Rheinische Post Krefeld Kempen
Konzerne schaffen Einzelboni ab
Zermürbt vom jährlichen Streit um Prämien spielt bei Eon, Bosch oder Daimler die Einzelleistung keine Rolle mehr beim Bonus der Führungskräfte. Die Telekom zieht nach. Bei Bayer und Vodafone wird das aber anders gesehen.
DÜSSELDORF Für Telekom-Chef Tim Höttges gibt es zwei Grundwahrheiten: Der Konzern muss schneller werden. Erfolgreichster Ableger ist T-Mobile USA – von ihm muss also gelernt werden.
Nach diesem Motto greift Höttges nun eine Entwicklung auf: Der Konzern wird sich noch dieses Jahr ganz oder weitgehend davon verabschieden, Führungskräften ihre Boni nach einzelner Leistung zu bezahlen. Dies berichten Insider. Stattdessen sollen Prämien fast ganz von Erfolgen des Teams und des Unternehmens abhängen – so wie bisher schon bei T-Mobile USA.
Die Bonner liegen mit ihrer Entscheidung im Trend. So führt Eon für dieses Geschäftsjahr die Regel ein, dass Boni von Führungskräften nicht mehr von deren individueller Performance abhängen, sondern vom Unternehmensgewinn und der Zufriedenheit der Kunden. Das erfuhr unsere Redaktion aus informierten Kreisen. Als Vorbild wird Bosch genannt: Der Autozulieferer hatte schon 2016 die Belohnung von Einzelleistungen bei der jährlichen Prämie gestrichen. Stattdessen zählt nun, was eine Sparte und das Unternehmen erreichen. Und auch bei Daimler und der Bahn heißt es neuerdings: Der Einzelne ist wenig, das Kollektiv zählt viel.
Dabei kommen mehrere Gründe für den neuen Kurs zusammen. „In modernen Firmen ist Teamwork immer wichtiger, das muss sich beim Gehaltssystem widerspiegeln“, sagt Maik Lehmann, Partner der Kölner Personalberatung IfP. „Die Leute wollen wertgeschätzt werden und für den gemeinsamen Erfolg arbeiten“, ergänzt Ulrich Goldmann, Vorsitzender des Verbandes der Führungskräfte (VdF), „und da ist es regelrecht eine Beleidigung zu glauben, dass Manager nur dank eines Bonus Bestleistung bringen.“Hinzu kommt ein pragmatisches Argument, so DaimlerPersonalvorstand Wilfried Porth: „Wir wollen einfach nicht mehr die oft langen Diskussionen führen, ob jemand nun 100, 110 oder 115 Prozent der Zielvorgabe erreicht hat.“
Bei einer Befragung einiger Konzerne in NRW zeigt sich, wie wichtig Gruppenergebnisse geworden sind, auch wenn keineswegs alle Firmen individuelle Boni streichen und es manchmal auch kurzfristige Prämien für unerwarteten Erfolg gibt.
Ganz sicher halten zwar RWE, Vodafone Deutschland und Bayer an der Bewertung einzelner Leistungen fest, um Boni auszurechnen. Doch selbst bei Bayer hält sich die Bedeutung der Einzelleistung in Grenzen: So würde sie neben Konzerngewinn und Spartenergebnis nur zu einem Drittel den Bonus beeinflussen, heißt es. Dazu bekennen sich die Leverkusener aber ausdrücklich: „Diese Komponente ist Anspruch der anspruchsvollen Leistungskultur bei Bayer.“
Bei ThyssenKrupp heißt es zu den 2000 betroffenen Führungskräften, ihr Belohnungssystem werde „evolutionär“angepasst. Das System sei „flexibel genug“, um eine „Kollektivierung“der Ziele abzubilden. Im Klartext: Gruppenergebnisse werden wichtiger. Bei Metro gibt es zwar auch Einzelboni, aber soziale Faktoren spielen eine große Rolle. Die Post berücksichtigt bei ihren Zahlungen auch stark die Zufriedenheit der Kunden – häufig spielt die Einzelbewertung keine Rolle, im Vertrieb allerdings weiter stark.
Vorreiter der Bewegung gegen Einzelboni sind neben High-TechFirmen wie SAP die von den Anthroposophen beeinflussten Firmen DM, GLS-Bank sowie Alnatura. Deren alternative Einstellung mache es aber nicht schwer, gute Manager anzuwerben, sagt Berater Lehmann: „Das sind sehr beliebte Arbeitgeber, mit denen sich viele Beschäftigte stark identifizieren.“