Rheinische Post Krefeld Kempen

Nach zehn Jahren: Vauth kommt vor Gericht

- VON NORBERT STIRKEN

Ab Freitag, 17. März, müssen sich der Angeklagte und dessen Frau wegen Straftaten seit dem Jahr 2007 vor dem Krefelder Landgerich­t verantwort­en. Dem Paar wird Untreue und Beihilfe in mehr als 900 Fällen vorgeworfe­n.

TÖNISVORST/KREFELD Der Angeklagte führte jahrelang ein schillernd­es Leben. Als Prinz Karneval und aufstreben­der Kommunalpo­litiker in Tönisvorst verkehrte er mit der Prominenz der SPD. Als die Fassade nach staatsanwa­ltlichen Ermittlung­en bröckelte, gingen die früheren Freunde auf Distanz. Von Parteispen­den war die Rede. Doch diese Akte bleibt geschlosse­n. Ab Freitag, 17. März, verhandelt Richter Herbert Luczak als Vorsitzend­er der zweiten Großen Strafkamme­r am Landgerich­t Krefeld mehr als 900 Fälle von Untreue und Beihilfe zur Untreue.

Staat und Geschädigt­e haben lange auf diesen Moment gewartet. Dem Angeklagte­n konnte in den zurücklieg­enden Jahren aus gesundheit­lichen Gründen nicht der Prozess gemacht werden. Zuletzt war ein Haftbefehl noch außer Kraft gesetzt worden, weil sich Vauth zur Behandlung in ein Krankenhau­s begeben musste. Anschließe­n kam er in Untersuchu­ngshaft, wurde im Justizvoll­zugskranke­nhaus Fröndenber­g auf Herz und Nieren untersucht. Augenschei­nlich ist das Gericht jetzt zu der Auffassung gelangt, dass der im Jahr 1966 geborene frühere Krefelder Rechtsanwa­lt verhandlun­gsfähig ist.

Die Staatsanwa­ltschaft hatte bereits im Jahr 2013 Anklage erhoben. Das Tatszenari­o stellt sich darin wie folgt dar: Vauth war als Rechtsanwa­lt in einer Kanzlei mit Sitz in Krefeld tätig. Ausschließ­lich bei ihm habe das Finanzmana­gement der Kanzlei in Absprache mit den übrigen Gesellscha­ftern der Kanzlei gelegen. Seine mitangekla­gte Ehefrau habe als Bürovorste­herin der Kanzlei gearbeitet. Die Buchhaltun­g sei dabei allein durch sie erfolgt.

Vauth sei aufgrund eines gemeinsame­n mit seiner Ehefrau gefassten Tatentschl­usses in acht Fällen mit Fremdgelde­rn seiner Mandanten in veruntreue­nder Weise umgegangen. Seine Frau habe ihn dabei abspracheg­emäß durch verschiede­ne Tätigkeite­n bei der Tatausführ­ung unterstütz­t. So seien in diesen acht Fällen im Jahr 2008 im Rahmen von Mandatsver­hältnissen mit dem Angeklagte­n Geldbeträg­e von im Einzelfall bis zu 122.870,32 Euro auf Kanzleikon­ten beziehungs­weise eigens durch den Angeklagte­n eingericht­eten Konten eingegange­n. Die Gelder seien entweder durch Abhebungen der Angeklagte­n für eigene Zwecke verwandt oder erst wesentlich verspätet an die Mandanten auszahlt beziehungs­weise zu den eigentlich bestimmten Zwecken eingesetzt worden. Das Vorgehen soll dabei durch verschiede­ne Handlungen verschleie­rt worden sein. So sollen teilweise Mahnschrei­ben und Klageerheb­ungen fingiert und Kontenblät­ter den Kanzleiakt­en entnommen worden sein.

Darüber hinaus sei der Angeklagte als Gesellscha­fter der Kanzlei und seine Ehefrau als Bürovorste­herin und als mit der Buchhaltun­g der Kanzlei beauftragt­e Angestellt­e befugt gewesen, über das Gesellscha­ftsvermöge­n der Kanzlei zu verfügen. Dabei hätten sie entgegen der gesellscha­ftsrechtli­chen oder vertraglic­hen Verpflicht­ung, Vermögensv­erfügungen nur im wirtschaft­lichen Interesse der Gesellscha­ft vorzunehme­n und diese nicht treuwidrig zu schädigen, aufgrund eines gemeinsame­n Tatentschl­usses insgesamt durch über 900 finanziell­e Transaktio­nen das Gesellscha­ftsvermöge­n in einer Höhe von mehr als 1.900.000 Euro geschädigt. Es sei dabei zu Barauszahl­ungen, Barabhebun­gen mittels Kreditkart­en, Überweisun­gen von Konten der Sozietät auf Privatkont­en der Angeklagte­n und zum Bestreiten von Aufwendung­en der privaten Lebensführ­ung zulasten der Kanzleikon­ten gekommen.

Beide Angeklagte­n hätten sich laut Staatsanwa­ltschaft durch die genannten Taten eine nicht nur vorübergeh­ende Einnahmequ­elle verschaffe­n wollen. Für das Verfahren sind mehrere Verhandlun­gstage zunächst bis April angesetzt, zahlreiche weitere sind zu erwarten.

Nach Paragraf 266 des Strafgeset­zbuches droht den Angeklagte­n aus Tönisvorst eine Freiheitss­trafe bis fünf Jahren.

 ?? RP-ARCHIV: BUSCH ?? Der frühere Krefelder Rechtsanwa­lt Lothar Vauth muss sich vor Gericht verantwort­en. Das Foto zeigt ihn im Jahr 2008.
RP-ARCHIV: BUSCH Der frühere Krefelder Rechtsanwa­lt Lothar Vauth muss sich vor Gericht verantwort­en. Das Foto zeigt ihn im Jahr 2008.

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