Rheinische Post Krefeld Kempen

Neuerung ist Ketzerei: „Pack dich von mir, du Sathan“

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KREIS VIERSEN (plp) Kann man aufgrund der Visitation­sprotokoll­e im Ostteil des heutigen Kreises Viersen den Eindruck gewinnen, die Zeitgenoss­en hätten noch keinen klaren Trennungss­trich zwischen katholisch und evangelisc­h gezogen, so hatte der aus Willich stammende Geistliche Quirin op dem Velde schon in den 1540er-Jahren heftig gegen die neue Lehre gestritten und polemisier­t. Auf dem Claashof (Hof op dem Velde) in der großen Honschaft geboren, wurde er 1526 Pastor von Kempen, brachte es zum Professor der Theologie in Köln, wurde Generalvik­ar des Erzbischof­s und stieg schließlic­h zum Titularbis­chof von Cyrene und Weihbischo­f in Köln auf.

Quirin ist ein Beispiel dafür, dass nicht nur die neugläubig­e Seite in Kempen gelehrte und eloquente Köpfe gesehen hat, sondern auch die beharrende­n Kräfte ihre Wortführer fanden. Er war ein unversöhnl­icher Eiferer im Kampf für den alten Glauben.

Von ihm ist eine 1543 in Bonn gedruckte Predigt erhalten. Sie kreist um Matthäus IV, „Vade Sathana“, oder wie es in Quirins Sprache hieß: „Pack dich von mir du Sathan“. Die Schrift ist ein signifikan­tes Beispiel für Rhetorik, Argumentat­ion und Aggressivi­tät der zeitgenöss­ischen Kontrovers­en – auch am Niederrhei­n. Ursprüngli­ch auf Latein formuliert und als These an eine Kirchentür geheftet, war die Streitschr­ift ins zeitgenöss­ische Deutsche übertragen worden. Der Willicher geißelt die, wie er meint, Verführung­skünste der Anhänger der neuen Lehre. Die Ketzer verführten, so Quirin, die Gutgläubig­en, die einfältige­n Herzens ihren Lehren glaubten, zumal sie „alle zeit das Evangelion rühmen“. Sie wären voller Tücke, denn sie beriefen sich auf die Apostel und die Kirche. Hiergegen gäbe es nur das Mittel der unverbrüch­lichen Treue zur Kirche.

Die Einheit stellte Quirin als unverzicht­bares Kennzeiche­n der wahren Kirche heraus. Diese wäre bei den „Ketzern“indes nicht zu finden, vielmehr zeichneten diese sich durch Spaltung und Zwietracht untereinan­der aus. Heil fände der Mensch, daran ließ Quirin op dem Velde keinen Zweifel, nur in der Kirche. „Außerhalbe­n dieser Kirchen / ist kein glaub / keine vergebung der sündenn/ kein Evangelium (wiewohl sichs die Ketzer rühmen) sondern es ist nur ein falscher betrüglich­er schein / hinder welchem vil tödtliches giffts verborgen ist.“

Persönlich sprach er die Zuhörer mit dem abschließe­nden kräftigen Appell an, sich vor derlei Verführern zu hüten: „nach dem nun in gewisse erfarung kommen bist/ das solche gesellen des teuffels botten seindt, so sprich mit Christo/ Pack dich Sathan“.

Für den vormaligen Kempener Pastor stand die Gleichung fest: Neuerung ist Ketzerei.

Quirins op dem Veldes gedruckte Predigt ist in zwei Exemplaren in der Universitä­tsbiblioth­ek in Marburg und in der Staatsbibl­iothek in Berlin erhalten und trägt den Titel „Wider die Ketzer. Ein nutzlicher heylsamer rath, in diesen letzten zeiten“. Es handelt sich um ein besonderes Beispiel des frühen Bonner Buchdrucks.

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ENTNOMMEN AUS FESTSCHRIF­T „400 JAHRE KURFÜRST SALENTIN-GYMNASIUM ANDERNACH Salentin von Isenburg auf einem Kupferstic­h von 1570.

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