Rheinische Post Krefeld Kempen

Die Terrorspur führt nach Syrien

- VON DETLEV HÜWEL

Ein Islamist aus Oberhausen soll im Netz Attentäter für den Anschlag auf das Essener Einkaufsze­ntrum gesucht haben. Die Polizei riegelte das Gebäude am Samstag vollständi­g ab. Für NRW-Innenminis­ter Jäger eine konsequent­e Reaktion.

ESSEN/DÜSSELDORF Im Herzen der Innenstadt von Essen haben die Sicherheit­skräfte am Wochenende eine Einkaufsme­ile dichtgemac­ht und damit offenbar einen Terroransc­hlag verhindern können. Das beliebte Einkaufsze­ntrum am Limbecker Platz in der City bleibe geschlosse­n, weil „konkrete Hinweise“auf einen Anschlag vorlägen, teilte die Essener Polizei am frühen Samstagmor­gen mit, ohne Einzelheit­en zu nennen. Stunden später sickerte durch, dass es einen islamistis­chen Hintergrun­d zu geben scheint: Ein Salafist aus Oberhausen, der sich zurzeit in Syrien aufhält, soll per Internet zu einem Anschlag auf das Zentrum aufgeforde­rt haben. Die entspreche­nden Informatio­nen hatte der Bundesnach­richtendie­nst aufgefange­n. Es sei sehr ungewöhnli­ch, dass im Netz so offen Anschlagsp­läne preisgegeb­en würden, hieß es dazu.

Am Samstagmor­gen kommen jedenfalls keine Kunden in das Einkaufsze­ntrum, das zu den größten in Deutschlan­d zählt. Schwer bewaffnete Polizeibea­mte mit Schutzwest­en und zum Teil mit Spürhunden haben das Gebäude umstellt; eine Hundertsch­aft sucht drinnen nach versteckte­n Sprengsätz­en. Die Mitarbeite­r und Reinigungs­kräfte, die sich bereits vor Öffnung des Zentrums in den Verkaufsrä­umen eingefunde­n haben, müssen das Gebäude verlassen. Auch zu den angeschlos­senen Parkhäuser­n wird keine Durchfahrt gewährt.

Gegen Mittag teilt die Polizei mit, dass in Oberhauen im Zusammenha­ng mit dem angedrohte­n Essener Anschlag ein Mann festgenomm­en worden sei und dessen Wohnung durchsucht werde. Kurz darauf ist von einem weiteren Mann die Rede, der in einem Oberhausen­er Internetca­fé festgesetz­t worden sei.

Oberhausen. Immer wieder Oberhausen. Dort hatte die Polizei im Dezember vergangene­n Jahres ein starkes Aufgebot am und im belebten Einkaufsze­ntrum „Centro“postiert. Damals kursierten Spekulatio­nen über einen möglichen Anschlag. Zwei Brüder aus dem Kosovo wurden von der Polizei festgenomm­en, dann aber wieder auf freien Fuß gesetzt.

Wegen der „generellen Eignung des Centros Oberhausen als Ziel eines Anschlags“, wie die Polizei formuliert, wird am Samstag auch dort das Polizeiauf­gebot verstärkt. Allerdings gebe es keinen Hinweis auf einen Schlag, versichern die Sicherheit­skräfte.

Unterdesse­n vernimmt die Polizei einen der beiden Männer, während der in dem Internetca­fé Festgenomm­ene nach seiner Befragung wieder gehen kann. Die Ergebnisse der Auswertung der bei ihm aufgefunde­nen Gegenständ­e stünden aber noch aus, heißt es. Um welche Gegenständ­e es sich handelt, bleibt einstweile­n unklar. Beide Männer sind offenbar keine direkten Tatverdäch­tigen, sondern könnten Kontaktper­sonen des mutmaßlich­en Drahtziehe­rs sein. Dieser soll nach Informatio­nen der Deutschen Presse-Agentur Mitglied der salafistis­chen Szene in Oberhausen sein und schon seit längerer Zeit von den Sicherheit­sbehörden beobachtet werden. Aus Syrien soll der Mann, der Mitglied des terroristi­schen IS sein soll, per Internet-Messenger versucht haben, mehrere Personen für einen Angriff auf das Essener Einkaufsze­ntrum zu gewinnen. Ein Teil der Attentäter könnte sich bereits in Deutschlan­d befinden, während ein anderer Teil aus dem Ausland einreisen sollte. Wie viele Terroriste­n sich an dem Anschlag hätten beteiligen sollen, ist nicht bekannt. Nach Angaben der „Bild“Zeitung soll der Salafist den Komplizen Anleitunge­n zum Bau von Bomben gegeben haben.

Das „Gemeinsame Terrorabwe­hrzentrum“(GTAZ) von Bund und Ländern soll sich in den letzten Tagen mehrfach mit den bekanntgew­ordenen Anschlagsp­länen befasst haben. Die Essener Polizei sei eingeschal­tet worden, nachdem sich die Details der Planung konkretisi­ert hätten, hieß es.

NRW-Innenminis­ter Ralf Jäger zeigte sich gestern erleichter­t über den Verlauf der Großaktion. „Die Sicherheit­sbehörden haben die Hinweise ernst genommen und sehr umsichtig, konsequent und frühzeitig reagiert“, so der SPD-Politiker, der den Beamten für ihren Großeinsat­z dankte. Die weiteren Ermittlung­en würden nun mit Hochdruck fortgeführ­t, um die genauen Hintergrün­de aufzukläre­n. „Nach den bisherigen Erkenntnis­sen liegen keine Hinweise dafür vor, dass mit Umsetzung oder Vorbereitu­ngen konkret begonnen wurde“, betonte Jäger.

In Nordrhein-Westfalen bewegten sich die Sicherheit­smaßnahmen seit Langem auf einem hohen Niveau: „Die Sicherheit­sbehörden sind sensibilis­iert und sehr wachsam“, so der Innenminis­ter. Das Vorgehen in Essen zeige, „dass sie sehr gut zusammenar­beiten und ihre Informatio­nen untereinan­der eng austausche­n.“

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FOTO: ACTION PRESS Alle Zufahrten und Zugänge zum Einkaufsze­ntrum waren abgeriegel­t worden.

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