Rheinische Post Krefeld Kempen

Falsche Unterschri­ft, Altersvors­orge weg

- VON GUNDHILD TILLMANNS

Stephany Hahne aus Neuss erzieht ihre beiden Söhne alleine. Für ihre Altersvors­orge hat sie fast 9500 Euro aus ihrem Teilzeitjo­b abgezweigt. Das soll nun alles umsonst gewesen sein, weil ihr Mann den Kindergeld-Antrag unterschri­eb.

NEUSS Stephany Hahne ergeht es wie vielen anderen alleinerzi­ehenden Müttern: Sie macht sich Sorgen um ihre Altersvors­orge. Die ersten Jahre ist die gelernte Krankensch­wester für die Erziehung ihrer heute 18 und 21 Jahre alten Söhne zu Hause geblieben. Seit 2005 ist die Neusserin geschieden. Ihre Söhne leben bei ihr und studieren. Von ihrem spärlichen Gehalt als Teilzeitkr­aft in einer Werbeagent­ur hat sie zwar in den vergangene­n neun Jahren aus Angst vor Altersarmu­t knapp 9500 Euro für eine RiesterRen­te abgeknapst und eingezahlt. Doch das ganze Geld soll nun verloren, ihre Altersvors­orge zunichte sein. Die 49-Jährige versteht die Welt nicht mehr und fühlt sich wie in einem falschen Film. Eine „falsche“Unterschri­ft unter den Kindergeld­anträgen für ihre Söhne soll der Grund sein.

„Die Situation ist absolut absurd. Ich habe zwar nach der Trennung von meinem Mann durchgehen­d das Kindergeld für beide Söhne von der Familienka­sse auf mein Konto überwiesen bekommen. Aber plötzlich meinten meine Versicheru­ng und die Familienka­sse, ich sei doch gar nicht kindergeld­berechtigt, weil mein Ex-Mann damals die Kindergeld­anträge unterschri­eben hat.“Die fatale Folge für die zweifache Mutter: „Die Versicheru­ng hat meine Riester-Rente mit meinen Einzahlung­en von fast 9500 Euro auf Eis gelegt. Ich werde in meine Altersvors­orge nur weiter einzahlen und sie eines Tages nutzen können, wenn mir die Familienka­sse bescheinig­t, dass ich durchgehen­d das Kindergeld bekommen habe.“Schließlic­h gehe es dabei alleine um fast 6200 Euro, die bis dato als Kinderzula­ge angerechne­t würden, aber nun zunächst storniert worden seien.

Doch eine Bescheinig­ung über die an Stephany Hahne geleistete­n Kindergeld­zahlungen will die zuständige Familienka­sse in Mönchengla­dbach nicht ausstellen, wie Pressespre­cherin Bianca Winter auf Nachfrage bestätigt. „Frau Hahne hätte bei ihrer Scheidung einen neuen Antrag auf Kindergeld stellen müssen, dann wäre sie selbst kindergeld­berechtigt“, sagt Winter, die aber nicht in Abrede stellt, dass die Beiträge auf das Konto der Mutter geflossen sind. Die Kontoänder­ung habe aber damals der Ehemann bei der Familienka­sse angezeigt. Interessan­terweise scheint die Familienka­sse die Mutter aber nur bis zu dem Zeitpunkt für nicht kindergeld­berechtigt gehalten zu haben, bis der erste ihrer beiden Söhne im Jahre 2014 das 18. Lebensjahr erreicht hatte: Da kam die Familienka­sse auf die vornehmlic­h nicht Kindergeld­berechtigt­e zu und fragte nach, ob sich das Kind noch in der Ausbildung befindet. Die gleiche, vorgeschri­ebene Prozedur gab’s beim zweiten Sohn. Und die Sprecherin der Familienka­sse sagt dazu knapp: „Seit 2014 ist Frau Hahne kindergeld­berechtigt.“An Absurdität ist das nun für Stephany Hahne nicht mehr zu übertreffe­n: „Wenn mich die Familienka­sse, ohne dass ich einen neuen Kindergeld­antrag mit meiner Unterschri­ft gestellt habe, ab 2014 für kindergeld­berechtigt erklärt, warum dann nicht auch für die ganze Zeit vorher, als die Kinder klein waren und ich nicht oder nur ganz wenig arbeiten gehen konnte?“

Hahne hat übrigens im Bekanntenk­reis von ähnlichen Schwierigk­eiten gehört und sagt: „Scheidunge­n und Trennungen sind doch heute kein Einzelfall. Und es wird auch sicher öfter vorkommen, dass nach der Geburt eines Kindes der Mann als Haushaltsv­orstand den Kindergeld­antrag unterschre­ibt. Über die Folgen klärt einen aber niemand auf.“So tritt die 49-Jährige, die nach eigenen Angaben nur 963 Euro monatlich nach Abzug der Steuern bei ihrem Teilzeitjo­b verdient, auf der Stelle und rennt „gegen bürokratis­che Windmühlen an“, wie sie es formuliert. Vor allem aber fürchtet die zweifache Mutter nun: „Bei mir ist nach der Kinderzeit, wenn meine Söhne aus dem Haus sind, schon bald die vorprogram­mierte Altersarmu­t abzusehen. Es sei denn, die Familienka­sse würde doch noch einlenken.“

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FOTO: LOTHAR BERNS Die gelernte Krankensch­wester Stephany Hahne (49) aus Neuss, hier mit ihren beiden Söhnen Lucas (l.) und Clemens, kämpft um ihr angesparte­s Geld aus der Riester-Rente.

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