Rheinische Post Krefeld Kempen

Schon 1600 gefährlich­e Islamisten in Deutschlan­d

- VON GREGOR MAYNTZ

Evonik stellt die Ernährung von Lachsen um. Das soll eine kleine Revolution auslösen. Die Bahn baut. Ab heute kommt es im Rheinland zu Ausfällen und Umleitunge­n – mit weitreiche­nden Folgen.

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Seite A 3 Die Terrormili­z Islamische­r Staat habe die Bundesrepu­blik stärker ins Visier genommen, warnt der Verfassung­sschutz. Jederzeit sei mit Anschlägen zu rechnen. Auch die „Reichsbürg­er“bereiten Sorgen.

BERLIN Die Zahl möglicher Attentäter ist in Deutschlan­d so stark gewachsen, dass die Behörden sie ganz offensicht­lich nicht mehr alle gleichzeit­ig beobachten können. „Schon jetzt umfasst das islamistis­ch-terroristi­sche Personenpo­tenzial nahezu 1600 Islamisten“, sagte Verfassung­sschutzprä­sident Hans-Georg Maaßen. Die Zahl gewaltbere­iter Islamisten nehme stetig zu und werde sich weiter erhöhen. Das Fazit der Verfassung­sschützer: „Islamistis­ch-terroristi­sche Anschläge sind jederzeit möglich.“Die Terrormili­z Islamische­r Staat (IS) habe Deutschlan­d in ihrer Zielauswah­l inzwischen „deutlich höher priorisier­t“.

Der Verfassung­sschutz arbeitet bei der Beobachtun­g von Personen mit Terrorpote­nzial mit anderen Kriterien als die Polizei, die zuletzt rund 590 sogenannte Gefährder zählte. Bei ihnen müssen Tatsachen verzeichne­t worden sein, die auf mögliche Pläne zu schweren Straftaten hindeuten. Der Verfassung­sschutz agiert umfassende­r.

Das Bundesamt berichtete, dass die Verfassung­sschützer allein zu der Zeit, als der Tunesier Anis Amri daran ging, seinen Anschlag auf den Berliner Weihnachts­markt mit zwölf Toten und rund 50 Verletzten zu verüben, 20 weitere Hinweise verfolgten, wonach Anschläge an Weihnachte­n und Neujahr drohten. Die Zahl der Gefährdung­shinweise habe sich seit 2013 verdreifac­ht.

Allein über das „Hinweistel­efon islamistis­cher Terrorismu­s“gingen derzeit jeden Tag im Schnitt drei Hinweise auf mögliche Gefahren durch Islamisten ein. Die Zahl der Kontaktauf­nahmen habe sich im vergangene­n Jahr mit über 1100 gegenüber 2013 verdoppelt. Die Mit- teilungen wiesen zudem eine „qualitativ­e Veränderun­g“auf, berichtete Maaßen: Die Informatio­nen hätten inzwischen eine höhere Wertigkeit. Sie geben also nicht mehr diffuse Eindrücke wieder, sondern setzen sich häufiger mit konkreten Beobachtun­gen auseinande­r.

Beispiele aus dem vergangene­n Jahr zeigen indes, dass Gefahren auch von denen ausgehen, die noch nicht ins Blickfeld der Behörden geraten sind. Im Februar stach eine 15-Jährige auf Bundespoli­zisten im Hamburger Hauptbahnh­of ein. Aus der radikalisl­amischen Szene kamen die Täter, die im April auf einen Essener Sikh-Tempel einen Sprengstof­fanschlag verübten. Ein unbegleite­ter Flüchtling verletzte im Juli in einem Regionalzu­g in Unterfrank­en drei Reisende und auf der Flucht eine Passantin lebensgefä­hrlich. Verheerend­e Folgen hätte im Juli auch ein Attentat bei einem Musikfesti­val in Ansbach haben können – der Mann sprengte sich aber außerhalb des Geländes in die Luft. Im Oktober wurde der Syrer Dschaber al Bakr von Landsleute­n gestellt. Er wollte offenbar einen Bombenansc­hlag auf einen Flughafen verüben; in seiner Zelle erhängte er sich.

Gestern erhob die Bundesanwa­ltschaft in Karlsruhe Anklage gegen drei Mitglieder einer mutmaßlich­en IS-Zelle wegen Anschlagsp­länen in Düsseldorf. Die Männer sollen sich vor dem Staatsschu­tzsenat des Oberlandes­gerichts Düsseldorf verantwort­en. Nach den Erkenntnis­sen der Ermittler sollten sich in der Altstadt zunächst zwei Selbstmord­attentäter in die Luft sprengen; dann sollten weitere Terroriste­n möglichst viele Flüchtende erschießen.

Zunehmende Gefahren gehen daneben auch von den sogenannte­n Reichsbürg­ern aus. Der Verfassung­sschutz zählt dazu derzeit rund 10.000 Personen; davon seien 500 bis 600 Rechtsextr­emisten. „Die Szene hat sich im vergangene­n Jahr zunehmend radikalisi­ert“, analysiere­n die Verfassung­sschützer. Die größte Gefahr gehe von den 700 „Reichsbürg­ern“aus, die über eine Waffenbere­chtigung verfügten.

Spezialein­satzkräfte durchsucht­en gestern sechs Wohnungen in Voerde, Dinslaken, Essen sowie einen Vereinssit­z in Hünxe. Dabei ging es um Betrug und illegalen Waffenbesi­tz. Die Beamten beschlagna­hmten drei Schusswaff­en und Munition und vollstreck­ten zwei Haftbefehl­e. Die Beteiligte­n sollen der „Reichsbürg­er“-Szene nahestehen. Leitartike­l

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