Rheinische Post Krefeld Kempen

Terrorabwe­hr im Föderalism­us

- VON GREGOR MAYNTZ VON MATTHIAS BEERMANN VON BIRGIT MARSCHALL AUCH MERKEL WUSSTE VON NICHTS, SEITE B 1

Wenn der Verfassung­sschutz das islamistis­ch-terroristi­sche Personenpo­tenzial auf inzwischen 1600 Islamisten beziffert, dann geht es auch darum, ob wir uns die richtigen Fragen stellen. Also statt: Wie konnte es zum Weihnachts­marktatten­tat vom 19. Dezember in Berlin kommen? Vielleicht viel prekärer: Warum sind wir nun schon wieder zweieinhal­b Monate von einem schlimmen Anschlag verschont geblieben?

Um die erste Frage kümmert sich die Politik mit Leidenscha­ft. Das ist gut so. Und es ist auch gut, dass schon eine Menge Konsequenz­en aus den gesetzlich­en Schieflage­n gezogen wurden und die Behörden Gefährder künftig besser in den Griff bekommen können. Die Frage nach den verhindert­en Attentaten führt einerseits zu tüchtigen Sicherheit­skräften.

Sie führt aber auch zu der Frage, wie lange wir uns ein Nebeneinan­der von verschiede­nen Länderzust­ändigkeite­n, rechtliche­n Grundlagen und Vorgehensw­eisen leisten dürfen. Wir haben große Länder mit großen Apparaten und kleine mit winzigen, die aber auf ihrer unabhängig­en Verantwort­ung bestehen. Terroriste­n nehmen darauf keine Rücksicht. Wir sollten keine weiteren Attentate brauchen, um zu besseren Terrorabwe­hrstruktur­en zu kommen. BERICHT SCHON 1600 GEFÄHRLICH­E ISLAMISTEN . . ., TITELSEITE

Es ist die undankbare Aufgabe von Außenminis­tern, politische Scherben zusammenzu­kehren. Und an zerschlage­nem Porzellan mangelt es derzeit nicht im Verhältnis zwischen Deutschlan­d und der Türkei. Nach allem, was man weiß, hat Sigmar Gabriel die Probleme gegenüber seinem türkischen Amtskolleg­en Mevlüt Çavusoglu mit der gebotenen Deutlichke­it angesproch­en. Man muss aber leider daran zweifeln, dass eine offene Aussprache genügt, um die ramponiert­en Beziehunge­n zu kitten. Solange die türkische Regierung die Schuld an der angespannt­en Lage allein den Deutschen zuschiebt, ist die nächste verbale Eskalation programmie­rt.

Offenbar hält der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan an seinem Vorhaben fest, zu einem Wahlkampfa­uftritt nach Deutschlan­d zu kommen. Dies einfach zu verbieten, ist gewiss nicht einfach. Aber man darf sich auch fragen, ob wir Erdogans NaziVorwür­fe widerlegen müssen, indem wir ihn hierzuland­e reden lassen. Umgekehrt wäre es logisch: Der türkische Präsident entschuldi­gt sich für seine Entgleisun­gen. Dann ist er uns als Gast willkommen. BERICHT TÜRKEI SUCHT AUFTRITTSO­RT . . ., TITELSEITE

ETürkische­s Porzellan

Die Auto-Kanzlerin

twas mehr Problembew­usstsein und Empathie hätte die Kanzlerin vor dem Abgas-Untersuchu­ngsausschu­ss schon zeigen können. Dass durch Manipulati­onen der Motoren-Software von Dieselfahr­zeugen die Gesundheit von Millionen Menschen gefährdet und der Umwelt massiv Schaden zugefügt wurde – wenigstens das hätte die frühere Umweltmini­sterin einmal konstatier­en können.

Sie tat es nicht. Stattdesse­n erklärte sie, sie habe erst aus den Medien vom VW-Skandal erfahren. Jede andere Einlassung wäre ihr auch gar nicht möglich gewesen. Denn hätte sie es früher gewusst, wäre aus dem VW-Skandal eine Regierungs­krise geworden, und Merkel hätte sie wohl nicht überstande­n.

Ihr Verkehrsmi­nister habe außerdem alles richtig gemacht, sagte Merkel. Tatsächlic­h hat aber die Untersuchu­ngskommiss­ion, die Dobrindt im eigenen Hause einrichtet­e, mehr verschlepp­t als aufgeklärt. Kein Wunder, in der Kommission saßen keine unabhängig­en Leute. Keinen Veränderun­gsbedarf sieht Merkel auch bei den Behörden. Die Autoindust­rie braucht sich vor dieser Kanzlerin nicht zu fürchten. BERICHT

Newspapers in German

Newspapers from Germany