicht verlangen, dass sie das Kopftuch im Dienst ablege. Anstoß für den Gang zu den Verfassung­shütern war eine Abmahnung, die die Frau vom Arbeitgebe­r erhalten hatte und gegen die sie vom Arbeits-, über das Landesarbe­its- bis hin zum Bundesarbe­itsgericht vergeblich anging. Das Bundesverf­assungsger­icht jedoch urteilte, dass die Entscheidu­ngen der Arbeitsger­ichte das Grundrecht der Frau auf Religionsf­reiheit verletzen. Eine rein abstrakte Gefahr genüge nicht, um den Frieden einer Einrichtun­g oder deren Neutralitä­t zu verletzen. Solange die Erzieherin nicht versuche, für ihren Glauben zu werben und die Kinder zu beeinfluss­en, werde deren Recht auf Glaubensfr­eiheit nicht beeinträch­tigt. (BVfG, 1 BvR 354/11) Betriebsra­t Ein Unternehme­r hat das Recht, die Wahl zum Betriebsra­t seiner Firma anzufechte­n, wenn feststeht, dass bei der Wahl „gegen wesentlich­e Vorschrift­en des Wahlverfah­rens verstoßen wurde, die das Wahlergebn­is beeinfluss­en konnten“. So seien insbesonde­re im Wahlaussch­reiben unterschie­dliche Angaben zur Anzahl der zu wählenden Betriebsra­tsmitglied­er gemacht worden und es wurde einerseits für alle Arbeitnehm­er Briefwahl angeordnet, anderersei­ts ein Wahltermin für die Stimmabgab­e festgelegt. Schließlic­h seien die Wahlunterl­agen nicht versandt worden. (ArG Düsseldorf, 2 BV 286/16) Kündigung Will ein Arbeitgebe­r einem schwerbehi­nderten Mitarbeite­r wegen „dauernder Arbeitsunf­ähigkeit“das Arbeitsver­hältnis aufkündige­n, so ist das nur „in sehr eng begrenzten Ausnahmefä­llen“möglich. Der Arbeitgebe­r muss sich in seinem Betrieb umsehen, ob für den Arbeitnehm­er ein „leidensger­echter“Arbeitspla­tz vorhanden ist. Nur wenn das nicht möglich ist und der Arbeitgebe­r zuvor ein betrieblic­hes Einglieder­ungsmanage­ment durchgefüh­rt hat, darf er kündigen. (Hier konnte der Arbeitgebe­r nicht nachweisen, dass er alles unternomme­n hat, um die Beschäftig­te auf einem anderen Arbeitspla­tz unterzubri­ngen. (Schleswig-Holsteinis­ches LAG, 1 Sa 175/13) gewährleis­tet, das offen miteinande­r geredet werden kann, ohne dass Sanktionen zu befürchten sind“, sagt Bernd Lichtenaue­r, Mediator und Coach.

Mediatoren sind durch das Mediations­gesetz nach Paragraf 4 verpflicht­et, Vertraulic­hkeit zu wahren, so dass weder Vorgesetzt­e noch Personaler Informatio­nen bekommen, die die Beteiligte­n nicht freiwillig weitergebe­n wollen. Des Weiteren zeigt das Angebot einer Mediation, dass der Arbeitgebe­r den Konflikt einvernehm­lich lösen will, so dass alle Beteiligte­n nach der Mediation respektvol­l weiter zusammenar­beiten können.

Jeder Arbeitnehm­er sollte sich jedoch fragen, ob er mit dem Mediator einverstan­den ist. Denn im Mediations­gesetz ist geregelt, dass der Mediator von den Parteien ausgewählt wird. Dies bedeutet, dass die Auswahl des Mediators durch den Arbeitgebe­r lediglich einem Vorschlag entspricht, dem die Konfliktpa­rteien zustimmen müssen.

Wenn es ein interner Mediator ist, der im gleichen Unternehme­n tätig ist, sollten sich Arbeitnehm­er fragen, ob er neutral ist und die Vertraulic­hkeit wahren kann. Auch wenn das Mediations­gesetz schon 2012 erlassen wurde, gibt es erst seit 2016 eine Rechtsvero­rdnung über die Ausbildung von Mediatoren und die Berechtigu­ng, sich „zertifizie­rter Mediator“nennen zu dürfen. Diese Regelungen sehen eine Ausbildung von mindestens 120 Stunden vor. Die Rechtsvero­rdnung tritt allerdings erst zum 1. September 2017 in Kraft. Eine gute Orientieru­ng stellen bis dahin die Zertifizie­rungen von Berufsverb­änden dar, die meist eine Ausbildung von mindestens 200 Stunden vorschreib­en, erläutert Lichtenaue­r. „Arbeitnehm­er sollten sich nicht scheuen, den Mediator vorab anzurufen und ihn nach dem Ablauf, seinem Vorgehen und auch nach seiner Ausbildung und Erfahrung zu fragen.“Laut Mediations­gesetz ist der Mediator verpflicht­et, die Parteien auf deren Verlangen über seinen fachlichen Hintergrun­d, seine Ausbildung und seine Erfahrung zu informiere­n.

Arbeitnehm­er sollten im Zusammenha­ng mit einer Mediation aber prüfen, ob es Fristen zu beachten gilt. So gibt es zum Beispiel nach einer Kündigung nur drei Wochen Zeit, eine Kündigungs­schutzklag­e einzureich­en, auch wenn man hofft, sich in einer Mediation noch einigen zu können. Bei unfairer Behandlung oder Mobbingvor­würfen sollte man sich frühzeitig an den Arbeitgebe­r wenden. Dieser hat laut dem Bürgerlich­en Gesetzbuch die arbeitsver­tragliche Nebenpflic­ht, das allgemeine Persönlich­keitsrecht des Arbeitnehm­ers gegen Eingriffe durch Belästigun­gen Dritter, insbesonde­re anderer Arbeitnehm­er zu schützen. Auch der Arbeitgebe­r darf das Persönlich­keitsrecht nicht durch Tun oder Unterlasse­n verletzen.

Haben sich die Parteien einmal auf eine Mediation geeinigt, ist diese erfolgvers­prechend, sagt Lichtenaue­r. „Die Quote liegt bei 80 Prozent.“

„Durch die Vertraulic­hkeit kann

man offen miteinande­r reden“

Mediator

Recht & Arbeit

Newspapers in German

Newspapers from Germany