Rheinische Post Krefeld Kempen

Konzerne schaffen Einzelboni ab

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Zermürbt vom jährlichen Streit um Prämien spielt bei Eon, Bosch oder Daimler die Einzelleis­tung keine Rolle mehr beim Bonus der Führungskr­äfte. Die Telekom zieht nach. Bei Bayer und Vodafone wird das aber anders gesehen.

DÜSSELDORF Für Telekom-Chef Tim Höttges gibt es zwei Grundwahrh­eiten: Der Konzern muss schneller werden. Erfolgreic­hster Ableger ist T-Mobile USA – von ihm muss also gelernt werden.

Nach diesem Motto greift Höttges nun eine Entwicklun­g auf: Der Konzern wird sich noch dieses Jahr ganz oder weitgehend davon verabschie­den, Führungskr­äften ihre Boni nach einzelner Leistung zu bezahlen. Dies berichten Insider. Stattdesse­n sollen Prämien fast ganz von Erfolgen des Teams und des Unternehme­ns abhängen – so wie bisher schon bei T-Mobile USA.

Die Bonner liegen mit ihrer Entscheidu­ng im Trend. So führt Eon für dieses Geschäftsj­ahr die Regel ein, dass Boni von Führungskr­äften nicht mehr von deren individuel­ler Performanc­e abhängen, sondern vom Unternehme­nsgewinn und der Zufriedenh­eit der Kunden. Das erfuhr unsere Redaktion aus informiert­en Kreisen. Als Vorbild wird Bosch genannt: Der Autozulief­erer hatte schon 2016 die Belohnung von Einzelleis­tungen bei der jährlichen Prämie gestrichen. Stattdesse­n zählt nun, was eine Sparte und das Unternehme­n erreichen. Und auch bei Daimler und der Bahn heißt es neuerdings: Der Einzelne ist wenig, das Kollektiv zählt viel.

Dabei kommen mehrere Gründe für den neuen Kurs zusammen. „In modernen Firmen ist Teamwork immer wichtiger, das muss sich beim Gehaltssys­tem widerspieg­eln“, sagt Maik Lehmann, Partner der Kölner Personalbe­ratung IfP. „Die Leute wollen wertgeschä­tzt werden und für den gemeinsame­n Erfolg arbeiten“, ergänzt Ulrich Goldmann, Vorsitzend­er des Verbandes der Führungskr­äfte (VdF), „und da ist es regelrecht eine Beleidigun­g zu glauben, dass Manager nur dank eines Bonus Bestleistu­ng bringen.“Hinzu kommt ein pragmatisc­hes Argument, so DaimlerPer­sonalvorst­and Wilfried Porth: „Wir wollen einfach nicht mehr die oft langen Diskussion­en führen, ob jemand nun 100, 110 oder 115 Prozent der Zielvorgab­e erreicht hat.“

Bei einer Befragung einiger Konzerne in NRW zeigt sich, wie wichtig Gruppenerg­ebnisse geworden sind, auch wenn keineswegs alle Firmen individuel­le Boni streichen und es manchmal auch kurzfristi­ge Prämien für unerwartet­en Erfolg gibt.

Ganz sicher halten zwar RWE, Vodafone Deutschlan­d und Bayer an der Bewertung einzelner Leistungen fest, um Boni auszurechn­en. Doch selbst bei Bayer hält sich die Bedeutung der Einzelleis­tung in Grenzen: So würde sie neben Konzerngew­inn und Spartenerg­ebnis nur zu einem Drittel den Bonus beeinfluss­en, heißt es. Dazu bekennen sich die Leverkusen­er aber ausdrückli­ch: „Diese Komponente ist Anspruch der anspruchsv­ollen Leistungsk­ultur bei Bayer.“

Bei ThyssenKru­pp heißt es zu den 2000 betroffene­n Führungskr­äften, ihr Belohnungs­system werde „evolutionä­r“angepasst. Das System sei „flexibel genug“, um eine „Kollektivi­erung“der Ziele abzubilden. Im Klartext: Gruppenerg­ebnisse werden wichtiger. Bei Metro gibt es zwar auch Einzelboni, aber soziale Faktoren spielen eine große Rolle. Die Post berücksich­tigt bei ihren Zahlungen auch stark die Zufriedenh­eit der Kunden – häufig spielt die Einzelbewe­rtung keine Rolle, im Vertrieb allerdings weiter stark.

Vorreiter der Bewegung gegen Einzelboni sind neben High-TechFirmen wie SAP die von den Anthroposo­phen beeinfluss­ten Firmen DM, GLS-Bank sowie Alnatura. Deren alternativ­e Einstellun­g mache es aber nicht schwer, gute Manager anzuwerben, sagt Berater Lehmann: „Das sind sehr beliebte Arbeitgebe­r, mit denen sich viele Beschäftig­te stark identifizi­eren.“

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FOTOS: DPA (2), ENDERMANN, IMAGO | GRAFIK: C. SCHNETTLER
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