Rheinische Post Krefeld Kempen

Wie „Moonlight“alle Düsternis vermeidet

- VON CHRISTIAN FAHRENBACH

Land“trotz des verpfuscht­en Finales rechnerisc­h der Gewinner des Abends. Der Film, der das MusicalGen­re mit gekonnter Leichtigke­it neu beschwingt, war in 14 Kategorien nominiert, bekam am Ende sechs Oscars, darunter in wichtigen Kategorien wie Regie, Musik, Kamera und beste Hauptdarst­ellerin: charmant nahm Emma Stone ihre Trophäe entgegen. Bester Hauptdarst­eller wird Casey Affleck für sein bewegend-verschloss­enes Spiel in „Manchester by the Sea“. Doch vor allem hat die Academy afroamerik­anische Themen und Darsteller bedacht. Nachdem im vergangene­n Jahr heftig über die zu „weiße Auswahl“des Gremiums diskutiert wurde, bekam die Academy 700 neue Mitglieder mit diversem kulturelle­n Hintergrun­d. Das scheint Wirkung zu zeigen. Eine Doku über den Mordprozes­s gegen O.J. Simpson zählt zu den Siegern. Das wuchtige Drama „Moonlight“, in dem keine einzige Rolle von Weißen gespielt wird, wurde nicht nur bester Film, es gab auch Oscars für Mahershala Ali als Nebendarst­eller und für das beste adaptierte Drehbuch. So war das afroamerik­anische Hollywood in dieser Gala-Nacht stark vertreten. Kein lautes Signal, aber ein sichtbares. LOS ANGELES (dpa) Die Geschichte von Barry Jenkins ist eine der ungewöhnli­chsten in dieser OscarNacht: Ein 37-jähriger Afroamerik­aner gewinnt mit seinem zweiten Film die Herzen Hollywoods, weil er mit schmalem Budget tolle Bilder für eine poetische Geschichte über die Einsamkeit findet.

„Moonlight“, mit dem Oscar in der Königskate­gorie Bester Film ausgezeich­net, erzählt in mehreren Etappen vom Heranwachs­en eines schwulen Schwarzen in der Drogenszen­e Miamis. Die Mutter ist alkoholkra­nk, und lange ist niemand in Sicht, dem sich dieser Chiron anvertraue­n kann. Obwohl sich das schwermüti­g liest, fühlt sich der Film dank exzellente­r Schauspiel­er und einer poetischen Grundstimm­ung in tollen Cinemascop­e-Bildern nie düster an.

Der 37-jährige Jenkins erzählte im Interview des „Hollywood Reporter“, dass er selbst nie an der Geschichte gezweifelt habe – dafür sei sie zu eng mit seiner eigenen Jugend verknüpft. „Es war wie eine extrem anstrengen­de Therapie. Für mich ist das nicht nur ein Film gewesen.“Jenkins’ Mutter, die ihre Alkoholsuc­ht inzwischen im Griff hat, wollte den Film aus Angst vor dessen emotionale­r Wucht nicht sehen. Sie hatte ihren Sohn im Liberty Square Viertel in Miami großgezoge­n, Ende der 30er Jahre eines der ersten sozialen Wohnungsba­uprojekte für Schwarze im Süden der USA.

Auch der Autor Tarell Alvin McCraney wuchs dort auf. Er begann im Jahr 2003 nach dem Tod seiner Mutter, ein Drehbuch über seine Kindheit zu schreiben. Mit McCraneys Erlaubnis für das Drehbuch fuhr Jenkins für die erste Version nach Brüssel – der Rest ist nun Hollywood-Geschichte, denn auch für das Drehbuch wurden beide mit einem Oscar belohnt. Warum aber Belgien? Auch das beantworte­te Jenkins: „Meine Freunde haben mir gesagt, dass Brüssel im Sommer der langweilig­ste Ort in Europa sei und ich dort keinerlei Ablenkung hätte.“

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FOTOS: AFP. IMAGO | MONTAGE: RP Großes Durcheinan­der: „Moonlight“siegt über „La La Land“; Warren Beatty zeigt – im zweiten Versuch – zum Beweis das Urteil der Jury.

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