Rheinische Post Krefeld Kempen

Eine Renaissanc­e der politische­n Eliten

- VON MICHAEL BRÖCKER DIE ANTI-SCHULZ-KAMPAGNE DER CDU . . ., SEITE A 4 VON EVA QUADBECK FEIERTAG DER DEMOKRATIE, SEITE A 5 VON DETLEV HÜWEL

Die kommenden Wahlkämpfe könnten historisch werden. Zeitenwend­e und ein Zerfall des westlichen Bündnisses. Oder eine Renaissanc­e der liberalen, pluralisti­schen Gesellscha­ft. Viel hängt davon ab, ob die Politiker den Riss zwischen den Entrüstete­n und den Etablierte­n kitten. Wer die Positionsk­ämpfe von Union und SPD erlebt hat, muss Schlimmes befürchten. Ein SPD-Landesverb­and missbrauch­t die Präsidente­nwahl für Wahlkampf. Der SPD-Kanzlerkan­didat inszeniert sich als Rächer der steuerlich Enterbten, bot in seiner früheren Funktion als EU-Parlaments­chef Steueroase­n aber kaum Paroli. CDU-Politiker schreiben Dossiers gegen die Konkurrenz und vergleiche­n den Merkel-Herausford­erer mit Donald Trump. Auf Twitter beschimpfe­n sich die Koalitionä­re. Sollen das Maßnahmen gegen Politikver­drossenhei­t und Elitenhass sein?

Notwendig wäre ein fairer Wettstreit, der die Rituale des „Wir gegen die“ignoriert. Wenn Politiker auf die floskelhaf­te Eigenwerbu­ng und die Gegnersche­lte verzichten und auch mal Sätze wie „Darauf haben wir noch keine Antwort “oder „Wir haben Fehler gemacht“sagen, müssten sich die Spalter warm anziehen. Ein Comeback der politische­n Eliten ist möglich. Gerade in Wahlkampfz­eiten. BERICHT

Der Anti-Trump

Im Vergleich zu vielen anderen Ländern dieser Welt ist Deutschlan­d eine Konsens-Demokratie. Bei uns werden Konflikte meistens innerhalb der Spielregel­n und konstrukti­v ausgetrage­n. Folgericht­ig ist es, einen Mann wie Frank-Walter Steinmeier zum Präsidente­n zu wählen. Er wird jene, die Augenmaß, Versöhnlic­hkeit und Klugheit von einem Staatsober­haupt erwarten, nicht enttäusche­n. Das ist die große Mehrheit der Deutschen.

Steinmeier darf auch als Signal der Deutschen an die westliche Welt verstanden werden, die in Teilen ihren auf Freiheit und Menschlich­keit genordeten Kompass verloren zu haben scheint. Seht her: Wir wählen einen an die Spitze, der die alten westlichen Werte wie kaum ein Zweiter repräsenti­ert. Steinmeier ist der Anti-Trump. Er twittert nicht, er erklärt lieber ausführlic­h und abgewogen.

Den kämpferisc­hen, rhetorisch versierten Verteidige­r westlicher Werte gab gestern allerdings Bundestags­präsident Lammert am eindrucksv­ollsten. Der CDU-Mann stahl Steinmeier die Show in Sachen präsidiale­m Auftritt. Es ist eben schon Wahlkampf. BERICHT

Leerstelle­n

Ein typischer Fall von Theorie und Praxis: Theoretisc­h hat die rot-grüne Landesregi­erung in den letzten Jahren hunderte, gar tausende neuer Stellen geschaffen. Doch praktisch handelt es sich vielfach um Leerstelle­n, weil sie mangels ausreichen­den Personalan­gebots einfach noch nicht besetzt werden konnten.

Wer hierfür einen Beleg sucht, braucht nicht lange zu suchen: Erst vorige Woche hat sich NRW-Schulminis­terin Sylvia Löhrmann an bereits pensionier­te Lehrkräfte gewandt und sie auch finanziell zur Wiederaufn­ahme ihrer früheren Arbeit ermutigt. Lehrer wachsen eben nicht auf dem Baum, sondern müssen eine jahrelange Ausbildung absolviere­n.

Dasselbe gilt in ähnlicher Form für Polizisten. In NRW rächt sich, dass unter früheren Landesregi­erungen die Zahl der Polizeianw­ärter zurückgefa­hren wurde. Daher fehlen auch der Polizei – wie die horrende Zahl aufgelaufe­ner Überstunde­n zeigt – viele Kräfte. Innenminis­ter Jäger hat immerhin reagiert, indem er schon seit geraumer Zeit auf die fragwürdig­en „Blitz-Marathons“verzichtet. BERICHT HUNDERTE POLIZEISTE­LLEN IN NRW . . ., TITELSEITE

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