Rheinische Post Krefeld Kempen
Grobe Materialien und feine Nuancen
John Waszek aus Tönisvorst stellt Bilder aus „Vier Zyklen“bis zum 1. April bei der Gemeinschaft Krefelder Künstler in Krefeld aus.
TÖNISVORST / KREFELD Ein Besucher der Eröffnung am vergangenen Freitag fragte seine Frau ganz irritiert, ob diese Ausstellung Werke nur eines oder mehrerer Künstler zeige. An der Schaufensterscheibe des Kunstspektrums an der St. Anton-Straße 90 (gleich um die Ecke beginnt der Westwall), der eigenen Galerie der GKK, Gemeinschaft Krefelder Künstler, steht „John Waszek. Vier Zyklen“. Und es steht nicht nur auf der Scheibe, es stimmt auch so. John Waszek ist sehr verschieden unterwegs, außerdem sind die Zyklen auch nicht gleichzeitig und parallel entstanden, sondern in verschiedenen Jahren. Die aktuellen Gemälde mit den Farbverläufen sind im Erdgeschoss zu sehen, im Obergeschoss die grafischen und zeichnerischen Arbeiten wie die Drucke und Frottagen.
Die Serie „Kolumbarium“umfasst abstrakte Malereien mit roh gezimmerten Rahmen. Der Farbauftrag auf den harten Platten führt zu gewollten Farbverläufen. „Alles fließt“könnte ein Betrachter einwerfen, und er läge gar nicht mal so verkehrt. Denn diese Bilder sind in- spiriert von Friedhofswänden mit Urnengräbern auf dem Friedhof Père Lachaise in Paris. Die provisorisch verschlossenen Leerfächer hat Waszek fotografiert. Auch auf der Bildfläche verschwinden die Far- ben, wenn sie mehrfach übermalt werden. Aber den Künstler interessiert weniger das „Memento mori“als vielmehr der malerische Prozess. Ganz im Sinne von Art Informel öffnet Waszek die Bildfläche für spon- tane, gestische Aktion. Die Arbeiten erscheinen weniger planvoll als vom Augenschein geführt. Sein Bildformat hat er gegenüber den Urnengräbern (50 x 50) auf 80 x 80 Zentimeter vergrößert. Und als ein scheinbares Zitat von Ordnung und Genauigkeit auf einem Friedhof druckt Waszek vierstellige Zahlen auf den Holzrahmen.
In seinen Kleinformaten „Zwischen Himmel und Erde“erleben Papierreste der Radierwerkstatt eine Auferstehung als „abstrakte Landschaften“. Der Künstler übermalt die Papiere mit stark verdünnten Acrylfarben. In „Himmel und Erde“geht es nicht um Kartoffeln mit Blutwurst, sondern um die Landschaft der Schmitzheide, eine flache Ackerlandschaft mit Anbau von Mais, Kohl und Rüben sowie den Apfelplantagen. Sowohl in den Papierresten als auch in den groben Materialien der Malereien greift der Künstler auf „arme Materialien“zurück. Nicht bütten-veredelt, nicht hochglänzend und im Goldrahmen gehängt, sondern bescheiden zurücktretend vor dem Prozess der künstlerischen Arbeit und der daraus geronnenen Aussage.
Überrascht ist der Besucher von den Frottagen, die man vor allem bei Max Ernst verortet. Waszek hat Werken von Künstlerfreunden mit Bleistift abgenommen und dadurch reduziert, verfremdet und ganz neu erfunden. Im letzten Raum der Aus- stellung herrschen „Die Ordnung und das Chaos“, eine Installation aus zerknüllten Blättern und der Edition, die eigens zu dieser Ausstellung verkauft wird. In einem seiner ausgelegten Lyrikbändchen kann man den Text lesen: „Alles was ist/ bin ich/denn/ohne mich ist nichts/ und wenn ich sterbe/geht die Welt/ unter.“Abgesehen davon, dass wir dem 68-jährigen Künstler noch ein langes Leben wünschen, trifft das um so mehr auf seine Bilder zu: Ohne ihn wären sie nicht entstanden. Jetzt sind sie in der Welt, und sie gehören uns ganz alleine. Zumindest bis zum 1. April.