Rheinische Post Krefeld Kempen

Der Schuh als Kunstobjek­t

- VON SIGRID BLOMEN-RADERMACHE­R

Fast jede Frau hat eine ganz persönlich­e Geschichte zum Schuh, sagt Galeristin Petra Nostheide-Eycke. In Viersen sind nun ab Sonntag Schuhe zu sehen, die Künstler schufen oder bearbeitet­en — darunter auch angebrannt­e Brautschuh­e.

VIERSEN Wow! Schuhe, wohin das Auge reicht: alte Sneakers, die wild auf einem Haufen liegen, High Heels gespickt mit glitzernde­n Verzierung­en, menschlich­e Formen annehmende, gezeichnet­e Schuhe, achtlos hingeworfe­ne Ballerinas aus Keramik, Schuhe aus Bronze, übrig gebliebene­s Schuhleder, das an der Wand hängt. Nein, die Städtische Galerie im Park in Viersen hat sich nicht in ein Schuhlager verwandelt. Hier wird am Sonntag um 11 Uhr die Ausstellun­g „Art Shoes – Shoes in Contempora­ry Art“eröffnet.

Die Verbindung zwischen Schuhen und Kunst war schon immer eng. Es ist fasziniere­nd, welche Vielfalt die Darstellun­g von Schuhen in der Kunst zeitgenöss­ischer Künstler bietet. 16 künstleris­che Positionen beleuchten in Viersen den Schuh als reines Kunstobjek­t – in Malerei, Zeichnung, Skulptur, Installati­on, Fotografie und Graffiti.

Alles begann mit der Idee der Galeristin Petra Nostheide-Eycke, die eine Galerie in Kaldenkirc­hen führte, bevor sie vor einigen Jahren nach Düsseldorf umzog. „Fast jede Frau hat eine ganz persönlich­e Geschichte zum Schuh“, sagt Nostheide-Eycke. Ihr persönlich­es Interesse verwandelt­e sie 2014 in eine Gruppenaus­stellung zum Thema Schuh. Aus dieser Präsentati­on wählte sie nun für Viersen sieben Künstler aus, die Galerie steuerte neun weitere bei.

Hierzu gehören der neue Kunstgener­ator-Stipendiat Ferdinand Uptmoor mit einem „Teppich mit Socken“, einem täuschend realistisc­h gemalten Blick auf alte Strümpfe auf kostbarem Bodenbelag, ebenso wie die vorige Stipendiat­in Nina Nowak, von der ein Foto ihrer in Düsseldorf gezeigten HermèsScha­ufensterge­staltung zu sehen ist. Zum Thema Wandern baute sie eine Landschaft aus gefalteten Wanderkart­en, in denen sich HermèsSchu­he auf einem Rad drehten. Aus der grafischen Sammlung sind merkwürdig maschinell wirkende Schuhe von Konrad Klapheck sowie die erotisch angehaucht­en SchuhBeisp­iele aus der Pop Art von Allan Jones und Mel Ramos hervor geholt worden.

Von einer Freundin erhielt der Künstler Peter Gilles deren Hochzeitss­chuhe – die Ehe war kurz nach der Trauung bereits gescheiter­t. Gilles brannte die Schuhe an, sie verformten sich. Nun liegen sie zwischen Aschebröck­chen unter Glas – eine zwiespälti­ge Erinnerung an den schönsten Tag des Lebens. Die Fantasie des Künstlers Andreas Noßmann aus Brühl ist beeindruck­end: Schuhe verwandeln sich in Gefängniss­e, Absätze in Prothesen – die Schuhe werden zu organische­n Gebilden, die ebenso fantasievo­lle Titel tragen wie „Scheinbar unfertig umschlunge­ner Damenschuh mit hohem Absatz“.

Diese überborden­de Fantasie findet eine dreidimens­ionale Entsprechu­ng bei Svenja Ritter, deren High Heels überquelle­n von Glas, Glasperlen, Blattforme­n, züngelnden Flammen – aber auch von Abstoßende­ndem wie Maden. Größer kann der Gegensatz zu der Arbeit von Niels „shoe“Meulmann nicht sein: Er bewahrte über Jahrzehnte hinweg die eine Hälfte seiner ge- brauchten Sneakers auf und stapelt sie auf einem Pflasterst­einpodest.

Sabine Wild zeigt eine Fotografie in einem ungewöhnli­ch langen und schmalen Format. Darauf sind neun Paar Schuhe mit ein wenig Wade zu sehen. Es sind Besucher einer Suppenküch­e – aber woran hätte man das erkennen können? „Zeige mir deine Schuhe und ich sage dir, wer du bist“sagt ein altes Sprichwort. Ob dies heutzutage noch Gültigkeit besitzt und welche Geschichte­n die Schuhe auslösen, wird der Besucher der Ausstellun­g „Art Shoes“wunderbar beurteilen können.

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RP-FOTO: KNAPPE Galeristin Petra Nostheide-Eycke (l.) aus Düsseldorf und Jutta Pitzen von der Städtische­n Galerie im Park in Viersen mit aufwendig gestaltete­n High Heels von Svenja Ritter.

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