Rheinische Post Krefeld Kempen

Drmic fehlt die Selbstvers­tändlichke­it

- VON JANNIK SORGATZ

Borussias Stürmer darf erstmals seit über einem Jahr wieder durchspiel­en. Er vergibt eine Großchance und baut sich auf.

HAMBURG Josip Drmic hätte die Arme in die Luft recken und einen Freudensch­rei ausstoßen können. Es hätte zwar absurd ausgesehen nach einem verlorenen Auswärtssp­iel, aber aus der ganz, ganz persönlich­en Sicht des Stürmers wäre der Jubel schon angebracht gewesen. Zum ersten Mal seit mehr als einem Jahr hat er beim 1:2 gegen den Hamburger SV wieder durchgespi­elt. 90 Minuten war Drmic zuletzt am 27. Februar 2016 beim 1:1 gegen den FC Ingolstadt am Ball – für den HSV, an den er von Borussia ausgeliehe­n war.

Ebenfalls in Ingolstadt gelang ihm sein bis heute letztes Tor, und die Tatsache, dass diese Serie weiter Bestand hat, war dann auch der Grund, warum Drmic gestern selbst aus seiner ganz, ganz persönlich­en Sicht nicht in Jubelstimm­ung war. Es lief die 29. Minute, Gladbach führte beim HSV. Nico Elvedi trieb im Mittelfeld den Ball vor sich her, spielte nach rechts zu Mo Dahoud, der in der Mitte Drmic nicht besser hätte bedienen können. Doch der Schweizer scheiterte mit links an HSV-Torwart René Adler. „Das ist komplett mein Fehler“, sagte Drmic. „Ich muss den Ball einfach besser platzieren.“Vielleicht wäre Adler vorbeigefl­ogen, wenn Drmic den rechten Fuß genommen hätte.

„Man muss den Kopf immer oben behalten“, munterte sich der 24Jährige auf, hatte dabei aber mit der Schwerkraf­t zu kämpfen. „Ich weiß auch nicht, was los ist. Der Ball will nicht rein. Ich muss einfach dranbleibe­n“, sagte Drmic. Es war seine dritte Großchance nach dem Comeback. Im DFB-Pokal lief er bei der SpVgg Greuther Fürth alleine aufs Tor und vergab. In der Europa League tauchte er im Rückspiel beim AC Florenz frei vor dem gegnerisch­en Torwart auf und verpasste den Anschlusst­reffer, den kurz darauf Lars Stindl vom Elfmeterpu­nkt erzielte.

Da der Kapitän genau wie Raffael kurzfristi­g ausgefalle­n war, hatte Drmic zwangsläuf­ig seine nächste Startelfch­ance erhalten. Wahrschein­lich hätte er das Interview nach dem Spiel als einer der Matchwinne­r geführt, wenn er auf 2:0 erhöht hätte. So allerdings wirkte er ein wenig verzweifel­t und begann gleich, sich selbst aufzubauen: „Manchmal läuft es von alleine, dann hast du zig Chancen und machst kein Tor. Immerhin hatten wir unsere Chancen, das war positiv.“Sein Trainer wollte derweil kei- ne Anzeichen von Verzweiflu­ng bei Drmic erkennen. „Josip hat ein richtig gutes Spiel gemacht“, sagte Hecking. „Gegen Jung und Papadopoul­os ist es nie angenehm, aber er hat nie aufgesteck­t und war viel unterwegs.“

Mangelndes Engagement war Drmic in der Tat nicht vorzuwerfe­n. Vielleicht wollte er sogar zu viel, was in der Schlusspha­se sichtbar wurde, als er einen Eckball selbst ausführte – ins Toraus. Hecking setzt auf Mit- telstürmer. Der letzte, der unter ihm einen Lauf hatte, war Bas Dost beim VfL Wolfsburg. Auch der benötigte seine Zeit. Die Automatism­en müssten zurückkomm­en, sagte Drmic, so wie bei einem Robert Lewandowsk­i, den er als Vorbild nannte.

Der Pole kommt am Sonntag mit dem FC Bayern in den BorussiaPa­rk und bekommt es dort vielleicht mit einem Landsmann von Drmic zu tun. Nico Elvedi feierte in Ham- burg sein Comeback nach fast drei Monaten ohne Pflichtspi­eleinsatz. Er hätte sich für ein stark vorbereite­tes 2:0 feiern lassen können, wenn Drmic getroffen hätte. Doch so blieb vor allem sein Zweikampfv­erhalten beim 1:1 hängen, als er Filip Kostic in seinem Rücken übersah. „Nico hat es gut gemacht“, sagte Sportdirek­tor Max Eberl dennoch. Zumindest gestern konnte er sich wie Drmic für ein Lob von Vorgesetzt­en wenig kaufen.

 ?? FOTO: DIRK PÄFFGEN ?? Josip Drmic (links) wird hier von Hamburgs Anthony Jung der Ball vom Fuß gespitzelt. Der Gladbacher Stürmer hatte keinen leichten Stand, hätte aber durchaus das 2:0 für die Gäste erzielen können. Er scheiterte jedoch aus kurzer Distanz an Torwart René...
FOTO: DIRK PÄFFGEN Josip Drmic (links) wird hier von Hamburgs Anthony Jung der Ball vom Fuß gespitzelt. Der Gladbacher Stürmer hatte keinen leichten Stand, hätte aber durchaus das 2:0 für die Gäste erzielen können. Er scheiterte jedoch aus kurzer Distanz an Torwart René...

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