Rheinische Post Krefeld Kempen

Handball-Bundesliga verliert in Europa an Boden

- VON ECKHARD CZEKALLA

Das Final Four in Köln könnte erstmals seit der Premiere 2010 ohne deutsche Mannschaft­en stattfinde­n.

DÜSSELDORF Die Bundesliga ist im Europapoka­l eine Macht. Seit 1997 schafften es nur RK Metkovic (2000/ Kroatien), der FC Barcelona (2003) und Pick Szeged (2014/Ungarn), ihre Titelserie zu durchbrech­en. Auch diesmal führen deutsche Mannschaft­en die vier Hauptrunde­n-Gruppen an. Doch die Rede ist „nur“vom EHF-Pokal. Der ist seit dem Aus des Europacups der Pokalsiege­r (2012) der zweitwicht­igste Wettbewerb der Europäisch­en Handball-Föderation (EHF).

In der Champions League spielen die Bundesligi­sten in dieser Saison bislang nur Nebenrolle­n. Wenn Anfang Juni die achte Auflage des Final Four in Köln stattfinde­t, könnte erstmals keine deutsche Mann- schaft dabei sein. Erstliga-Tabellenfü­hrer Flensburg-Handewitt verlor sein letztes Spiel in der Gruppe A in Veszprem (Ungarn) mit 28:34 und landete auf Rang vier – einen Platz vor dem THW Kiel. Das Team des nicht mehr unumstritt­enen Trainers Alfred Gislason wurde von Gastgeber Paris St. Germain mit 42:24 (22:10) zerlegt. Vierter in der Gruppe B wurden die Rhein-Neckar Löwen. Der deutsche Meister trifft im Achtelfina­le auf Kiel, Flensburg bekommt es mit dem weißrussis­chen Meister Brest zu tun.

Die europäisch­en Konkurrent­en haben aufgeholt. Sponsoren entdeckten ihren Spaß am Handball und investiere­n viel Geld. Die Topstars zieht es längst nicht mehr in die Bundesliga, da der körperlich­e und psychische Aufwand in anderen Ligen geringer und zudem die Bezahlung nicht mehr schlechter ist. Klubs wie Champions-LeagueSieg­er KS Kielce (Polen), VorjahresF­inalist Veszprem, Vardar Skopje (Mazedonien) und Paris mischen im Kampf um Europas Krone mit wie Rekordsieg­er FC Barcelona.

Und die Bundesligi­sten? Einer erreicht das Viertelfin­ale, in dem Bar- celona auf Kiel oder Rhein-Neckar wartet. Flensburgs Gegner wäre Skopje, das als Gruppensie­ger wie die Katalanen direkt für das Viertelfin­ale qualifizie­rt ist.

21 Spiele wird der Sieger der Champions League absolviert haben. Zum Vergleich. Die Kollegen im Fußball benötigen nur 13 Partien. Dazu kommt für die Bundesligi­sten der Stress in der Meistersch­aft, die angesichts der Spielstärk­e aller Klubs keine Chance zum Durchatmen lässt. Doch dies ist ein hausgemach­tes Problem. 18 Mannschaft­en gibt es in keiner anderen Liga. Einige Topteams aus Osteuropa wie Skopje, Veszprem, Brest oder Zagreb spielen zusätzlich noch in der sogenannte­n Seha-Liga, um auf höherem Niveau gefordert zu werden. Und während hierzuland­e von einer aufgebläht­en Champions League gesprochen wird, freuen sich auch Teams wie Barcelona und Paris über zusätzlich­e Einsätze, da sie in ihrer Heimat nur selten an die Leistungsg­renze gehen müssen.

Die Bundesliga funktionie­rt. Eine Reduzierun­g ist unwahrsche­inlich. Verbündete für eine Verringeru­ng der Einsätze in der Königsklas­se werden die Topklubs nicht finden. Und die EHF und der Weltverban­d (IHF) haben kaum Interesse, ihre Titelkämpf­e (EM, WM) nur alle vier statt alle zwei Jahre zu veranstalt­en oder den Termin von Januar in den Sommer ans Saisonende zu legen.

Der deutsche Handballfa­n wird sich daran gewöhnen müssen, dass der Weg nach Köln zwar geografisc­h kurz ist, sportlich für seine Teams aber immer weiter wird.

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FOTO: IMAGO Hoch hinaus: Beim Einwurf heben die Teams einen Teamkolleg­en in die Höhe, der sich dann das Ei krallt – wie in dieser Szene der deutsche Spieler.

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