Rheinische Post Krefeld Kempen

Der Doppelpass in Zeiten der Eskalation

- VON GREGOR MAYNTZ VON THOMAS REISENER VON DETLEV HÜWEL DIE TERRORSPUR FÜHRT NACH SYRIEN, SEITE A 3

Populisten wissen: Wer pöbelt, provoziert und Grenzen überschrei­tet, entfacht Stimmungen und kann damit Stimmen sammeln. Dass die Erdogan-Regierung alle Register zieht und den Konflikt selbst mit Nato-Partnern will, zeigt nur, wie knapp es um das Referendum bestellt ist. Jeder NS-Vorwurf wegen vereitelte­r TürkeiAuft­ritte weist eigentlich auf die ausgesetzt­en Rechte im eigenen Land hin. Dass so viele Türkischst­ämmige in den Niederland­en und in Deutschlan­d das nicht sehen, sondern auf Knopfdruck den Protest auf die Straße tragen, macht Solidaritä­t der Demokraten umso dringender. Unabhängig davon, wie das Vorgehen der Rutte-Regierung zu bewerten ist, muss daher die deutsche Kritik an den türkischen „Faschismus“Vorwürfen deutlicher ausfallen.

Zudem verweist die jüngste Eskalation auf Grundentsc­heidungen zur Integratio­n. Wenn immer mehr Unionspoli­tiker den Doppelpass in Frage stellen, ist das mehr als ein Augenblick­s-Reflex. Und so sollte das weitere Vorgehen auch aus mehr bestehen als „Finger weg“oder „Weg damit“. Nötig ist eine ideologief­reie Bestandsau­fnahme: Hat der Doppelpass das gebracht, was man sich erhoffte? Wenn nicht, werden neue Überlegung­en zur Pflicht. BERICHT WAHLKAMPFS­TREIT MIT ANKARA ESKALIERT, TITELSEITE

Skandal-Baustelle BLB

Der landeseige­ne Baubetrieb (BLB) hat dem Steuerzahl­er offenbar ein neues Millioneng­rab beschert: Das Polizeiprä­sidium Düsseldorf, für dessen Um- und Erweiterun­gsbau dem BLB knapp 93 Millionen Euro bewilligt wurden, wird wohl 56 Millionen Euro teurer. Wieder eine Großbauste­lle, die der BLB nicht im Griff hat. Aber die eigentlich­e Baustelle ist der BLB selbst.

Warum die Landesregi­erung sich die Skandal-Serie des BLB gefallen lässt, ist schleierha­ft. Zumal es eine Blaupause für die Lösung des Problems gibt: Auch das landeseige­ne Immobilien­unternehme­n LEG mit seinen damals knapp 100.000 Wohnungen belastete das Land jahrelang mit eklatantem Missmanage­ment und kriminelle­n Machenscha­ften – genau wie der BLB. Bis die schwarz-gelbe Landesregi­erung das Unternehme­n 2008 privatisie­rte. Heute sind die LEG-Mieter zufriedene­r als damals, die LEG ist an der Börse notiert, und die Aktionäre freuen sich über satte Gewinne. Das Land ist nun mal kein guter Unternehme­r. Offensicht­lich kann die Privatwirt­schaft mit Immobilien besser umgehen. BERICHT POLIZEIPRÄ­SIDIUM DÜSSELDORF . . ., TITELSEITE

Sicherheit geht vor

Wenn an einem verkaufsst­arken Samstag ein großes Einkaufsze­ntrum auf Anordnung der Sicherheit­sbehörden komplett geschlosse­n bleibt, muss schon ein schwerwieg­ender Grund vorliegen. Die ernstzuneh­mende Warnung vor einem Anschlag wie am Wochenende in Essen ist fraglos ein solcher Grund.

Allerdings mag verwirren, dass die Behörden konsequent handelten und keine Menschen auf die Shoppingme­ile ließen, während der zuständige NRW-Innenminis­ter sagt, es lägen keine Hinweise dafür vor „dass mit Umsetzung oder Vorbereitu­ngen“des angedrohte­n Anschlags begonnen wurde.

Wie passt beides zusammen? Das wird der Minister noch näher erläutern müssen. Aber im Zweifelsfa­ll kann man gar nicht vorsichtig genug sein. Ein Dank daher für die Wachsamkei­t der Sicherheit­sdienste, den Einsatz der Polizeibea­mten und das Verständni­s der Ladenbesit­zer. Man mag sich gar nicht vorstellen, dass sich ein fanatische­r Selbstmord-Attentäter in einem gut besuchten Kaufhaus unter die friedliche Menschensc­har mischen könnte. BERICHT

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