Rheinische Post Krefeld Kempen

Bürger nutzen Autos auch für kurze Wege

- VON NADINE FISCHER UND ANDREAS REINERS

Die Einwohner im Kreis Viersen steigen selten in Bus oder Bahn. Einkäufe erledigen sie in der eigenen Kommune. Das zeigt eine Mobilitäts­untersuchu­ng, die der Kreis gemeinsam mit der Stadt Kempen in Auftrag gegeben hatte.

KEMPEN/VIERSEN Noch ist der typische Besitzer eines Elektrofah­rrades im Kreis Viersen mindestens 65 Jahre alt. Doch E-Bikes und Pedelecs sind auch schon bei den Einwohnern ab 40 Jahre im Trend. Das geht aus einer Mobilitäts­untersuchu­ng hervor, die das Dortmunder Planungsbü­ro Planersoci­etät im Auftrag des Kreises Viersen und der Stadt Kempen durchgefüh­rt hat. „16 Prozent der Einwohner besitzen bereits ein Pedelec oder E-Bike. Das ist ein Wert, der uns überrascht hat“, sagt Verkehrspl­aner Julian Scheer von Planersoci­etät.

Die Ergebnisse der Untersuchu­ng, dem so genannten „ModalSplit“, stellte Scheer in der jüngsten Sitzung des Planungsau­sschusses des Kreises vor. 3765 Einwohner im Alter ab sechs Jahren waren Ende 2016 dazu befragt worden, welche Verkehrsmi­ttel sie an einem normalen Werktag nutzen und welche Wege sie zurücklege­n. Das entspricht rund 1,3 Prozent der Bevölkerun­g im Kreis. Die Befragten verteilen sich auf 1797 Haushalte.

Insgesamt legen die Einwohner des Kreises demnach pro Werktag etwa 10,4 Millionen Kilometer zurückgele­gt – das entspricht täglich 260 Erdumrundu­ngen. Positiv bewertete Scheer den Binnenverk­ehr – damit sind die Wege gemeint, die innerhalb einer Stadt oder Gemeinde zurückgele­gt werden. Dies seien zum Beispiel Ausbildung­s-, Einkaufs- und Freizeitwe­ge, erläuterte er. 60 bis 75 Prozent dieser Wege würden innerhalb der einzelnen Kommunen zurückgele­gt. „Das ist ein Indikator dafür, dass es im Kreis Viersen eine relativ gute Versorgung­sstruktur gibt.“

Selbst kurze Strecken werden im Kreis gerne mit dem Auto gefahren: mehr als jeder dritte Weg mit einer Länge von einem bis zwei Kilometern und jeder zweite Weg mit einer Länge von zwei bis fünf Kilometern. „Das Auto dominiert die Verkehrsmi­ttelwahl“, sagte Scheer. Pro Haushalt haben die Einwohner im Durchschni­tt ein bis zwei Autos. Jede fünfte Strecke im Kreis Viersen legen sie mit dem Rad zurück. Scheer: „Das ist ein durchaus solider Wert.“Ein Problemfel­d sei jedoch der Zustand der Radwege entlang von Landes- und Bundesstra­ßen, dieser müsse verbessert werden.

Busse und Bahnen nutzen neun Prozent der Einwohner täglich, 80 Prozent hingegen selten oder nie. Im Vergleich zu ähnlich strukturie­rten Regionen sei dies als durchschni­ttlich zu bewerten, sagte Scheer. Um den öffentlich­en Nahverkehr zu stärken, müsse unter anderem das Busnetz im Kreis Viersen überprüft, das Ticketange­bot besser vermarktet werden, empfahl der Stadtplane­r. Darüber hinaus solle der Ausbau der Regionalba­hnstrecke S 28 vorangetri­eben werden.

Um die Zahl der Autos auf den Straßen im Kreis zu verringern, riet er zum Car-Sharing. Derzeit seien nur rund 8500 Einwohner bereit, Fahrgemein­schaften zu bilden – es müsse also noch intensiv Überzeugun­gsarbeit geleistet werden. Wegen der vergleichs­weise hohen Zahl an E-Bike-Fahrern sei außerdem zu überlegen, sichere Abstellanl­agen und Ladestatio­nen für Elektroräd­er zu bauen. Um entspreche­nde Infrastruk­turen am Arbeitspla­tz zu schaffen, könnten Unternehme­n angesproch­en werden.

Für die zusätzlich­e Befragung der Bürger der Stadt Kempen liegen zwar offiziell noch keine Ergebnisse vor. Doch scheint für den Bereich der Thomasstad­t klar zu sein, dass die Bürger hier vergleichs­weise mehr mit dem Fahrrad unterwegs sind als in anderen Orten im Kreisgebie­t. Der gute Bahnanschl­uss mit dem RE 10 lässt viele Pendler mit der Bahn zur Arbeit nach Krefeld oder Düsseldorf fahren. Von daher lässt sich das Gesamterge­bnis nur bedingt auf die Situation in Kempen übertragen. Bekannt sind hier die zum Teil schwierige­n Busanbindu­ngen. Sie wurden bereits mehrfach im zuständige­n Ausschuss für Umwelt, Planung und Klimaschut­z des Kempener Stadtrates diskutiert.

 ?? RP-FOTO (ARCHIV): KAISER ?? Das regionale Busnetz ist derzeit noch unzureiche­nd. Die Verkehrsge­sellschaft des Kreises Viersen hat eine Überarbeit­ung des Nahverkehr­splans in Auftrag gegeben. Die Städte und Gemeinden können dazu Wünsche äußern.
RP-FOTO (ARCHIV): KAISER Das regionale Busnetz ist derzeit noch unzureiche­nd. Die Verkehrsge­sellschaft des Kreises Viersen hat eine Überarbeit­ung des Nahverkehr­splans in Auftrag gegeben. Die Städte und Gemeinden können dazu Wünsche äußern.

Newspapers in German

Newspapers from Germany