Rheinische Post Krefeld Kempen
Eine Renaissance der politischen Eliten
Die kommenden Wahlkämpfe könnten historisch werden. Zeitenwende und ein Zerfall des westlichen Bündnisses. Oder eine Renaissance der liberalen, pluralistischen Gesellschaft. Viel hängt davon ab, ob die Politiker den Riss zwischen den Entrüsteten und den Etablierten kitten. Wer die Positionskämpfe von Union und SPD erlebt hat, muss Schlimmes befürchten. Ein SPD-Landesverband missbraucht die Präsidentenwahl für Wahlkampf. Der SPD-Kanzlerkandidat inszeniert sich als Rächer der steuerlich Enterbten, bot in seiner früheren Funktion als EU-Parlamentschef Steueroasen aber kaum Paroli. CDU-Politiker schreiben Dossiers gegen die Konkurrenz und vergleichen den Merkel-Herausforderer mit Donald Trump. Auf Twitter beschimpfen sich die Koalitionäre. Sollen das Maßnahmen gegen Politikverdrossenheit und Elitenhass sein?
Notwendig wäre ein fairer Wettstreit, der die Rituale des „Wir gegen die“ignoriert. Wenn Politiker auf die floskelhafte Eigenwerbung und die Gegnerschelte verzichten und auch mal Sätze wie „Darauf haben wir noch keine Antwort “oder „Wir haben Fehler gemacht“sagen, müssten sich die Spalter warm anziehen. Ein Comeback der politischen Eliten ist möglich. Gerade in Wahlkampfzeiten. BERICHT
Der Anti-Trump
Im Vergleich zu vielen anderen Ländern dieser Welt ist Deutschland eine Konsens-Demokratie. Bei uns werden Konflikte meistens innerhalb der Spielregeln und konstruktiv ausgetragen. Folgerichtig ist es, einen Mann wie Frank-Walter Steinmeier zum Präsidenten zu wählen. Er wird jene, die Augenmaß, Versöhnlichkeit und Klugheit von einem Staatsoberhaupt erwarten, nicht enttäuschen. Das ist die große Mehrheit der Deutschen.
Steinmeier darf auch als Signal der Deutschen an die westliche Welt verstanden werden, die in Teilen ihren auf Freiheit und Menschlichkeit genordeten Kompass verloren zu haben scheint. Seht her: Wir wählen einen an die Spitze, der die alten westlichen Werte wie kaum ein Zweiter repräsentiert. Steinmeier ist der Anti-Trump. Er twittert nicht, er erklärt lieber ausführlich und abgewogen.
Den kämpferischen, rhetorisch versierten Verteidiger westlicher Werte gab gestern allerdings Bundestagspräsident Lammert am eindrucksvollsten. Der CDU-Mann stahl Steinmeier die Show in Sachen präsidialem Auftritt. Es ist eben schon Wahlkampf. BERICHT
Leerstellen
Ein typischer Fall von Theorie und Praxis: Theoretisch hat die rot-grüne Landesregierung in den letzten Jahren hunderte, gar tausende neuer Stellen geschaffen. Doch praktisch handelt es sich vielfach um Leerstellen, weil sie mangels ausreichenden Personalangebots einfach noch nicht besetzt werden konnten.
Wer hierfür einen Beleg sucht, braucht nicht lange zu suchen: Erst vorige Woche hat sich NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann an bereits pensionierte Lehrkräfte gewandt und sie auch finanziell zur Wiederaufnahme ihrer früheren Arbeit ermutigt. Lehrer wachsen eben nicht auf dem Baum, sondern müssen eine jahrelange Ausbildung absolvieren.
Dasselbe gilt in ähnlicher Form für Polizisten. In NRW rächt sich, dass unter früheren Landesregierungen die Zahl der Polizeianwärter zurückgefahren wurde. Daher fehlen auch der Polizei – wie die horrende Zahl aufgelaufener Überstunden zeigt – viele Kräfte. Innenminister Jäger hat immerhin reagiert, indem er schon seit geraumer Zeit auf die fragwürdigen „Blitz-Marathons“verzichtet. BERICHT HUNDERTE POLIZEISTELLEN IN NRW . . ., TITELSEITE