Rheinische Post Krefeld Kempen
In der Stadt Willich gibt es bald mehr Kitaplätze
Der Bedarf an Betreuungsplätzen für über Dreijährige ist weit größer als das Angebot. Daher hat die Politik nun beschlossen, Einrichtungen zu vergrößern und eine neue zu bauen.
WILLICH Die Stadt Willich braucht mehr Kindergartenplätze – und zwar dringend. Schon im Kindergartenjahr 2017/18 wird es Berechnungen zufolge 39 Kinder über drei Jahren mehr geben, als rechnerisch Plätze zur Verfügung stehen. Seit Jahren sind Kindergartengruppen überbelegt. Bei den unter Dreijährigen fehlen sogar 166 Plätze in Kindergärten. Diese können aber „durch ein gutes Angebot an Plätzen in der Tagespflege“, also bei Tageseltern, ausgeglichen werden, so die Verwaltung. Ende des Kindergartenjahres dürfte es allerdings auch hier zu Engpässen kommen. Die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses haben nun etliche Maßnahmen beschlossen, um mehr Kindergartenplätze in den Stadtteilen, in denen es besonders hakt, nämlich Alt-Willich und Schiefbahn, zur Verfügung stellen zu können – und das möglichst schnell, aber auch perspektivisch.
Der Christian-Morgenstern-Waldorfkindergarten am Rohrzieherweg wird um eine Gruppe erweitert. Der Eigentümer des Hauses ist bereit, das Gebäude zu vergrößern, allerdings wird dazu ein Teil des Nachbargrundstückes benötigt. Der Eigentümer dieses Grundstückes wiederum benötigt die Fläche derzeit nicht, möchte aber nicht dauerhaft darauf verzichten. Daher soll nun ein Anbau in Holzständerbauweise errichtet werden, der einfach zurückgebaut werden könnte. So sollen bereits ab Oktober 25 zusätzliche Plätze für über Dreijährige zur Verfügung stehen. Zudem wird im Betriebskindergarten „Glückskinder“am Hundspohlweg eine vierte Gruppe eingerichtet – das ist „aufgrund der günstigen räumlichen Situation ohne weitere bauliche Maßnahmen“möglich, so die Verwaltung.
Der Awo-Kindergarten in Schiefbahn hat einen Neubau bezogen, die bisherige Einrichtung an der Linsellesstraße steht seitdem leer. Der Eigentümer ist bereit, eine weitere Nutzung als Tageseinrichtung zu ermöglichen. Die dringend notwendigen Arbeiten im Haus, die aufgrund des bevorstehenden Neubaus nicht mehr durchgeführt wurden, werden vom Eigentümer vorgenommen und über die Mietzahlung refinanziert. So wird in diesem Haus im neuen Kindergartenjahr eine zusätzliche Gruppe für 25 über Dreijährige als Dependance zum Neubau Schützenstraße eingerichtet. Mit dem Eigentümer ist zunächst eine Nutzung von drei Jahren besprochen.
Der kurzfristige Bedarf an Betreuungsplätzen wird so wohl gedeckt werden können – doch bereits mittelfristig wird das nicht reichen. Denn die Bevölkerungszahlen entwickeln sich besser, als in der Bedarfsplanung angenommen. Hinzu kommen 60 Flüchtlingskinder. Michael Wynands vom Jugendamts-Elternbeirat bezeichnete die Situation als „desaströs“. „Das Defizit an Betreuungsplätzen ist doch nicht erst seit gestern da. Das ist ein Problem, das die Stadt seit Jahren vor sich herschiebt. Ich vermisse von der Politik ein Konzept für die Zukunft, das trägt.“Michael Süßbeck, der bei der Stadtverwaltung für die KindertagesEinrichtungen zuständig ist, erklärte, dass sich Zuzüge in Neubaugebieten recht genau berechnen ließen, schwieriger sei dies allerdings in älteren Wohnquartieren, in denen nun ein Generationenwechsel erfolgt. Zudem kämen wohl mehr Familien aus Großstädten, die ländlich wohnen möchten, nach Willich. Insgesamt sei in den kommenden Jahren von einem Bedarf von rund 1300 Plätzen für über Dreijährige auszugehen, so die Verwaltung.
Verschnupft reagierten die Politiker darauf, dass die Stadtverwaltung jetzt vorschlägt, im Neubaugebiet Wekeln X einen Neubau für die Tageseinrichtung „Bullerbü“statt – wie ursprünglich vorgesehen – für die Kita „Traumland“zu errichten. Denn nach Ansicht der Verwaltung könnte „Bullerbü“ein betriebsnahes Angebot aufbauen, um den Gewerbestandort „Stahlwerk Becker“zu stärken, wenn das Angebot des Betriebskindergartens „Glückskinder“nicht mehr ausreichen sollte. „Traumland“soll dann in das renovierte „Bullerbü“-Gebäude ziehen und gegebenenfalls von vier auf fünf Gruppen erweitert werden, so der Vorschlag der Verwaltung.
So genau wollte sich die Politik zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht festlegen. Daher wurde einstimmig lediglich beschlossen, dass in Wekeln X ein fünfgruppiger Kindergarten gebaut wird. Welche Kita in das neue Gebäude ziehen soll, wollen die Politiker nun in Ruhe und auf Basis weiterer Fakten diskutieren. „Vor 2019 wird der Neubau ohnehin nicht fertig“, sagte Süßbeck.