Rheinische Post Krefeld Kempen
Gefühltes Programm
BERLIN Der designierte SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz führt bisher einen Wahlkampf, der vor allem das Bauchgefühl der Menschen ansprechen soll: mehr soziale Gerechtigkeit, mehr Anerkennung der „arbeitenden Mitte“, weniger Hass und Hetze. Wie das Bundesprogramm konkret aussehen soll, lässt sich zumindest an einzelnen Punkten bereits absehen. Arbeitsmarkt Bei der Gestaltung des Arbeitsmarktes haben die Sozialdemokraten schon die meisten Pflöcke eingeschlagen. Die für viele überraschende Botschaft: Wir wollen weitere Teile der als ungerecht empfundenen Arbeitsmarktreformen der Agenda 2010 korrigieren. Kanzlerkandidat Martin Schulz kündigte dafür an, das Arbeitslosengeld I zu verlängern, die Möglichkeit befristeter Arbeitsverträge einzuschränken und – gegen den Widerstand der Arbeitgeber – die berufliche Weiterbildung in die Zuständigkeit der Bundesagentur für Arbeit zu rücken.
Die Vorsitzende des Arbeitsausschusses im Bundestag, Kerstin Griese (SPD), möchte zudem mit der „Entgeltsicherung“eine Möglichkeit für ältere Arbeitnehmer wiederbeleben, die 2011 ausgelaufen war. „Wir brauchen eine Rückkehr zur Entgeltsicherung. Dies würde den Anreiz für ArbeitslosengeldI-Empfänger deutlich erhöhen, einen neuen Job anzunehmen, auch wenn dieser schlechter bezahlt ist“, sagte Griese unserer Redaktion. Die Entgeltsicherung sorge dafür, dass die Lohndifferenz zum Teil erstattet werde und die Arbeitslosen- sowie die Rentenversicherung auf dem Niveau der alten, besser bezahlten Stelle weiterliefen. „Das wäre für die Beschäftigung Älterer eine große Hilfe“, betonte Griese. Nach der bis 2011 geltenden Regelung zahlte die Bundesagentur für Arbeit einen zeitlich befristeten Zuschuss zum Lohn. Dieser betrug im ersten Jahr 50 Prozent und im zweiten Jahr 30 Prozent der monatlichen Nettoentgeltdifferenz zur vorherigen Arbeitsstelle. Gesundheit Bereits zwei Bundestagswahlkämpfe hat die SPD eher erfolglos mit der Bürgerversicherung bestritten. Trotzdem soll sie auch in diesem Wahlkampf groß gespielt werden. Die Idee: Auch Selbstständige, Beamte und Gutverdiener sollen nach und nach in die gesetzliche Krankenversicherung geholt werden. Zugleich soll die Beitragsbemessungsgrenze steigen, so dass Arbeitnehmer mit hohen Gehältern auch mehr für ihre Gesundheitsversicherung zahlen müssten. Außerdem sollen auch Einnahmen aus Mieten, Zinsen und Wertpapieren für die Berechnung des Krankenkassenbeitrags herangezogen werden. Durch diese zusätzlichen Einnahmen könnte der Beitragssatz sinken, was insbesondere die unteren und mittleren Einkommen entlasten würde. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach nannte die Bürgerversicherung Anfang des Jahres „eines der zentralen und positiven Vorhaben für Rot-RotGrün“und kündigte eine Verankerung im SPD-Wahlprogramm an. Rente Arbeitsministerin Andrea Nahles hat angekündigt, dass das Rentenniveau bis zum Jahr 2045 auf mindestens 46 Prozent bleiben soll. Der Beitrags-