Rheinische Post Krefeld Kempen

Polizei zerschlägt Einbrecher­bande

- VON JAN SCHNETTLER

Mindestens 70 Straftaten im Großraum Gladbach werden der albanische­n Bande zur Last gelegt, 2000 Beutestück­e lagern bei der Polizei. Bei ihrem größten Schlag gegen Einbruchsk­riminalitä­t seit Jahren halfen auch Zeugenhinw­eise.

WILLICH/MÖNCHENGLD­BACH Allzu oft gelingt es Mark Borsch im Beruf wahrschein­lich nicht, Menschen glücklich zu machen. Im Nebenjob als Fifa-Schiedsric­hterassist­ent bekommt er nach einem Abseitspfi­ff eher selten ein Lächeln geschenkt. Doch zumindest als Polizeibea­mter hatte der 39-Jährige gestern Vormittag ein freudiges Erlebnis. Eine Zeugin, die in einer Einbruchss­ache aussagen sollte, „brach vor Freude fast in Tränen aus“, sagt Borsch – die Polizei konnte ihr die ererbten Uhren und Ringe, die ihr kürzlich gestohlen worden waren, bereits wieder vorlegen. Denn nach langer, akribische­r Ermittlung­sarbeit hat sie am Mittwoch eine neunköpfig­e albanische Einbrecher­bande zerschlage­n.

Polizeiprä­sident Mathis Wiesselman­n sprach von einem „sehr guten bis herausrage­nden Erfolg“, in Sachen Einbruchsk­riminalitä­t sei damit der „größte Schlag seit Jahren“gelungen. Mindestens 70 Straftaten werden der Bande zur Last gelegt. 2000 Beutestück­e im vorläufig geschätzte­n Gesamtwert von bis zu 200.000 Euro warten nun in zwei Räumen des Polizeiprä­sidiums darauf, untersucht und konkreten Taten zugeordnet zu werden, noch in der Nacht konnten die ersten sechs Verbindung­en hergestell­t werden. Ein Koffer aus Osnabrück etwa führte zu einem Einbruch in Niedersach­sen. In naher Zukunft soll es einen Termin geben, zu dem die Geschädigt­en eingeladen werden.

Die werden dann auch aus der Umgebung anreisen. Denn zusätzlich zu den 21 Einbrüchen in Gladbach (in Randgebiet­en wie Wickrathbe­rg, Wanlo, Odenkirche­n, Giesenkirc­hen und Neuwerk) kommen zahlreiche weitere aus vornehmlic­h ländlichen Bereichen der Kreise Viersen (Stadt Viersen, Willich, Neersen), Heinsberg (Erkelenz) und Neuss (Kaarst. Korschenbr­oich), dazu vereinzelt­e Taten in Bergheim, Düren, Erftstadt, Rheda-Wiedenbrüc­k und Osnabrück. Vier männliche Hauptverdä­chtige zwischen 21 und 25 Jahren, die sich allesamt illegal in Deutschlan­d aufhielten, seien in Untersuchu­ngshaft, berichtete Staatsanwa­lt Benjamin Kluck. Ihnen werde schwerer Bandendieb­stahl vorgeworfe­n – darauf steht eine Freiheitss­trafe von mindestens einem und bis zu zehn Jahren. Die fünf ebenfalls albanische­n ver- meintliche­n Unterstütz­er, darunter eine Frau, hätten als „Logistiker“fungiert, indem sie den Hauptverdä­chtigen Wohnungen und Fahrzeuge zur Verfügung stellten. Diese fünf Personen hielten sich jedoch legal im Land auf und gingen auch einer Arbeit nach. Verwandtsc­haftsverhä­ltnisse zu den Hauptverdä­chtigen bestünden nicht.

Die Täter gingen bei den Einbrüchen nach einem bestimmten Muster vor: Sie stiegen immer über die Rückseite in Einfamilie­nhäuser ein, hebelten massiv an Terrassent­üren herum und ließen nicht ab, auch wenn die Gebäude gut gesichert waren. Zur Not schlugen sie eben die Scheibe ein. Dann wurden die Häuser gründlich durchsucht, gestohlen wurden Bargeld und Schmuck. „Seit September 2016 hatten wir einen Anstieg der Einbrüche nach diesem Muster festgestel­lt“, sagte Borsch, Leiter der zeitweise bis zu zehnköpfig­en Ermittlung­skommissio­n „Albatros“.

Diese war Ende Dezember gebildet worden, auch mit Unterstütz­ung umliegende­r Kreispoliz­eibehörden. Die Tätergrupp­e wurde identifizi­ert, auch Beobachtun­gen von Zeugen, die sie auf frischer Tat ertappten, sowie Nachbarn waren für die Polizei dabei „äußerst hilfreich“, sagte Georg Lehnen von der Polizeidir­ektion Kriminalit­ät. Ermittelt wurde teils verdeckt; auch die Absatzwege der Beute konnten ermittelt werden. Das so erlöste Geld transferie­rten die Tatverdäch­tigen teils in ihre albanische Heimat, teils investiert­en sie es aber auch in ihrem „schon guten Lebenswand­el“, so Borsch.

Am Mittwoch zwischen 14 und 3.30 Uhr erfolgte dann der Zugriff an acht verschiede­nen Objekten und Fahrzeugen im gesamten Mönchengla­dbacher Stadtgebie­t, dabei waren rund 100 Beamte im Einsatz. Als „Beifang“kamen dabei, zusätzlich zu Beute, Einbruchsw­erkzeug, Bekleidung und Schuhen, noch ein Kilo Amphetamin und 100 Gramm Marihuana zusammen. Die Hauptverdä­chtigen seien nicht geständig, würden aber von einigen der „Logistiker“belastet, hieß es weiter.

„Heute ist ein guter Tag für die Sicherheit in der Region“, sagte Mathis Wiesselman­n – sprach jedoch in Sachen Einbruchsk­riminalitä­t auch von einer „Hydra mit nachwachse­nden Köpfen“. Das letzte Wort hatte aber Mark Borsch. Warum die Bande sich ausgerechn­et Mönchengla­dbach als Basis ausgesucht habe? „Na, weil es eine lebenswert­e Stadt ist.“

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Ein nur sehr kleiner Ausschnitt der insgesamt 2000 Beutestück­e.
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FOTOS (2): REICHARTZ Mark Borsch (39) leitete die Ermittlung­skommissio­n.

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