Rheinische Post Krefeld Kempen

Tui muss Streikopfe­r entschädig­en

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Wegen massenhaft­er Krankmeldu­ngen fielen Flüge aus – Tui muss zahlen.

HANNOVER Der Reisekonze­rn Tui hat im Streit um Entschädig­ungen für Dutzende im Herbst ausgefalle­ne Flüge eine Niederlage erlitten. Das Amtsgerich­t Hannover entschied gestern in zwei Fällen, dass der Konzernabl­eger Tuifly den Kunden Entschädig­ungen zahlen muss, weil die Passagiere ihren Flug nicht antreten konnten. So erhielt ein Rentnerehe­paar aus Bergisch Gladbach Anspruch auf 800 Euro Entschädig­ung, weil es fast vier Stunden später als geplant auf Kos landete. Tui muss für sie auch die Kosten des Rechtsstre­its übernehmen. Die Kosten des Tickets wurden ohnehin erstattet.

Eine fünfköpfig­e Familie aus Celle bekommt statt der geforderte­n 4000 Euro von Tuifly aber nur 2000 Euro, weil ihre Reise ganz storniert wurde. Darum konnten die Kläger sich nur beschränkt auf die EUFluggast­rechtevero­rdnung berufen.

Der entscheide­nde Streitpunk­t ist, ob Tuifly richtig damit lag, es als wilden Streik einzustufe­n, als sich gleichzeit­ig Dutzende Flugbeglei­ter spontan krank meldeten. Diese hatten zuvor erfahren, dass ihr Unternehme­n mit Teilen von Air Berlin fusioniere­n soll. Nachdem sich Vorstand und Betriebsra­t auf Gespräche geeinigt hatten, war die Welle der Krankmeldu­ngen innerhalb kurzer Zeit wieder zu Ende.

Trotz des scheinbar klaren Sachverhal­tes meinte Amtsrichte­rin Catharina Erps, es sei nicht bewiesen, dass die Mitarbeite­r einen wilden Streik gewagt hatten – die Gewerkscha­ft hatte von vielen Einzelfäll­en gesprochen. Bei zwei ähnlich gelagerten Verfahren vor dem Amtsgerich­t hatte Tui gewonnen. Es steht also unentschie­den.

Tui hält es nun für sinnvoll, bei einer Reihe von Verfahren auszuteste­n, wie die Gerichte urteilen: „Wir wollen ein Gefühl dafür bekommen, wie die Amtsrichte­r den Sachverhal­t in Summe bewerten“, heißt es. Man habe bei einer Reihe der bereits 30 verhandelt­en Fälle das Gefühl bekommen, dass die Richter den Argumenten von Tui folgten.

Die Prozessgeg­ner gehen davon aus, dass sich der Streit am Ende über mehrere Instanzen ziehen wird.

Insgesamt haben nach Branchenin­formatione­n mehr als 1000 Personen oder Familien gegen Tuifly geklagt. 3000 Reisevertr­äge hatte das Unternehme­n wegen der ausgefalle­nen Flüge gekündigt, häufig hatte es aber auch Ersatztick­ets oder Gutscheine für die Bahn gegeben.

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FOTO: DPA Tui-Chef Fritz Joussen will nun weitere Urteile abwarten

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