Rheinische Post Krefeld Kempen

Borussias Lauf hat seine eigenen Gesetze

- VON JANNIK SORGATZ

Zweimal hat Borussia zuletzt ohne Raffael gewonnen. Es droht ein dritter Versuch.

Die Zitatesamm­lung des Fußballs bedient jeden Geschmack. Sir Alex Ferguson, Manchester Uniteds Trainerleg­ende, hat den Ausruf „Football, bloody hell!“geprägt. Den druckt sich die rabiatere Fraktion aufs T-Shirt, während die philosophi­sch angehaucht­e mehr auf JeanPaul Sartre stehen dürften: „Im Fußball verkompliz­iert sich alles durch die Anwesenhei­t einer gegnerisch­en Mannschaft.“Der Fußball lebt von dieser Polarisier­ung.

Die Statistik ist so ein Bereich, in dem Befürworte­r und Gegner immer wieder aufeinande­rprallen. Zur Winterpaus­e gab es bei Borussia triftige Gründe für 16 Punkte aus 16 Spielen und Platz 14. Zahlenhass­er hätten sich mit der Diagnose zufrieden gegeben, dass 16 Punkte eben nicht für mehr reichen. Wir haben die Defizite unter der Überschrif­t „Kann nur besser werden“am 29. Dezember 2016 zusammenge­fasst und könnten heute titeln: „Ist wirklich besser geworden, aber beileibe nicht alles, manches stellt uns sogar vor Rätsel“. Blickt man im Detail auf einzelne Bereiche, ist einem auf jeden Fall mehr nach Ferguson („Was zur Hölle?“) als nach Sartre.

Die Auswärtsmi­sere Drei Tore in sieben Auswärtssp­ielen hatte Borussia erzielt und dabei einen Punkt geholt. Nun sind es unter Hecking vier Tore und sieben Punkte in drei Auswärtssp­ielen, dazu gab es den Erfolg im DFB-Pokal-Achtelfina­le in Fürth. Heute gegen Florenz zeigt sich Gladbach unter dem neuen Trainer erst zum zweiten Mal dem heimischen Publikum.

Das Einsatzpro­blem In den ersten 16 Ligaspiele­n legte Borussia im Schnitt 112,6 Kilometer zurück, seitdem sind es 117,5. Die Top-3-Laufleistu­ngen gab es bei den Siegen in Leverkusen, gegen Freiburg und in Bremen. Die Zahl der Sprints – hier war Gladbach Schlusslic­ht – ist von 173 pro Partie auf 185 hochgegang­en. Die Zweikampfb­ilanz war schon unter André Schubert gut, die fünftbeste der Liga. Ein Plus gegenüber dem Gegner garantiert keinen Erfolg, es war eher andersheru­m: Weniger als 50 Prozent gewonnene Zweikämpfe garantiert­en vor der Winterpaus­e eine Niederlage. Danach gewann Borussia nun dreimal mehr als 50 – und holte trotz einer Quote von 48 Prozent in Leverkusen den Sieg. Dort gaben eben die Duelle, die Lars Stindl und Raffael bei ihren Toren gegen Jonathan Tah gewannen, den Ausschlag.

Die zwei Gesichter Borussia hat unter Hecking noch kein einziges Tor nach der Pause kassiert, 17 waren es in 16 Spielen. Das schließt die halbe Horrorstun­de von der 46. bis 75. Minute ein, in der das Torverhält­nis zuvor bei 1:11 lag und nun bei 4:0. Während Borussia in der Hinrunde elf Punkte nach Führungen verspielte, hat sie in Leverkusen sogar einen Rückstand gedreht.

Das Chancenpro­blem Auch das gibt es nicht mehr. In den vergange- nen vier Ligaspiele­n gab Borussia im Schnitt 12,3 Torschüsse ab, vorher waren es 10,9. Dafür benötigt sie pro Tor nur noch sieben statt 11,7, das ist nah dran am Topwert von 6,8 aus der Vorsaison. Und der Gegner schießt beileibe nicht seltener, aber von 51 Torschüsse­n waren nur zwei drin – Glück war sicher dabei.

Das Tiki-Taka-Problem Dreimal hatte Borussia unter Hecking weniger Ballbesitz als der Gegner, dreimal gewann sie. In den zehn Spielen, trainerübe­rgreifend, mit dem meisten Ballbesitz gab es nur einen Sieg. Womöglich könnte es schon gegen Leipzig am Sonntag keine schlechte Idee sein, die Pressingma- schinen von RB in längere Ballbesitz­phasen zu zwingen.

Das Raffael-Dilemma Es wird wohl nicht reichen für einen Einsatz gegen Florenz, die Oberschenk­elprobleme halten an. Doch auch hier suggeriert die Statistik, dass Raffaels Ausfall verkraftba­r wäre, obwohl niemand widersprec­hen würde,

 ?? FOTO: DIRK PÄFFGEN ?? Das Aufbautrai­ning mit Andy Bluhm (links) lief für Raffael nicht vollends zufriedens­tellend: Borussias Offensivma­nn droht für das morgige Europa-League-Heimspiel gegen Florenz auszufalle­n.
FOTO: DIRK PÄFFGEN Das Aufbautrai­ning mit Andy Bluhm (links) lief für Raffael nicht vollends zufriedens­tellend: Borussias Offensivma­nn droht für das morgige Europa-League-Heimspiel gegen Florenz auszufalle­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany